Verwalter-Telegramm

Zur Verteilung der Prozesskosten zwischen der WEG und einem klagenden Wohnungseigentümer in einem gerichtlichen Anfechtungsverfahren

Die Kosten eines Rechtsstreites der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gehören zu den Kosten der Verwaltung, die gemäß § 16 Abs. 2 S. 1 WEG nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile auf alle Wohnungseigentümer zu verteilen sind. Das geltende Recht weicht von der alten gesetzlichen Regelung nach § 16 Abs. 8 WEG a.F. ab, wonach die Kosten eines Rechtsstreits nach § 43 WEG nur zu den Kosten der Verwaltung gehörten, wenn es sich um Mehrkosten gegenüber der gesetzlichen Vergütung eines Rechtsanwalts aufgrund einer Vereinbarung über die Vergütung handelte. Die Vorschrift verfolgte den Zweck, im Verhältnis der Wohnungseigentümer den Vorrang der gerichtlichen Kostenentscheidung zu sichern. Die Kostenerstattungsansprüche der obsiegenden Partei sollten von der Kostenverteilung im Verhältnis der Wohnungseigentümer unberührt bleiben. Stand also dem obsiegenden Wohnungseigentümer aus dem Prozessrechtsverhältnis ein Kostenerstattungsanspruch gegen die Gemeinschaft zu, so durfte dieser Wohnungseigentümer im Innenverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander nicht anteilig an den Kosten der Finanzierung seiner eigenen Kostenerstattung beteiligt werden. Dies war in der jeweiligen Jahresabrechnung entsprechend zu berücksichtigen. Nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nun selber rechts- und parteifähig und selber als Klägerin oder Beklagte aus eigenem Recht prozessführungsbefugt. Nach der Begründung des Gesetzgebers passte die alte Regelung des § 16 Abs. 8 WEG a.F. daher nicht mehr in das gesetzliche System der Prozessführung durch die Gemeinschaft und wurde durch das WEMoG ersatzlos gestrichen. Für die jetzige Rechtslage wird daher überwiegend davon ausgegangen, dass sich auch der obsiegende Wohnungseigentümer als Mitglied der Gemeinschaft an den Kosten gemäß § 16 Abs. 2 WEG anteilig zu beteiligen hat. Nur diese Sichtweise würde der Doppelrolle des obsiegenden Wohnungseigentümers einerseits als eigene Prozesspartei und andererseits als Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft gerecht. Die für den Laien insoweit etwas befremdliche Lösung, dass ein Wohnungseigentümer, der ein gerichtliches Verfahren gegen die Gemeinschaft gewinnt, nicht in voller Höhe von seinen Kosten (Anwalts- und Gerichtskosten) von der unterliegenden Seite freigehalten wird, war dem Gesetzgeber bei den Entwürfen für das neue Gesetz durchaus bewusst. Dem Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe ist insofern zu entnehmen, dass dieses Problem ausdrücklich erörtert wurde und eine Regelung, die diesem Problem im Sinne des obsiegenden Eigentümers Rechnung tragen würde, sehenden Auges gerade nicht getroffen wurde. Ausweislich der Begründung zum Gesetzesentwurf sollten durch die Regelung in § 16 Abs. 2 S. 2 WEG lediglich die Möglichkeiten der Eigentümer erweitert werden nach ihrem Ermessen anderweitige Kostenverteilungen vorzunehmen. In einer neueren Entscheidung vom 09.03.2023; 2 C 567/22 WEG hat sich das Amtsgericht Pfaffenhofen noch einmal mit dieser Problematik auseinandergesetzt und die oben dargestellte Rechtsauffassung bestätigt. Die in der Literatur vertretene Ansicht, wonach bei Zahlung der Gemeinschaft auf den Kostenfestsetzungsbeschluss der obsiegende Eigentümer in der folgenden Jahresabrechnung von der anteiligen Kostentragung frei zu stellen sei, folgt das Gericht in dieser Entscheidung ausdrücklich nicht.

Anders als die übliche Kostenfolge in Zivilprozessen muss der klagende Wohnungseigentümer also davon ausgehen, dass er einen Teil der von ihm investierten Rechtsverfolgungskosten nicht zurückerhält, auch wenn er eine Klage zu 100 % gewinnt, es sei denn, die Gemeinschaftsordnung enthält eine von § 16 Abs. 2 S. 1 WEG abweichende Regelung oder die Gemeinschaft trifft nach Ermessen eine davon abweichende Kostenverteilung nach § 16 Abs. 2 S. 2 WEG.

Aktuelle Entscheidungen im Wohnungseigentumsrecht

Ist der obsiegender Wohnungseigentümer intern an den Kosten der unterliegenden WEG zu beteiligen?
LG Rostock, Urteil vom 16.06.2023; 1 S 109/22

Der im Anfechtungsprozess obsiegende Wohnungseigentümer ist intern an den Kosten der unterliegenden Wohnungseigentümergemeinschaft dann nicht zu beteiligen, wenn die Gemeinschaftsordnung eine von § 16 Abs. 2 S. 1 WEG abweichende Regelung enthält. Das ist bereits dann anzunehmen, wenn in einer Altvereinbarung aus dem Jahr 2019 die Verwaltungskosten zu gleichen Teilen auf die Sondereigentumseinheiten verteilt werden.

Beschlüsse müssten Teilungserklärung beachten
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 12.05.2023; 980b C 22/22 WEG

  1. Werden die Kosten nach Einheiten und nicht – wie in der Teilungserklärung festgelegt – nach Wohnfläche verteilt und führt dies zu höheren Kosten bei einem Eigentümer, entspricht ein entsprechender Beschluss nicht ordnungsmäßiger Verwaltung.
  2. Soll die Aufstellung von Fahrradständern beschlossen werden, so muss aus dem Beschluss das Modell, die Ausführung sowie die Maße hervorgehen.
  3. Findet sich in der Teilungserklärung keine Regelung, wonach einem Miteigentümer die Kosten für den späteren Anschluss an eine gemeinschaftliche Heizungsanlage erstattet werden, so handelt die Gemeinschaft ordnungswidrig, wenn sie – ohne Rechtsgrundlage – zu ihren Lasten bzw. mit Kostenverteilung auf alle Wohnungseigentümer ein Erstattungsanspruch dieses Eigentümers begründet.

Wohnungseigentümer beleidigt Wohnungseigentümer: WEG-Sache?
LG Rostock, Urteil vom 16.06.2023; 1 S 109/22

Nimmt ein Wohnungseigentümer einen anderen Wohnungseigentümer auf Unterlassung oder Schadensersatz wegen einer Äußerung in Anspruch, handelt es sich nur dann um eine wohnungseigentumsrechtliche Streitigkeit, wenn die Äußerung in einer Eigentümerversammlung oder Beiratssitzung getätigt wurde. Dies gilt unabhängig von Inhalt und Anlass der Äußerung.

Seite drucken
WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner