Verwalter-Telegramm

Vorzeitige Abberufung des Wohnungseigentumsverwalters

Der Wohnungseigentumsverwalter kann mit einer Beschlussfassung der Mehrheit der Wohnungseigentümer jederzeit abberufen werden. Wird der Verwalter abberufen, endet der Verwaltervertrag spätestens sechs Monate nach der Abberufung; entgegenstehende Vereinbarungen im Verwaltervertrag sind unwirksam.

BGH, Urteil vom 25.02.2022; V ZR 65/21

Mit der Reform des Wohnungseigentumsrechtes hat der Gesetzgeber seit Dezember 2020 die Möglichkeit eröffnet, dass die Wohnungseigentümer mehrheitlich den Wohnungseigentumsverwalter aus dem Amt abberufen können. Erfolgt eine solche Abberufung, endet der Verwaltervertrag spätestens sechs Monate nach der Abberufung, § 26 Abs. 3 WEG. In rechtlicher Hinsicht ist zwischen dem Amt des Wohnungseigentumsverwalters und dem Verwaltungsvertrag zu unterscheiden. In das Verwaltungsamt wird der Verwalter gewählt und durch Abwahl abberufen, diese jeweiligen Willensbildungen der Wohnungseigentümer sind sofort wirksam. Das der Verwaltertätigkeit zugrunde liegende Vertragsverhältnis entsteht hingegen durch Abschluss des Verwaltervertrages und endet durch Kündigung. Mit der jederzeitigen Abberufung des Wohnungseigentumsverwalters hat der Gesetzgeber die Anordnung verbunden, dass für die Dauer von sechs Monaten eine sog. Karrenzentschädigung zu gewähren ist, § 26 Abs. 2 S. 2 WEG. Es ist mithin nicht möglich, eine Abberufung vorzunehmen und sofort eine Beendigung des Verwaltervertrages anzunehmen, es sei denn, es besteht ein wichtiger Grund, der eine fristlose Beendigung rechtfertigt. Der für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat klargestellt, dass der seit dem 01.12.2020 bestehende Anspruch auf Abberufung des Verwalters die Rechtslage insoweit nicht geändert habe. Erscheint die Fortsetzung des Verwaltungsvertragsverhältnisses aufgrund etwaiger Pflichtverletzungen unzumutbar, hat jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch darauf, dass der Verwalter entschädigungslos abberufen wird. Sofern ein solcher wichtiger Grund nicht besteht, kann die jederzeitige Abwahl erfolgen, sodann ist jedoch die Karrenzentschädigung für sechs Monate zu gewähren, abweichende Regelungen in der Teilungserklärung und auch in den Verwalterverträgen sind unzulässig, § 26 Abs. 5 WEG.

In der Rechtsprechung bisher nicht entschieden ist die Frage, ob die Abberufung auf den Zeitpunkt des Ablaufes der sechsmonatigen Karrenzentschädigung aufgeschoben werden kann. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift, die darauf abzielt, dem Verwalter eine Entschädigung für die jederzeitige Beendigung des Verwaltungsamtes zu eröffnen, wird diese taktische Verlagerung des Abberufungstermins unwirksam sein.

Sofern die Abberufung aufgrund etwaiger Pflichtverletzungen im Raum steht, kann auch ein einzelner Wohnungseigentümer gegen die Mehrheit die Abberufung des Verwalters durchsetzen, wenn die Fortführung des Verwalteramtes nicht vertretbar erscheine, so der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes. Nicht vertretbar bedeutet allerdings nicht, dass unerfüllbare Anforderungen an den Abberufungsanspruch gestellt werden dürfen, es reiche aus, wenn in der Gesamtschau allein die Abberufung dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspräche. Wird diese Voraussetzung bejaht, endet das Verwalteramt entschädigungslos und der Anspruch auf fristlose Abberufung ohne Entschädigungsleistung kann ggf. im Wege der Beschlussersetzungsklage durch einen einzelnen Wohnungseigentümer auch gegen die Mehrheit der übrigen Wohnungseigentümer durchgesetzt werden.

Zur Vermeidung von Auslegungsfragen ist es bei einer Beschlussfassung zur Abberufung des Verwalters sachgerecht, neben der Abberufung als solcher klarzustellen, durch wen die Kündigung des Verwaltungsvertrages als Bevollmächtigter der Gemeinschaft erklärt werden soll und ob es sich um eine Abberufung aus wichtigem Grund oder um eine freie Abberufung handeln soll.

Der Wohnungseigentumsverwalter ist nach neuem Recht nicht mehr zur Anfechtung eines Abberufungsbeschlusses berechtigt, da nur noch Wohnungseigentümer die Anfechtungsklage erheben können, § 44 Abs. 1 WEG. Bei einer rechtswidrigen Abberufung aus vermeintlich wichtigem Grund kann der Verwalter mithin lediglich den Anspruch auf Gewährung der Karrenzentschädigung gerichtlich geltend machen.

Aktuelle Entscheidungen im Wohnungseigentumsrecht

Ist gegen einen Wohnungseigentümer ein Anspruch auf Beseitigung einer eigenmächtigen baulichen Veränderung rechtskräftig tituliert, ist ein Beschluss zur nachträglichen Genehmigung der baulichen Veränderung durch die Mehrheit der Wohnungseigentümer nichtig.

LG Saarbrücken, Urteil vom 02.12.2022; 5 S 3/22

Eine Beschlussfassung über die Erhebung von Nachschüssen und die Anpassung der Vorschüsse aus der Jahresabrechnung ist nicht allein deshalb für ungültig zu erklären, sollte das Rechenwerk nicht nachvollziehbar sein. Erforderlich ist für eine erfolgreiche Beschlussanfechtung vielmehr, dass dargelegt wird, dass etwaige Fehler in dem Rechenwerk das Ergebnis der Nachschüsse und der angepassten Vorschüsse beeinflusst.

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 09.03.2023; 2-13 S 68/22

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