Verwalter-Telegramm

Möglichkeiten eines Wohnungseigentumsverwalters sich für die WEG von einem unwirtschaftlichen oder ungewünschtem Ver­tragsverhältnis mit festen Laufzeiten zu lösen.

In Wohnungseigentümergemeinschaften bestehen oft Versorgungsverträge mit lang­jährigen Laufzeiten über Energielieferungen oder Medienversorgungsleistungen in der Liegenschaft. Die Anbieter erwerben dabei typischerweise das Recht, die Versorgung der Liegenschaft durch einen Breitbandanbieter vornehmen zu lassen und Ihre Produkte in eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung zu vermarkten. Im Gegenzug ist der Anbieter verpflichtet, die für die Versorgung der Wohnungen erforderliche Infrastruktur auf eigene Kosten zu errichten, zu betreiben und zu warten. Zusätzlich kommt er in den Vorteil, Einzelanschlussverträge mit den Wohnungsnutzern abschließen zu können.

Energielieferungsverträge enthalten fast immer Preisanpassungsklauseln über die Berech­tigung von Preiserhöhungen, deren rechtliche Wirksamkeit durchaus zweifelhaft sein kann und durch die sich ein Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit bei den Heizkosten­abrechnungen ergeben kann. Gerade bei Verträgen mit langen Laufzeiten und daher nicht mehr angemessenen Preiskalkulationen und Vertragsbedingungen ergeben sich für Immobilienverwalter enorme Optimierungspotenziale zugunsten der betreuten Eigen­tümergemeinschaften und ihrer Mitglieder. Der Wechsel zu neuen, moderneren Verträgen setzt allerdings voraus, dass die alten-oft langfristig angelegten Verträge-kurzfristig wirk­sam gekündigt werden können.

Energielieferungsverträge

Der BGH hat mit Urteil vom 25.03.2015; VIII ZR 243/13 entschieden, dass eine Wohnungseigentümergemeinschaft beim Abschluss von Rechtsgeschäften mit Dritten – etwa einem Gaslieferanten zur Deckung des eigenen Bedarfs – einer Verbraucherin im Sinne von § 13 BGB gleichzustellen ist. Die WEG sei zwar für sich genommen weder eine natürliche noch eine juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft. Im Interesse und zum besonderen Schutz der in der WEG zusammengeschlossenen und nicht gewerblich handelnden natürlichen Person hat sich der BGH allerdings für eine ent­sprechende Anwendung dieser Vorschrift ausgesprochen. Die Anwendung setzt voraus, dass der WEG wenigstens ein Verbraucher angehört und dieser ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder einer gewerblichen noch einer selbständigen beruf­lichen Tätigkeit dient. Auf die gewerbliche Tätigkeit des WEG-Verwalters kommt es nicht an. Maßgeblich ist auf die Person des Vertretenen abzustellen. Mit dieser „Weichenstellung“ des BGH unterliegen auch Preiserhöhungsklauseln in Energielieferungsverträge mit einer WEG der Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. In dem vom BGH zu entscheidenden Sachverhalt wurde zudem entschieden, dass Spannungsklausel in Gas­lieferungsverträgen, nach denen sich der Arbeitspreis für Gas entsprechend der Preisent­wicklung für leichtes Öl ändert, wegen unangemessener Benachteiligung der Kunden un­wirksam sind (bestätigend so schon BGH-Urteil vom 24.03.2010; VIII ZR 178/08 und VIII ZR 304/08). Die WEG könnte sich also erfolgreich auf unwirksame Preisklauseln in allgemeinen Geschäftsbedingungen berufen und die anfallenden Heizkosten in ihrer Liegenschaft damit möglichst geringhalten.

Verträge über regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst oder Werkleistungen

Der oben dargestellten Regelung unterfallen auch Verträge zwischen Wohnungseigen­tümergemeinschaften und Breitbandanbietern über die Medienversorgung und andere Ver­träge, die die Erbringung von Dienst oder Werkleistungen oder die Lieferung von Waren zum Gegenstand haben. So sind bei solchen Verträgen feste Laufzeiten von mehr als zwei Jahren unwirksam, sofern sie nicht im beiderseitigen Interesse individuell vereinbart wurden, beispielsweise um bessere Konditionen für die WEG zu erzielen.  Das gilt auch für Klauseln, die eine automatische Vertragsverlängerung von mehr als einem Jahr und eine Kündigungsfrist von mehr als drei Monaten vorsehen (§ 309 Nr. 9 BGB). Als Rechtsfolge ergibt sich für Verträge, in denen solche Klauseln enthalten sind, dass diese vollständig und ersatzlos entfallen. Die Verträge können jederzeit und damit kurzfristig beendet werden. Durch die schnelle Beendigung solcher Verträge ist der Weg zur Optimierung von Kostenfaktoren und einer größeren Attraktivität der Liegenschaft damit frei. Aus der möglichen Abwehr von unberechtigten Preiserhöhungen und der Möglichkeit unwirtschaft­liche Verträge zu kündigen, resultieren gerade für die Wohnungseigentümer allerdings auch Verpflichtungen gegenüber Wohnraummietern, bei der Abrechnung dieser Position in der Betriebskostenabrechnung im Rahmen des Gebotes der Wirtschaftlichkeit gemäß § 556 Abs.3 BGB

Widerrufsmöglichkeit nach Verbraucherrechterichtlinie vom 14.06.2014

Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann diesen Verbraucherschutz auch in Anspruch nehmen, um Fernabsatzverträge zu widerrufen, wenn den Verträgen keine ordnungs­gemäße Widerrufsbelehrung beigefügt war. Die Widerrufsfrist beträgt in diesen Fällen zwölf Monate und 14 Tage, bei ordnungsgemäßer Belehrung nur 14 Tage ab dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Fernabsatzverträge sind Verträge über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen einschließlich Finanzierungsdienstleistungen, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln (z.B. E-Mails, Briefe, Internet, Faxe, Telefonate) abge­schlossen werden. Der Gesetzgeber hat am 13.06.2014 das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie beschlossen mit dem die ursprünglich im BGB enthaltenen Regelungen über Haustür und Fernabsatzverträge zusammengeführt und Schutzrechte des Verbrauchers erweitert worden sind. Auch hier wird die WEG mithin als Verbraucherin zu behandeln sein.

Fazit

Die Möglichkeiten für die WEG gewinnen in Anbetracht der bestehenden Energiekrise wieder aktuelle Bedeutung, um sich von ungewünschten Verträgen und Kostensteige­rungen zu befreien

Aktuelle Entscheidungen im Wohnungseigentumsrecht

Fehlerhafte Ladung führt zu ungültigen Beschlüssen

Landgericht Frankfurt/Main, Urteil vom 15.09.2022; 2 – 13 S 38/21

Leidet eine Einladung zu einer Eigentümerversammlung an verschiedenen formalen Mängeln, die in der Gesamtschau dazu führen, dass den Eigentümern die Teilnahme an der Versammlung unzumutbar ist, sind dadurch die Teilnahme und Mitwirkungsrechte der Wohnungseigentümer in gravierender Weise beeinträchtigt, sodass die gefassten Beschlüsse, ohne dass es auf eine Kausalität ankommt, für ungültig zu erklären sind.

Wer darf zur Versammlung laden?

Landgericht Karlsruhe, Beschluss vom 12.09.2022; 11 T 17/22

Aus § 24 Abs. 2 WEG a.F. / n.F. folgt kein Recht zugunsten des dort vorgesehenen Quorums, eine Eigentümerversammlung einzuberufen. Das laut Gemeinschaftsordnung „jeder“ Wohnungseigentümer die Einberufung „verlangen“ kann, bedeutet nicht, dass jeder hierzu ermächtigt ist

  1. Das bisher der die Versammlung Fordernde bisweilen zugleich dazu geladen hat, mag bei „Vollversammlungen“ unschädlich sein. Eine Veränderung der Gemeinschafts­ordnung durch gelebte Praxis, Rechtsbrauch oder gar Gewohnheitsrecht oder die Selbstbindung kraft Treu und Glaubens lässt sich daraus aber nicht ableiten
  2. Der Klage auf Ermächtigung zur Einberufung einer WEG Versammlung fehlt in dieser Situation nicht das Rechtsschutzbedürfnis und der gegnerische Verweis auf die bishe­rige Ladungspraxis nimmt der Klage nicht die Veranlassung.

Begründung von Sondereigentum an einer Sondernutzungsfläche

OLG Köln, Beschluss vom 11.07.2022; 2wX 138/22

Für die Begründung von Sondereigentum an einer im Gemeinschaftseigentum stehenden Sondernutzungsfläche bedarf es der Einigung aller Miteigentümer in grundbuchmäßiger Form.

Keine Beschlusskompetenz für generelle Veränderung des Allgemeinverteiler­schlüssels

Amtsgericht Hamburg-St. Georg, Urteil vom 13.05.2022 -980a C 38/21 WEG

Die Eigentümer können nach § 16 Abs. 2 S. 2 WEG für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine abweichende Verteilung beschließen. Allerdings folgt daraus keine Kompetenz für eine generelle Veränderung des Allgemeinverteilungsschlüssels.

Auskunftspflicht des Verwalters nur gegenüber der Gemeinschaft

AG Remscheid, Urteil vom 24.11.2021; 8a C 97/21

  1. Nicht die einzelnen Wohnungseigentümer, sondern vielmehr die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in Gesamtheit kann vom Verwalter Auskunft über die Verwal­tungshandlungen verlangen.
  2. Eine Ausnahme gilt dann, wenn es sich um eine Angelegenheit handelt, die den ein­zelnen Eigentümer individuell betrifft
  3. Jeder Eigentümer hat ein individuelles Recht auf Einsicht in die Buchführung und die Abrechnungsbelege einschließlich aller Einzelabrechnungen, auch der anderen Wohnungseigentümer und der Bankkontoauszüge

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