Jahresabrechnung: Ist die Teilanfechtung weiter möglich?
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 07.12.2023; 2-13 S 27/23
Bis zur Änderung des WEG durch das WEMoG im Jahre 2021 beschlossen die Wohnungseigentümer über „die Jahresabrechnung“. Gemeint war nicht nur das individuelle Abrechnungsergebnis, das auf jeden einzelnen Wohnungseigentümer entfiel, sondern auch das Rechenwerk als solches.
Nach dem neuen § 28 Abs. 2 WEG wird jetzt nur noch über „… die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse“ beschlossen. Der Beschluss bezieht sich also nur noch auf das Abrechnungsergebnis des jeweiligen Jahres. Dies ist die sogenannte positive oder negative „Abrechnungsspitze“. Nur wenn die Abrechnungsspitze falsch ist, kann eine Anfechtungsklage Erfolg haben.
Für die Rechtsprechung und die Fachjuristen stellt sich deshalb die Frage, ob es – wie früher – möglich ist, eine Jahresabrechnung bzw. das Abrechnungsergebnis nur hinsichtlich einzelner Positionen anzufechten (z.B. Heizkosten, Versicherungsbeiträge oder Instandhaltungen).
Zu dieser Frage hat sich im Dezember 2023 das Landgericht Frankfurt/Main geäußert und eine entsprechende Entscheidung seiner Vorinstanz, des Amtsgerichts Marburg, bestätigt. In dem zugrunde liegenden Sachverhalt hatte der Kläger die entsprechenden Beschlüsse nur hinsichtlich einzelner Positionen angefochten, in denen ein Flächenmaßstab statt des Miteigentumsanteilsschlüssels angesetzt worden war. Er argumentierte, dass der angesetzte Verteilungsschlüssel falsch sei. Amtsgericht und Landgericht kamen zu der Überzeugung, dass nur eine Gesamtanfechtung möglich sei und erteilten einer anderslautenden Meinung in der Kommentarliteratur eine Absage. Durch die Gesetzesänderung habe der Gesetzgeber klargestellt, das Gegenstand der Beschlussfassung nur noch die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse bzw. der Nachschüsse sei. Wenn aber Gegenstand der Jahresabrechnung nur noch die sogenannte „Abrechnungsspitze“ sei, führe dies dazu, dass eine Teilanfechtung nicht mehr möglich sei. Damit würden im Übrigen auch vom Landgericht befürchtete „Friktionen“ ausgeschlossen.
Praxishinweis
Das Landgericht hat die Revision zum BGH zugelassen. Sollte diese eingelegt werden, ist zu hoffen, dass die Frage im Jahre 2024 abschließend höchstrichterlich geklärt wird.
Inhaltlich ist der Entscheidung zuzustimmen. Wenn nur das Rechenergebnis Gegenstand der Beschlussfassung ist, dann ist dieses zwingend falsch, auch wenn nur eine Position falsch berechnet wurde.
Diskutiert werden kann aber darüber, ob ggf. eine getrennte Anfechtung der Bewirtschaftungskosten und der Erhaltungsrücklage denkbar wäre.
Für Anfechtungskläger hat die Rechtsprechung den Nachteil, dass sie ein hohes Prozesskostenrisiko bedeutet, selbst wenn es ihnen nur um eine anderweitige Verteilung geringfügiger Positionen geht.
Aktuelle Entscheidungen im Wohnungseigentumsrecht
Gartensondernutzungsrecht erlaubt kein Gartenhaus!
LG München I, Urteil vom 13.12.2023; 1 S 3566/23 WEG
- Bauliche Änderungen an einer Sondernutzungsfläche stellen eine nicht ordnungsgemäße Nutzung dar, wenn sie den Rahmen des eingeräumten Sondernutzungsrechts überschreiten.
- Das für eine unbebaute Grundstücksfläche eingeräumte Gartensondernutzungsrecht gestattet mit der Nutzung, wie wenn er Eigentümer eines Gartens in einem real geteilten Grundstück wäre, keine bauliche Veränderung ohne Beschluss.
Anfechtung eines Beschlusses zur Errichtung von Photovoltaikanlagen
AG Berlin-Mitte, Urteil vom 30.11.2023; 29 C 10/23 WEG
- Auch ein Beschluss über lediglich vorbereitende Maßnahmen kann anfechtbar sein.
- Die Errichtung einer Photovoltaikanlage stellt eine bauliche Veränderung gem. § 20 Abs. 1 WEG dar und darf grundsätzlich mit einfacher Stimmenmehrheit beschlossen werden.
- Die Errichtung einer Photovoltaikanlage kann nach § 20 Abs. 4 WEG unzulässig sein, wenn hierdurch der optische Gesamteindruck in erheblichem, wertminderndem Maße beeinträchtigt wird.
Wann kann ein Beschluss über eine Darlehensaufnahme gefasst werden?
LG Bremen, Beschluss vom 04.11.2022; 4 S 156/22
Ein Beschluss über eine Darlehensaufnahme (hier: in Höhe von 3,5 Mio. €) kann nur dann im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung beschlossen werden, wenn aufgrund von Ausschreibungen und Angeboten die aufzunehmende Darlehenssumme bzw. zu beschließende Sonderumlage feststeht.