Haftung des vermietenden Wohnungseigentümers für eigenmächtig vorgenommene bauliche Veränderungen durch den Mieter
BGH, Urteil vom 21.03.2025; V ZR 1/24
Das Problem
In einer Wohn- und Teileigentümergemeinschaft besteht eine Gewerbeeinheit, die als Restaurant genutzt wird. Der Gewerbemieter der Restauranteinheit veranlasst in den Räumen bauliche Veränderungen und es wird im Zuge der Baumaßnahme insbesondere eine tragende Wand entfernt. Die Wohnungseigentümer beschließen in einer Eigentümerversammlung den Eigentümer der Teileigentumseinheit auf Rückbau in Anspruch zu nehmen. Der Teileigentümer hält dem Rückbauverlangen entgegen, dass ein Anspruch auf Gestattung der baulichen Veränderungen bestehe und hält das Rückbauverlangen für treuwidrig, jedenfalls sei das Ergebnis einer Beschlussersetzungsklage über die Genehmigung der baulichen Veränderungen abzuwarten.
Entscheidung
Die Einwendungen des Teileigentümers bleiben ohne Erfolg. Der für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes bekräftigt, dass der vermietende Wohnungseigentümer als sog. mittelbarer Handlungsstörer für die von dem Mieter ohne erforderlichen Gestattungsbeschluss vorgenommene bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums haftet. Diese mittelbare Handlungsstörereigenschaft tritt ein, wenn der vermietende Teileigentümer die bauliche Veränderung mietvertraglich erlaubt hat oder wenn der Teileigentümer mit der baulichen Veränderung wegen der von dem Mieter angekündigten Nutzungsabsicht rechnen musste. Die Störerhaftung tritt ferner ein, wenn der vermietende Teileigentümer eigenmächtig gegen von dem Mieter vorgenommene bauliche Veränderungen nicht einschreitet, nach dem er Kenntnis von der Baumaßnahme erlangt hat.
Dem Beseitigungsanspruch der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann nicht entgegengehalten werden, dass ein Gestattungsanspruch bestehe. Die eigenmächtige bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum bleibt rechtswidrig, bis tatsächlich eine Genehmigung der Maßnahme erfolgte. Auf die Genehmigungsfähigkeit der baulichen Veränderung kommt es innerhalb der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht an. In prozessualer Hinsicht kann der Anspruch auf Gestattung einer baulichen Veränderung im Wege der Widerklage dem Beseitigungsanspruch entgegengehalten werden. Wird die Widerklage erhoben, kann über den Beseitigungsanspruch der Gemeinschaft nicht durch Teilurteil entschieden werden. Ein Teilurteil kommt lediglich insoweit in Betracht, als die Fortführung begonnener baulicher Arbeiten Streitgegenstand ist.
Fazit
Die Entscheidung bekräftigt den Grundsatz, dass in das Gemeinschaftseigentum nicht ohne vorherigen Gestattungsbeschluss eingegriffen werden darf. An diesen Grundsatz ändert die Vermietung einer Wohnungs- oder Teileigentumseinheit nichts. Der vermietende Wohnungs- und Teileigentümer hat für die Maßnahme des Mieters jedenfalls ab Kenntnis einzustehen. Mit der Erhebung einer Widerklage auf Gestattung der baulichen Maßnahme kann der Wohnungseigentümer jedoch eine abschließende Klärung über die Zulässigkeit der angestrebten baulichen Veränderung und deren Genehmigungsfähigkeit herbeiführen. Mit der Erhebung der Widerklage in dem Rechtsstreit über die Beseitigung der baulichen Veränderung wird ein Windhundrennen zwischen der Beseitigungsklage der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und der Beschlussersetzungsklage des bauwilligen Wohnungseigentümers vermieden.
Aktuelle Entscheidungen im Wohnungseigentumsrecht
Abwehr von Immissionen aus dem Betrieb einer Klimaanlage
BGH, Urteil vom 28.03.2025; V ZR 105/24
Die Bestandskraft eines Beschlusses, mit dem einem Wohnungseigentümer eine bauliche Veränderung (hier: Klimaanlage) gestattet wird, schließt gegen den Bauwilligen gerichtete Abwehransprüche anderer Wohnungseigentümer wegen Immissionen im räumlichen Bereich ihres Sondereigentums nicht aus.
Ein bestandskräftiger Gestattungsbeschluss hindert die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht daran, die Nutzung der baulichen Veränderung durch eine Hausordnung zu regeln. Die Nutzungsregelungen müssen nicht zugleich mit der Gestattung der baulichen Veränderung beschlossen werden.
Es bleibt kompliziert
Zur Zulässigkeit der Versorgung von Mietwohnungen durch selbstproduzierten Strom
BGH, Beschluss vom 13.05.2025; EnVR 83/20
Die Erzeugung sog. Mieterstroms und dessen Bereitstellung durch Hausverteilanlagen in Mehrfamilienhäusern stellt nicht den Betrieb eines sog. Verteilnetzes im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes dar. Der Betreiber der Anlage muss mithin die Pflichten eines Netzbetreibers nicht erfüllen. Anderes wird indes für sog. Quartierslösungen gelten, bei denen die Verteilung des erzeugten Stroms über mehrere Grundstücke erfolgt.
Kündigung des Hauswartvertrages durch den Verwalter
BAG, Urteil vom 06.03.2025; 2 AZR 115/24
Der Wohnungseigentumsverwalter kann ein Arbeitsverhältnis ohne vorherige Beschlussfassung der Wohnungseigentümer kündigen. Die gesetzliche Vertretungsberechtigung folgt aus § 9b WEG. Eine Beschränkung des Umfangs der Vertretungsmacht des Verwalters für Rechtsgeschäfte gegenüber einem Wohnungseigentümer ist unwirksam, soweit dieser der Gemeinschaft wie ein Außenstehender gegenübertritt.