Die Verfolgung von Mängelrechten gegen Bauträger
Grundlagen
Eine Rechtsbeziehung mit dem Bauträger im Hinblick auf die Verpflichtung zur mangelfreien Errichtung des Bauwerkes haben nur die einzelnen Miteigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft als Käufer aus den jeweiligen Kaufverträgen. Dem Verband der Wohnungseigentümergemeinschaft stehen keine eigenen Rechte zu. Das gilt sowohl für das Sondereigentum, aber auch für das Gemeinschaftseigentum.
Bei Mängeln am Gemeinschaftseigentum führt das zu einer schwierigen Gemengelage: Der Bauträger sieht sich verschiedenen Vertragspartnern ausgesetzt, die ihn mit evtl. unterschiedlichen Interessen und Zielrichtungen hinsichtlich der Mängel am Gemeinschaftseigentum in Anspruch nehmen können. Dabei gibt es auch Rechte, wie die Minderung oder der kleine Schadensersatz, die ihrer Natur nach bereits gemeinschaftsbezogen sind und von der Gemeinschaft als sog. geborene Ausübungsbefugnis auch alleine geltend gemacht werden können. Ansprüche auf Mängelbeseitigung musste die WEG jedenfalls nach alter Rechtlage zur gemeinsamen Verfolgung durch einen Ermächtigungsbeschluss an sich ziehen. Hierbei handelte es sich nur um einen sog. gekorene Ausübungsbefugnis (BGH, NJW 2014, 3177; VIII ZR 266/13, VIII ZR 156/13). Die Wohnungseigentümer können mithin im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung des Gemeinschaftseigentums die Ausübung der auf die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Rechte der einzelnen Erwerber aus den Kaufverträgen, die nicht ihrer Natur nach gemeinschaftsbezogen sind, durch Mehrheitsbeschluss auf die rechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft übertragen und von der WEG als Klägerin einklagen lassen.
Gesetzesänderung
Um die oft schwierige Unterscheidung zu beseitigen, ob im Einzelfall die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder die Wohnungseigentümer selbst Träger von Rechten und Pflichten sind, wurde durch die WEG-Reform mit Wirkung zum 01.12.2020 durch die Einführung des § 9a Abs. 2 WEG bestimmt, dass die WEG grundsätzlich Trägerin der gesamten Verwaltung ist und ihr auch eine Ausübungsbefugnis in Bezug auf gemeinschaftsbezogene Rechte der einzelnen Wohnungseigentümer zukommt, wenn eine einheitliche Rechtsverfolgung erforderlich ist. Es stellte sich daher die Frage, ob die bisherige Rechtsprechung sich durch die WEG-Reform erledigt hat und auch die Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum zukünftig von der WEG nach § 9a Abs. 2 WEG auch ohne Ermächtigungsbeschluss verfolgt werden können. Der Gesetzgeber hatte anlässlich seiner Gesetzesbegründung dazu ausgeführt, dass die Aufgabe der bestehenden gekorenen Ausübungsbefugnis keine Auswirkungen auf den hier beschriebenen Sachverhalt haben soll (BT-Drs. 19/18791, Seite 47).
Entscheidung des BGH
Mittlerweile hatte auch der BGH (Urteil vom 11.11.2022; V ZR 213/21) über diese Problematik zu entscheiden. Im Ergebnis stellt der BGH fest, dass die auf Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum gerichteten Rechte der einzelnen Miteigentümer nicht der Ausübungsbefugnis der WEG gemäß § 9a Abs. 2 WEG unterfallen. Mithin bleibt es bei der alten Rechtslage. Für die WEG verbleibt die oben dargestellte Möglichkeit die Rechte mit Mehrheitsbeschluss zur alleinigen Durchsetzung an sich ziehen. Die Beschlusskompetenz dafür ergibt sich gemäß §§ 18 Abs. 1; 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG. Es entspricht auch ordnungsgemäßer Verwaltung, einen gemeinschaftlichen Willen darüber zu bilden, wie die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums zu bewirken ist.
Aktuelle Entscheidungen im Wohnungseigentumsrecht
Kann ein einzelner Eigentümer Rechenschafts- oder Vermögensbericht verlangen?
LG Dortmund, Urteil vom 01.03.2022; 1 S 172/21
Auch nach dem Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) kann der Verwalter weiterhin zur Rechenschaft gemäß §§ 666, 259 BGB verpflichtet sein. Gläubiger dieses Anspruchs ist aber nicht der einzelne Wohnungseigentümer, sondern der Verband der Wohnungseigentümer. Der einzelne Eigentümer kann allerdings die Erstellung eines Vermögensberichtes von der Gemeinschaft verlangen, als deren Organ der Verwalter verpflichtet ist.
Verwalterbestellung für Zwei-Personen-WEG
LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 10.05.2022; 2-13 T 26/22
Ein Anspruch auf einen Verwalter besteht auch in einer verwalterlosen Zwei-Personen-WEG und kann ggf. auch im Wege einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden. Für eine Verwalterbestellung durch das Gericht muss der Antragsteller dem Gericht aber übernahmebereite Verwalter benennen.
Vollzug eines nichtigen Beschlusses durch Verwalter
LG München I, Beschluss vom 16.02.2022; 36 T 1514/22
Vollzieht der Verwalte einen nichtigen Beschluss, begeht er eine Pflichtverletzung, denn dieser Beschluss entfaltet keine Rechtswirkung. Handelt der Verwalter danach pflichtwidrig, kann ihn grundsätzlich nur die WEG im Wege der Leistungs- oder Unterlassungsklage in Anspruch nehmen und notfalls eine einstweilige Verfügung erwirken.
Auch in Zweier-WEG Unterlassung zweckwidriger Nutzung nur durch Verband durchsetzbar
LG Karlsruhe, Urteil vom 06.12.2022; 11 S 135/21
Auch in verwalterlosen Zweiergemeinschaften kann der einzelne Eigentümer den Anspruch für den Verband auf Unterlassung einer zweckwidrigen Nutzung des Wohnungseigentums nach Inkrafttreten des WEMoG nicht direkt geltend machen.