Verwalter-Telegramm

Beschlussfassung über Wirtschaftsplan/Jahresabrechnung: Nichtig wegen ungenauer Formulierung?

Landgericht Frankfurt am Main vom 20.04.2022; 2-13 T 15/22

Bis zur Reform des WEG im Dezember 2020 lauteten Beschlüsse zu Wirtschaftsplänen bzw. Jahresabrechnungen zumeist wie folgt:

„Genehmigung der Gesamt- und Einzelwirtschaftspläne“ bzw. „Genehmigung der Ge-samt- und Einzelabrechnungen für das Jahr …“.

Nach der Neufassung von § 28 WEG wird aber im Hinblick auf den Wirtschaftsplan nur noch über die „… Vorschüsse zur Kostentragung und zu den nach § 19 Abs. 2 Nr. 4 oder durch Beschluss vorgesehenen Rücklagen …“ Beschluss gefasst (Wirtschaftsplan).

Bezüglich der Jahresabrechnung beschließen die Wohnungseigentümer „… über die Ein­forderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse“.

Beschlussgegenstand sind also nicht mehr das Rechenwerk Wirtschaftsplan oder Jahres­abrechnung, sondern nur noch die Zahlungspflichten.

In Rechtsprechung und Literatur wird deshalb die Frage erörtert, ob Beschlüsse, die wie bisher „die Jahresabrechnung“ oder „den Wirtschaftsplan“ genehmigen nichtig sind, weil die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hierfür keine Beschlusskompetenz mehr hat.

Dazu hat sich im April 2022 das Landgericht Frankfurt a.M. geäußert. Es ging um einen Beschluss, mit dem „der Wirtschaftsplan“ beschlossen werden sollte. Das Landgericht befasste sich mit der Problematik, die durch die Änderung des § 28 WEG eingetreten ist. Es kam zu der Auffassung, dass im zu entscheidenden Fall die Änderung des § 28 WEG nicht dazu führe, dass der Beschluss über den Wirtschaftsplan insgesamt nichtig sei. Denkbar wäre allenfalls eine Teilnichtigkeit im Hinblick auf die nun nicht mehr bestehen­de Beschlusskompetenz betreffend des Rechenwerkes Wirtschaftsplan.

Soweit mit dem konkreten Beschluss aber auch Zahlungsverpflichtungen – nämlich das Hausgeld – beschlossen worden sei, führe die Beschlussformulierung nicht zur Nichtig­keit.

In diese Richtung geht auch eine Entscheidung des AG Mettmann vom 19.04.2021 (26 C 1/21). Dieses hatte einen Beschluss über die „Anerkennung der Hausgeldab­rechnung 2019“ für nichtig erklärt. Da in dem Beschluss allerdings auch die Abrech­nungs-ergebnisse fällig gestellt worden waren, war das Gericht der Auffassung, dieser Teil des Beschlusses sei wirksam.

Auch das AG Schöneberg von Berlin vertritt diese Auffassung (09.03.2022; 770 C 56/21). Dort war die „Genehmigung der von der Verwalterin vorab versandten Jahresab­rechnung“ beschlossen worden. Das Amtsgericht Berlin-Schöneberg führt insoweit aus, dass die Wohnungseigentümer hier im Zweifel nicht unter Überschreitung ihrer Beschlusskompetenz Beschlüsse fassen wollten, die nichtig seien. Die Auslegung ergäbe deshalb, dass der Beschluss sich nur auf die in den Einzelabrechnungen ausgewiesenen Nachschüsse (Abrechnungsspitzen) beziehe.

Praxishinweis

Um solche vermeidbaren Probleme gar nicht erst entstehen zu lassen, sollten Be-schlusstexte zukünftig eindeutig formuliert werden. Im Hinblick auf eine Jahresab­rechnung könne der Beschluss beispielsweise wie folgt lauten:

„Die Eigentümer beschließen die Einforderung von Nachschüssen sowie die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse, wie sie sich aus den mit der Einladung übermittelten Ab­rechnungen (Gesamtabrechnung und Einzelabrechnung vom …) ergeben.“

Aktuelle Entscheidungen im Wohnungseigentumsrecht

Kostenabweichungen nach § 21 Abs. 5 WEG müssen ausdrücklich beschlossen werden!

AG Lübeck, Urteil vom 11.02.2022; 35 C 39/21 WEG

  1. Die Kosten einer privilegierten baulichen Veränderung haben grundsätzlich die Wohnungseigentümer zu tragen, die diese verlangen.
  2. Bei mehreren Eigentümern, die die Gestattung erhalten haben, ist für die Verteilung der Kosten und Nutzungen das Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile maßgeblich
  3. Wenn vom gesetzlichen Maßstab nach § 21 Abs. 5 WEG abgewichen werden soll, muss aus Gründen der Rechtssicherheit auch für den Rechtsnachfolger die abweichende Ver­teilung der Kosten ausdrücklich beschlossen werden.

Auch ein unwirksam bestellter Verwalter kann Vertreter sein!

BGH, Urteil vom 11.03.2022; V ZR 77/21

  1. Für ein Beschlussmängelverfahren, in dem die Wirksamkeit der einseitigen Bestellung des Verwalters durch den teilenden Eigentümer im Streit steht, ist der Verwalter als berechtigt anzusehen, die beklagten übrigen Wohnungseigentümer zu vertreten und für diese Zustellungen entgegenzunehmen.
  2. Eine in der Gemeinschaftsordnung enthaltene Regelung, mit der sich der zunächst zum Verwalter bestellte teilende Eigentümer die einseitige Bestimmung eines anderen Ver­walters in der Aufteilungsphase vorbehält, ist unter Geltung des Wohnungseigentums­gesetzes in der bis zum 30.11.2020 geltenden Fassung jedenfalls insoweit unwirksam, als der Vorbehalt nach Entstehung der (werdenden) Wohnungseigentümergemein­schaft fortgelten soll.
  3. Der Mangel der Einberufung der Eigentümerversammlung durch einen Nichtberech­tigten wird geheilt, wenn sämtliche Wohnungseigentümer an der Versammlung und der Abstimmung teilnehmen; dabei kommt es nicht darauf an, ob den Wohnungs­eigentümern die fehlende Einberufungsberechtigung bekannt war.
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