Zur Unwirksamkeit von Schriftformheilungsklauseln
OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.04.2017; Az. 24 U 150/16
Sachverhalt
Zwischen den Parteien besteht ein befristeter Geweberaummietvertrag. Die Beklagten sind Rechtsanwälte. Im Jahr 2013 zogen die Beklagten aus den Mieträumen aus und bezogen eine eigene Immobilie. Nach dem eine Mietaufhebungsvereinbarung gescheitert war, vermieten sie ihre Büroräume unter. Als der Vermieter die Zustimmung zu der Untervermietung verweigerte, kündigten die Beklagten das Mietverhältnis fristlos und stellten die Mietzahlungen ein. In der Folgezeit wurden diverse Kündigungen ausgesprochen und die Mietzahlungen eingestellt. Der Kläger hatte die Beklagten zuvor mit Schreiben vom 27.12.2012 gebeten, die Mietzahlungen mit Wirkung ab dem 01.04.2013 um monatlich 375,00 EUR zu erhöhen. Die Beklagten zahlten die erhöhte Miete ab dem 01.04.2013 ohne Beanstandung. Die zuletzt ausgesprochenen ordentlichen Kündigungen wurden mit einem Verstoß gegen die gesetzliche Schriftform begründet. Der Mietvertrag enthielt eine Schriftformheilungsklausel mit folgendem Inhalt:
„Sollte dieser Vertrag oder seine Nebenabreden ganz oder teilweise nicht der Schriftform des § 550 BGB genügen,
a) so kann keine Partei das vorzeitige Kündigungsrecht des § 550 Satz 2 BGB geltend machen. Beide Parteien verpflichten sich in diesem Fall, alles Notwendige zu tun, um die Schriftform herbeizuführen.
b) Das gleiche gilt für Ergänzungen und Nachträge.„
Der Vermieter klagt auf Zahlung der Mieten. Das Landgericht gab der Zahlungsklage statt, wogegen sich die Beklagten mit der Berufung wenden.
Entscheidungsgründe
Das OLG Düsseldorf gibt der Berufung statt und lässt gleichzeitig die Revision gegen das Urteil zum Bundesgerichtshof zu wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.
Das OLG Düsseldorf bejaht zunächst einen Schriftformverstoß, weil die Parteien den Mietzins als wesentlichen Vertragsbestandteil durch nachträgliche schlüssige Vereinbarung abgeändert hätten, ohne dass dies schriftlich in einer von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde fixiert worden wäre. Die Änderung der Miethöhe unterfalle dem Formzwang jedenfalls dann, soweit sie – so wie hier – für mehr als 1 Jahr erfolgt und nicht jederzeit vom Vermieter widerrufen werden könne.
Die vorzeitige ordentliche Kündigung sei auch nicht deshalb unwirksam, weil die Beklagten zur Nachholung der Schriftform aufgrund der vorgenannten Klausel verpflichtet gewesen wären. Die hier vorliegende Schriftformheilungsklausel sei unwirksam.
Hintergrund
Der BGH hat bislang offen gelassen, ob eine Schriftformheilungsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zwischen den originären Vertragsparteien wirksam ist. Bislang wurde nur entschieden, dass jedenfalls der Erwerber eines Mietgrundstückes durch eine entsprechende Schriftformheilungsklausel nicht an den Ausspruch einer ordentlichen Kündigung gebunden sei, weil gerade er durch die Kündigungsmöglichkeit geschützt werden solle (BGH, Urt. v. 30.04.2014 – XII ZR 146/12; Urt. v. 22.01.2014 – XII ZR 68/10). Die überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum hält Schriftformklauseln für wirksam. Die andere Auffassung hält Schriftformklauseln stets für unwirksam, weil es sich bei § 550 BGB um zwingendes Recht handele, welches nicht zur Disposition der Parteien stünde und von dem aus Gründen von Treu und Glauben nur in krassen Ausnahmefällen abgewichen werden könne.
Das OLG Düsseldorf schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Schriftformheilungsklauseln, die auch den zukünftigen Erwerber verpflichten, verstießen gegen den Schutzzweck des § 550 BGB und seien wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam. Die Vorschrift solle sicherstellen, dass ein Erwerber, dem die notwendige Kenntnis von den wesentlichen Vertragsbedingungen nicht aus der Vertragsurkunde vermittelt wurde, sich vorzeitig aus dem Vertrag lösen könne. Hierzu in Widerspruch stehe eine Heilungsklausel, die den Erwerber entgegen diesem Regelungszweck des Gesetzes zwinge, an der Nachholung der Schriftform mitzuwirken. Dieser könne sich dann nicht, so lange der Mieter seine Mitwirkung an der Nachholung der Form nicht verweigert, durch eine ordentliche Kündigung aus der langfristigen Bindung lösen. Dies sei mit dem Schutzzweck nicht zu vereinbaren. Da die hier vorstehende Klausel nicht zwischen den ursprünglichen Mietparteien und dem Erwerber differenziere sei auch eine geltungserhaltende Reduktion – beschränkt nur auf die ursprünglichen Mietvertragsparteien – ausgeschlossen. Selbst dann wäre sie allerdings zu beanstanden. Eine unangemessene Benachteiligung läge auch vor, wenn dem Vertragsgegner des Verwenders die Berufung auf das vorzeitige Kündigungsrecht selbst für den Fall verwehrt würde, dass der Versuch der Behebung des Formmangels scheitere. Für diesen Fall müsse es dem Vertragspartner freistehen ordentlich zu kündigen. Anderenfalls wäre die nicht dispositive Vorschrift des § 550 BGB vollends ausgehebelt. Diese notwendige Einschränkung sähe die vertragliche Regelung gerade nicht vor. Die Formulierung untersage eine vorzeitige Kündigung ohne Wenn und Aber.
Hinweis für die Praxis
Selbst bei einem Gewerberaummietvertrag mit vorhandener Schriftformheilungsklausel sind die Parteien nicht auf der sicheren Seite. Mit dieser Entscheidung werden zwei wesentliche Prüfungspunkte für die Wirksamkeit von Schriftformheilungsklauseln herausgearbeitet. Fest steht auch nach dieser Entscheidung, dass ein späterer Grundstückserwerber ohnehin nicht daran gebunden wäre. Das OLG Düsseldorf hat die Revision zugelassen. Da die Kündigung hier zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien ausgesprochen wurde, steht eine endgültige Entscheidung des BGH für den Fall der Durchführung der Revision daher zu erwarten.