Zur fristlosen Kündigung im Anschluss an einen Streit mit dem Mieter
BGH, Urteil vom 04.06.2014, VIII ZR 289/13
Sachverhalt
Nachdem in einem Mietshaus neue Rauchmelder angebracht worden waren, kündigte sich die Vermieterin zu einer Besichtigung bei ihrem Mieter an. Als sie eigenwillig versuchte, weitere – nicht mit Rauchmeldern ausgestattete – Räume zu besichtigen, fühlte sich der Mieter in seinem Hausrecht verletzt und forderte die Vermieterin mehrfach auf, sein Haus zu verlassen, worauf die Vermieterin nicht einging. Im Gegenteil: Sie öffnete noch ein Fenster in der Diele des Hauses, nachdem sie zuvor Gegenstände des Mieters von der Fensterbank genommen hatte. Daraufhin umfasste der Mieter seine Vermieterin am Oberkörper und trug sie kurzerhand vor die Eingangstür. Die Vermieterin erklärte daraufhin die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses und verklagte den Mieter auf Räumung.
Entscheidung
Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat entschied – unter Aufhebung des Urteils des Landgericht Koblenz – gegen die Wirksamkeit der Kündigung. Die Räumungsklage wurde abgewiesen: Selbst wenn der Mieter die Grenzen erlaubter Notwehr – geringfügig – überschritten haben sollte, da er, wie das Landgericht Koblenz ausgeführt hatte, die Vermieterin in „demütigender“ Weise aus dem Haus getragen habe, sei nicht zu verkennen, dass die Vermieterin ihre mietvertragliche Rücksichtnahmepflicht verletzt und dadurch das Verhalten des Mieters geradezu herausgefordert habe. Der Vermieter trage deshalb jedenfalls eine Mitschuld am Geschehen. Es liege keine derart gravierende Pflichtverletzung seitens des Mieters vor, die eine fristlose bzw. fristgemäße Kündigung rechtfertige.
Praxishinweis
Rechtlich von Interesse sind vor allem die Ausführungen, die der BGH im Hinblick auf das Besichtigungsrecht des Vermieters macht: Weder gibt es ein allgemeines Recht, wonach der Vermieter etwa alle zwei bis drei Jahre ohne besonderen Anlass den Zustand der Wohnung kontrollieren kann, noch ist eine formularvertragliche Regelung, wonach der Vermieter berechtigt ist, das Mietobjekt nach vorheriger Ankündigung zur „Überprüfung des Wohnungszustands“ zu besichtigen, rechtlich haltbar. Vielmehr verstößt letztere Klausel gegen § 307 Abs. 1 BGB, weil sie den Mieter unangemessen benachteiligt. Der BGH stellt hierzu unmissverständlich fest, dass der Mieter unter dem Schutz des Art. 13 Abs. 1 GG steht, der das Recht gewährleistet, in seinen Räumen „in Ruhe gelassen zu werden“. Nur dann, wenn der Vermieter hierfür einen konkreten sachlichen Grund hat, wie z.B. die Überprüfung der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Objektes, hat der Mieter nach entsprechender Vorankündigung den Zutritt zu seiner Wohnung zu gewähren.