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Zu den Voraussetzungen der Erteilung einer Erlaubnis zur Untervermietung und der Bemessung der Höhe eines Untermietzuschlags

LG Berlin, Urteil vom 19.12.2018, Az. 66 S 29/18

Sachverhalt

Die Klägerin war als alleinige Mieterin in ein Mietverhältnis über eine 6-Zimmer-Wohnung mit einer Größe von ca. 226,52 m² eingetreten. Durch den früheren Vermieter, dessen Rechtsnachfolger der Beklagte ist, war zunächst im Jahre 1975 ein Mietverhältnis mit insgesamt sechs Mietern begründet worden; im Jahre 1989 wurde vereinbart, dass das Mietverhältnis mit nur noch zwei Hauptmietern fortgesetzt werde. Beide Mieter hatten sich nicht unter den ursprünglichen sechs Mietern befunden. Die inhaltlichen Bestimmungen des Vertrages aus dem Jahre 1975 wurden dabei im Wesentlichen beibehalten; die Bruttomiete wurde neu auf eine Höhe von DM 999,54 einschließlich Betriebskosten festgelegt. Einer der beiden Hauptmieter schied im Jahre 1999 aus dem Mietverhältnis aus, der andere starb im Jahre 2016, woraufhin die Klägerin in das Mietverhältnis eintrat. Erstinstanzlich begehrte diese erfolgreich die Erteilung mehrerer Genehmigungen für die Untervermietung einzelner Zimmer.

Im Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg wurde der Beklagte u.a. verurteilt, die Untervermietung eines Raumes an Frau H. als künftige Untermieterin zu genehmigen. Mit dem Tenor zu Ziffer 2 wurde er weiter verurteilt, die Untervermietungserlaubnis für einen weiteren Raum zu erteilen, den die Untermietinteressenten Frau G. und Herr W. gemeinsam nutzen wollten. Das Amtsgericht war hierbei der Auffassung, dass die Klägerin in beiden Fällen ein berechtigtes Interesse an der Untervermietung habe. Weiterhin dürfe der Beklagte die Genehmigung nicht von der Zusage eines Mietzuschlags abhängig machen. Es fehle diesbezüglich an einer durch die Veränderung bewirkten höheren Belastung des Vermieters, weil sich die Anzahl der Bewohner gegenüber dem Zustand ab 1989 nicht erhöhe und auch eine stärkere Abnutzung der Wohnung nicht feststellbar sei.

Gegen das Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten. Er ist der Ansicht, das Interesse der Klägerin an einer Untervermietung sei nicht nach Vertragsschluss entstanden und somit nicht als nachträgliches Interesse anzuerkennen. Auch der letzte Hauptmieter habe bereits ein Interesse an einer Untervermietung gehabt und umgesetzt.

Im Folgenden haben die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich des amtsgerichtlichen Tenors zu Ziffer 2 übereinstimmend für erledigt erklärt.

Entscheidung

Hinsichtlich des Tenors zu Ziffer 1 blieb die Berufung ohne Erfolg. Das Landgericht stellt hierzu fest, dass ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der von ihr begehrten Untervermietung nach Maßgabe des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegt. Dass die streitgegenständliche Wohnung nach dem ursprünglich verfolgten Begehren in der Folge mit insgesamt vier Personen bewohnt werde, führe nicht zu einer Überbelegung der Räumlichkeiten.

Das Interesse sei auch als nachträgliches Interesse anzuerkennen. Hierbei sei der Eintritt der Klägerin in das bereits laufende Mietverhältnis maßgebend, welcher sich im Oktober 2016 vollzog. Auf einen vor Oktober 2016 liegenden Zeitpunkt könne es für ein berechtigtes Interesse der Klägerin schon deshalb nicht ankommen, weil bis zu ihrem Eintritt in den Vertrag ihre Interessen im Vertragsverhältnis nicht rechtlich maßgeblich gewesen seien. Auf die Frage, ob der zuletzt verstorbene frühere Hauptmieter bereits ein Untervermietungsinteresse gehabt habe, komme es nicht an, da es sich bei den von § 553 BGB für maßgeblich erklärten Interessen um konkrete subjektive Interessen eines konkreten Mieters handele, welche in engem Zusammenhang mit den ihnen zugrunde liegenden höchstpersönlichen Lebensumständen stünden und als solche einem ständigen Wandel unterworfen seien. Der Wunsch des Hauptmieters, nicht allein leben zu wollen sei diesbezüglich als nachträglich entstandenes, berechtigtes Interesse anzuerkennen. Es könne nicht entscheidend darauf ankommen, dass ein dahingehender Entschluss des Mieters ebenso gut schon früher hätte entstehen können. Maßgeblich sei allein die Frage, wann der dargelegte Entschluss für den konkreten Mieter aufgetreten sei. Auch wenn ein Hauptmieter über viele Jahre hinweg eine große Wohnung ganz allein bewohnt habe, könne sich aufgrund eines Wandels der subjektiven Einstellung ein nachträgliches berechtigtes Interesse ergeben, ohne dass dies mit einer sichtbaren Umwälzung rein äußerlicher Lebensverhältnisse einhergehen müsse.

Hinsichtlich des Tenors zu Ziffer 2 hat das Landgericht festgestellt, dass dem Beklagten die Erteilung der weitergehenden Erlaubnis im Sinne des § 553 Abs. 2 BGB nur gegen eine angemessene Erhöhung der Miete zuzumuten sei. Das Klagebegehren sei insoweit unbegründet gewesen, da die Klägerin die Bereitschaft zu einer entsprechenden Erhöhung nicht erklärt habe. Aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärung sei eine Abänderung der Entscheidung jedoch nicht mehr veranlasst. Diesbezüglich seien der Klägerin jedoch die anteiligen Kosten aufzuerlegen.

Für die Höhe des Untermietzuschlags sei im preisfreien Wohnraum nach Maßgabe des § 315 BGB eine der Billigkeit entsprechende Bemessung vorzunehmen. Nach der Formulierung in § 553 Abs. 2 BGB seien sowohl die „Angemessenheit“ als auch die „Zumutbarkeit“ allein anhand des Hauptmietverhältnisses zu bestimmen. Eine Erhöhung der Miete sei hier anzusetzen gewesen, da durch die ursprünglich von der Klägerin begehrte „zweite“ Untervermietung der vertraglich vereinbarte Leistungsaustausch erheblich verschoben werde. Während durch die „erste“ begehrte Untervermietung hinsichtlich der praktischen Nutzung der Wohnung durch zwei Personen gegenüber dem Vertrag von 1989 keine Änderung eingetreten sei, steige durch das Begehren der Klägerin nach weitergehender Untervermietung die Anzahl der Nutzungsberechtigten über das ursprünglich von dem geschlossenen Vertrag abgedeckte Maß hinaus. Dies habe zur Folge, dass der Beklagte sein Eigentum und den Bereich der ihn betreffenden Rechtsverhältnisse mit Erteilung der Erlaubnis für weitere Personen zu öffnen habe. Hiermit einhergehen könnten sowohl eine Erhöhung des Verwaltungsaufwands als auch weitere Risiken für konflikthafte Entwicklungen im Objekt sowie eine erhöhte Beanspruchung der Mietsache. Derartige Risiken wirkten insbesondere schwerer, je größer die überlassene Wohneinheit und je werthaltiger das potenziell betroffene Eigentum sei. Unter Berücksichtigung dieser Risiken sei daher ein Zuschlag anzusetzen, welcher infolge einer summarischen „der Billigkeit entsprechenden“ Bemessung dem entspricht, was zur Vermeidung einer für den Vermieter unzumutbaren Situation erforderlich erscheine. Auch konkrete personengebundene Aufwendungen sowie weitere verbrauchsabhängige Kosten, die durch die weitergehende Untervermietung entstehen, seien für die Berechnung des Zuschlages in seiner Gesamtheit zu berücksichtigen.

Erwägungen

Bezüglich der Frage, welche Parameter und welche Maßstäbe für die Frage der Angemessenheit des Untermietzuschlags gelten sollen, als auch die weitere Frage, auf welchem rechtstechnischen Wege und mit welchen genauen Folgen die fragliche Erhöhung der Miete eintreten könne, geht das Landgericht Berlin von folgenden Grundsätzen aus:

1.

Eine Klage auf Erteilung der Erlaubnis nach § 553 Abs. 1 BGB sei bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 553 Abs. 2 BGB nur begründet, wenn der Kläger sich mit dem zur Vermeidung einer Unzumutbarkeit „angemessenen“ Zuschlag zur Miete einverstanden erkläre. Tue er dies, führt dies bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen zur antragsgemäßen Verurteilung des Vermieters, ohne dass allerdings die fragliche Erhöhung der Miete selbst Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung würde. In diesem Fall sei das Gericht nicht befugt, die seiner Auffassung nach materiell „angemessene“ Erhöhung der Miete im Urteil festzulegen.

Dazu müssten die Parteien zunächst Gewissheit über den unbestimmten Rechtsbegriff der „Angemessenheit“ der künftigen Miethöhe haben. Daher bedürfe es diesbezüglich eines richterlichen Hinweises. Erst wenn das Gericht seine Auffassung zur „Angemessenheit“ der Mieterhöhung im konkreten Einzelfall dargelegt hat, habe der klagende Mieter eine Grundlage für die von ihm geforderte Erklärung, ob die „angemessene Erhöhung der Miete“ akzeptiert werden solle oder nicht.

Erkläre der Mieter sein Einverständnis, führe er damit die Voraussetzung für die Verurteilung des Vermieters zur Erteilung der Erlaubnis herbei. Ebenso habe die Erklärung des Mieters die Wirkung zur Folge, dass ebenjene angemessen erhöhte Miete materiell-rechtlich im Hauptmietverhältnis geschuldet sei. Dies stelle ohne anderslautende Übereinkunft technisch einen „Zuschlag“ dar, welcher über die Dauer der Überlassung den konkreten Untermieter geschuldet sei, auf den sich die Verhandlung über eine „Erhöhung der Miete“ bezogen habe.

2.

Hinsichtlich der Höhe des Untermietzuschlags sei im preisfreien Wohnraum nach Maßgabe des § 315 BGB eine der Billigkeit entsprechende Bemessung vorzunehmen. Nach der Formulierung in § 553 Abs. 2 BGB seien sowohl die „Angemessenheit“ als auch die „Zumutbarkeit“ allein anhand des Hauptmietverhältnisses zu beantworten. Das dort Vereinbarte bliebe nach der Regelung so lange unangetastet, bis eine mit der Untervermietung eintretende Verschiebung zu Lasten des Vermieters die Schwelle zur Unzumutbarkeit überschreite. Erst wenn durch die Untervermietung eine Erhöhung der Miete „unverzichtbar“ sei, dürfe der Vermieter seine Erlaubnis von dieser Erhöhung abhängig machen. Eine Erhöhung sei dort erforderlich, wo sich die Leistungen, der Betriebsaufwand, die aus dem Hauptmietverhältnis resultierenden Gefahren und/oder die Risiken auf der Seite des Vermieters in so außergewöhnlicher Weise erhöhen, dass die Änderung ohne eine Kompensation nicht zumutbar erscheine. Als Vergleich sei demnach der Mietvertrag in seiner ursprünglichen Gestalt heranzuziehen, insbesondere also die Anzahl derjenigen berechtigten Nutzer, mit denen auch auf Seiten des Vermieters bei Abschluss des Vertrages zu rechnen war. Denn die vertragliche Vereinbarung decke den Austausch der vertraglichen Leistungen in diesem Umfang bereits vollständig ab. Diese sei auch nicht im Rahmen des § 553 BGB zu korrigieren, da sie gemäß dem Grundsatz der Privatautonomie als Entscheidung der Parteien zu akzeptieren sei. Nur wenn der vertraglich vereinbarte Leistungsaustausch erheblich verschoben werde, könne eine Erhöhung der Miete im Sinne des § 553 Abs. 2 BGB in Betracht kommen.

Die konkrete Höhe des Zuschlages sei im Einzelfall nach der, durch das Untermietverhältnis eingetretenen Veränderung zu bemessen. Unter Berücksichtigung der erhöhten Risiken sei ein Zuschlag anzusetzen, welcher infolge einer summarischen „der Billigkeit entsprechenden“ Bemessung dem entspricht, was zur Vermeidung einer für den Vermieter unzumutbaren Situation erforderlich erscheine. Für die zunächst abstrakt eintretenden „Sachrisiken“ sei zunächst ein allgemeiner Zuschlag anzusetzen, welcher für den einzelnen Untermieter zwischen € 5,00 und € 30,00 pro Monat anzusetzen sei. Darüber hinaus seien auch konkrete personengebundene Aufwendungen und erhöhte Verbrauchskosten zu berücksichtigen. Die Versorgungsressourcen eines Mietobjekts seien durch die erhöhte Anzahl an Bewohnern nachhaltig beeinflusst.

3.

Entgegen einer teilweise vertretenen Auffassung hat das Gericht darüber hinaus entschieden, dass der Vermieter an dem Untermietzins nicht zu beteiligen sei. Der Zuschlag nach § 553 Abs. 2 BGB sei geschuldet, um ein andernfalls eintretendes unzumutbares Missverhältnis im Hauptmietvertrag auszugleichen. Das Gesetz enthalte jedoch keinen Anhaltspunkt, dass anlässlich der Entstehung eines berechtigten Interesses an einer Untervermietung der aktuelle Gesamtnutzwert der Wohnung neu zu bemessen und zwischen Vermieter und Mieter neu zu verteilen sei. Der Vermieter könne zwar die erforderlichen Informationen über die Person eines Untermieters einholen; er müsse jedoch die Konditionen eines Untermietvertrages weder kennen noch billigen. Die Konditionen des Hauptmietverhältnisses seien gemäß § 553 BGB daher in keiner Weise abhängig von den Inhalten des beabsichtigten Untermietverhältnisses. Eine Abschöpfung des wirtschaftlichen Ertrages aus dem Untermietverhältnis oder auch nur eine Beteiligung daran entbehre demgemäß jeder gesetzlichen Grundlage.

Dem stehe auch nicht entgegen, dass in einem besonders angespannten Wohnungsmarkt wie Berlin denkbar sei, dass durch Untermietverhältnisse über Teile einer Wohnung Nutzungsentgelte realisiert werden könnten, welche den im Hauptmietverhältnis geschuldeten Mietzins übersteigen. Wäre dies der Fall sei dem Hauptmieter nicht zuzugestehen, auf dem Umweg über mehrere Untermietverhältnisse vorrangig dem eigenen Gewinnstreben nachzugehen, indem er monatlich Überschüsse durch Einkünfte aus Untermietzinsen generiert. Eine solche Konstellation müsse jedoch konkret nachweisbar sein. Vorliegend bestehe kein Anlass zu näheren Festlegungen hierzu, da derartiges weder schlüssig behauptet noch sonst ersichtlich gewesen sei.

Fazit

Das Landgericht Berlin stellt klar, dass die „Angemessenheit“ einer Mieterhöhung im Sinne des § 553 BGB stets anhand eines Vergleichs mit dem jeweiligen Hauptmietvertrag bestimmt werden muss. Für angemessen hält es diesbezüglich einen „allgemeinen“ Zuschlag von € 5,00 bis € 30,00 pro Untermieter. Abhängig von weiteren erhöhten Kosten sei dieser Zuschlag gegebenenfalls zu erhöhen. Obwohl das Gericht die der Berechnung zugrunde liegenden Parameter dargestellt hat, ist damit stets auf den Einzelfall abzustellen. Hinsichtlich der Bestimmung der Höhe eines gesamten Untermietzuschlages kann die Entscheidung daher nur Anhaltspunkte bieten.

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