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Zu den Anforderungen an die Haftung bei Gefälligkeitstätigkeiten unter Nachbarn

BGH, Urteil vom 26.04.2016, VI ZR 467/15

Sachverhalt

Der Beklagte hatte während einer urlaubsbedingten Abwesenheit seines Nachbarn die
Aufgabe übernommen, dessen Garten zu wässern. Hierfür stand ihm ein an der Außenstelle
des Hauses montierter Wasserschlauch zur Verfügung. Nach Bewässerung des Gartens drehte
er die am Schlauch befindliche Spitze zu, unterließ es jedoch, auch die Wasserzufuhr
insgesamt abzustellen. In der darauffolgenden Nacht löste sich infolge des Wasserdruckes die
Spitze von dem Schlauch, so dass erhebliche Wassermengen austraten und in das Gebäude
des Nachbarn hineinliefen. Es entstand ein Schaden in Höhe von ca. € 11.000,00. Der
Beklagte war für derartige Schäden privathaftpflichtversichert. Seine Haftpflichtversicherung
lehnte die Regulierung allerdings ab. Das Oberlandesgericht wies die Klage ab, weil der
Schaden im Rahmen eines reinen Gefälligkeitsverhältnisses unter Nachbarn entstanden war,
bei dem im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung davon auszugehen sei, dass die
Parteien stillschweigend einen Haftungsausschluss für einfache Fahrlässigkeit vereinbart
hätten.

Entscheidung

Der BGH gab der Klage statt. Eine entsprechende Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und
grobe Fahrlässigkeit sei nicht gegeben. Die Annahme einer stillschweigend vereinbarten
Haftungsbeschränkung im Wege ergänzender Vertragsauslegung stelle nur eine künstliche
Rechtskonstruktion dar, die auf eine Willensfiktion beruhe. Eine Haftungsbeschränkung könne
nur dann angenommen werden, wenn der Schädiger, wäre die Rechtslage vorher zur Sprache
gekommen, einen Haftungsverzicht gefordert und sich der Geschädigte dem ausdrücklichen
Ansinnen einer solchen Abmachung billigerweise nicht hätte versagen dürfen. Diese
Voraussetzung läge schon nicht vor, wenn der Schädiger haftpflichtversichert sei. Denn eine
Haftungsbeschränkung, die nicht den Schädiger, sondern den Haftpflichtversicherer entlaste,
entspreche nicht dem Willen der Beteiligten. Im Übrigen rechtfertige selbst die enge und
persönliche Beziehung zwischen den Nachbarn nicht ohne weiteres die Annahme eines
Haftungsverzichtes.

Fazit

Trotz dieser Entscheidung sollte bedacht werden, dass die Annahme einer
Haftungsbeschränkung auch weiterhin maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls abhängt
und immer einer gesonderten Abwägung der jeweiligen Haftungsrisiken erforderlich macht.
Jeder Nachbar sollte sich allerdings vor Augen führen, dass auch bei einem vermeintlichen
Gefallen deliktische Haftungsansprüche in Betracht kommen können.

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