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Zahlungsklage im Urkundenprozess:

Ist zwischen den Parteien streitig, ob der Vermieter dem Mieter die Mietsache in einem vertragsgemäßen Zustand übergeben hat, ist eine Klage auf Zahlung von rückständiger Miete im Urkundenprozess nur statthaft, wenn der Vermieter urkundlich beweisen kann, dass der Mieter die Mietsache als Erfüllung angenommen hat.

BGH, Urteil vom 12.06.2013, XII ZR 50/12

Sachverhalt

Bei der Übernahme eines Gewerbeobjektes halten die Parteien in einem Übergabeprotokoll schriftlich fest, dass der Mieter das Objekt nur unter dem Vorbehalt der im Übernahmeprotokoll gerügten Mängel und durchzuführender Restarbeiten übernimmt. Erst in einem späteren Nachtrag wird auf den Vorbehalt verzichtet und das Objekt als vertragsgemäß anerkannt. Nach Beendigung des Mietverhältnisses klagt der Vermieter restliche Miete und Nutzungsentschädigung im Urkundenprozess ein. Der Mieter wendet ein, die Mietsache sei nicht im vertragsgemäßen Zustand übergeben worden und schon zu Mietbeginn fehlerhaft gewesen.

Entscheidung

Die Klage bleibt auch beim BGH ohne Erfolg. Der Urkundenprozess wurde als „nicht statthaft“ zurückgewiesen. Der Vermieter konnte die mangelfreie Übergabe der Mietsache und die entsprechende Annahme durch den Mieter als anspruchsbegründende Tatsache nicht beweisen, nachdem dies zwischen den Parteien streitig war. Den Beweis der vorbehaltlosen Übernahme müsse der Vermieter mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln, also in der Regel durch Urkunden, nachweisen. Hier ergäbe sich aus dem Übergabeprotokoll jedoch, dass die Mieterin die Mietsache nicht vorbehaltlos angenommen habe. Durch einen konkreten Vorbehalt werde zum Ausdruck gebracht, dass die Leistung gerade nicht als Erfüllung im Sinne von § 363 BGB angesehen werde. Auch der später geschlossene Nachtrag ändere hieran nichts. Im Gegensteil: daraus werde gerade im Rückschluss deutlich, dass das Objekt bei Übergabe nicht als Erfüllung angenommen wurde.

Praxishinweis

Grundsätzlich hat der Urkundenprozess für den Kläger einer Mietzinsforderung erhebliche Vorteile. Es handelt sich um eine besondere Prozessart der Zivilprozessordnung, die so ausgestaltet ist, dass sich der Kläger beschleunigt einen vollstreckbaren Zahlungstitel beschaffen kann. Stattgebende Urteile sind im Urkunden- und im späteren Nachverfahren ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Damit verringert sich das Risiko, bei einer Vermögensverschlechterung auf Schuldnerseite mit der Forderung auszufallen. Der Schuldner kann die Vollstreckung aus Urkundsurteilen nur durch Sicherheitsleistung abwenden. Die Besonderheit des Verfahrens besteht darin, dass jede Prozesspartei solche Tatsachen, für die sie beweisbelastet ist, nur durch Vorlage von Urkunden nachweisen kann. Kann der Beweis durch Urkunden nicht geführt werden, wird die Klage bereits in der gewählten Prozessart für unstatthaft erklärt und abgewiesen. Die Entscheidung des BGH zeigt deutlich, dass eine Klage im Urkundenprozess oftmals nur vordergründig den leichteren und kostengünstigeren Weg darstellt. Oftmals muss lange über die Formalie der Zulässigkeit des Urkundenprozesses gestritten werden, ohne dass eine Entscheidung in der Sache ergehen kann. Auch in einem gewonnenen Urkundenprozess kommt es zudem in aller Regel noch zu einem Nachverfahren, wenn dem Schuldner die Ausführungen seiner Rechte vorbehalten sind („Vorbehaltsurteil“). Der Rechtsstreit bleibt dann im ordentlichen Verfahren anhängig. Es sollte deswegen von vornherein gründlich überlegt werden, ob nicht gleich im ordentlichen Klageverfahren vorgegangen wird. In jedem Fall muss die Darlegungs- und Beweislast für jeden einzelnen Umstand genau beurteilt und überprüft werden, ob für diese Tatsachen Urkunden vorhanden sind.

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