Wohnungseigentumsrecht

Zu den möglichen Pflichtverletzungen eines WEG-Verwalters bei der Überwachung von Bauarbeiten

Hat eine Wohnungseigentümergemeinschaft mit einem Werkunternehmer einen Vertrag zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums geschlossen, gehört es zu den Pflichten des Verwalters, Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum wie ein Bauherr zu überwachen. Bei der Bewirkung von Zahlungen ist er verpflichtet, wie ein Bauherr im Interesse der Wohnungseigentümer sorgfältig zu prüfen, ob bestimmte Leistungen erbracht und Abschlags- oder Schlusszahlungen gerechtfertigt sind (im Anschluss an Senat, Urteil vom 19.07.2019; V ZR 75/18, Rn. 16).

BGH, Urteil vom 26.01.2024; V ZR 162/22

Eine WEG beschließt 2019 die Erneuerung der Dacheindeckung und beauftragt hierfür einen Werkunternehmer (W) mit einem Volumen von 116.497,85 €. Für noch zu beschaffenes Material stellt W Abschlagsrechnungen von 61.862,00 €, auf die der Verwalter (V) insgesamt 70.000,00 € anzahlt. Nach Beginn der Arbeiten zahlt V ohne Vorlage von Rechnungen gestückelt weitere 34.500,00 € bei einem Baufortschritt von 85 %. Bis 90 % stellt W die Arbeiten ein. Die WEG verlangt von V Schadensersatz in Höhe der geleisteten Zahlung Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche gegen W. Das Landgericht Dortmund verneint eine Pflichtverletzung des Verwalters.

Der BGH hebt die Entscheidung auf und bejaht eine Pflichtverletzung. Hat die WEG mit einem Unternehmer einen Vertrag zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums geschlossen, gehört es zu den Pflichten des Verwalters, nach Maßgabe des zum damaligen Zeitpunkt noch anwendbaren § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG a.F. (heute § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG) Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum wie ein Bauherr zu überwachen. Bei der Bewirkung von Zahlungen ist der Verwalter verpflichtet, wie ein Bauherr im Interesse der WEG sorgfältig zu prüfen, ob bestimmte Leistungen erbracht und Abschlags- oder Schlusszahlungen gerechtfertigt sind; für ihn erkennbare Mängel muss er berücksichtigen. Der Verwalter muss danach im Regelfall auch die Voraussetzungen des § 632a BGB beachten. Darin ist u.a. geregelt, dass die erbrachten Leistungen in einer Aufstellung so zusammengefasst sein müssen, dass eine rasche und sichere Beurteilung der Arbeiten möglich ist, ohne die ein Anspruch auf Abschlagszahlungen nicht vorliegt. Die Abschlagsrechnung muss außerdem daraufhin geprüft werden, ob sie zum Auftrag und dem Leistungsstand passt. Eine Abschlagszahlung für Stoff- oder Bauteile, die angeliefert oder eigens angefertigt und bereitgestellt sind, erfordert – abgesehen davon, dass die Stoff- oder Bauteile den vertraglichen Vorgaben entsprechen müssen – außerdem, dass der WEG nach ihrer Wahl Eigentum an den Stoffen- oder Bauteilen übertragen oder entsprechende Sicherheit hierfür geleistet wird.

Besonders interessant ist der Hinweis des BGH darauf, dass ein Verwalter – selbst  wenn sich herausstellen sollte, dass er seinen Pflichten doch genügt hätte – möglicherweise allein deswegen eine Pflichtverletzung begeht, wenn er es bei seinen fehlenden erforderlichen Kenntnisse für die Prüfung der Werkleistung bei einer mit einem erheblichen Kostenrisiko verbundenen umfangreichen baulichen Maßnahme unterlässt, die WEG auf seine fehlende Fachkompetenz hinzuweisen und deswegen eine Beschlussfassung über eine überwachende Tätigkeit durch Sonderfachleute einzuleiten. Im Wege des Anscheinsbeweises wird hier vermutet, dass die WEG im Falle des Hinweises einen entsprechenden Beschluss gefasst hätte, sodass die entsprechende Kausalität zwischen Schaden und Pflichtverletzung gegeben wäre.

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