Wohnungseigentumsrecht

Wohnungseigentümergemeinschaft muss die Beschlüsse durchführen

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft trifft die Pflicht zur Durchführung der in einer Wohnungseigentümerversammlung gefassten Beschlüsse nicht den Verwalter, sondern die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Eine pflichtwidrige Untätigkeit des Verwalters wird der Gemeinschaft zugerechnet.

BGH, Urteil vom 16.12.2022; V ZR 263/21

Sachverhalt

Ein Wohnungseigentümer einer im Erdgeschoss belegenen Wohnung macht einen Instandsetzungsbedarf an der abgängigen Terrassentür geltend. In einer Wohnungseigentümerversammlung vom 31.01.2017 fassen die Wohnungseigentümer mehrheitlich den Beschluss, den Verwalter zu beauftragen, drei Angebote für die Erneuerung der Terrassentür einzuholen, wobei der optische Eindruck erhalten bleiben sollte. Der Vertrag sollte in Abstimmung mit dem Beirat mit dem auskömmlichsten Anbieter abgeschlossen werden. Dieser Beschluss genügt aufgrund der unzulässigen Delegierung der Vergabeentscheidung nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, wurde von dem Wohnungseigentumsverwalter jedoch umgesetzt. Die neu montierte Tür entsprach allerdings nicht dem bisherigen Exemplar und der Wohnungseigentümer beansprucht einen erneuten Austausch der Tür, um die zuvor vorhandene Beschaffenheit und den optischen Eindruck wiederzuerlangen. In einer Wohnungseigentümerversammlung vom 22.05.2018 wird ein entsprechender Beschlussantrag des betroffenen Wohnungseigentümers zurückgewiesen. Der Wohnungseigentümer verfolgt sein Anliegen sodann im Wege der Beschlussanfechtungsklage, die vor dem Amtsgericht und dem Berufungsgericht ohne Erfolg bleibt. Mit einem ersten Revisionsurteil vom 29.01.2021 werden die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und der Rechtstreit an das Berufungsgericht zurückgewiesen. Die erneute Durchführung des Berufungsverfahrens bleibt wiederum ohne Erfolg. In dem hierauf durchgeführten zweiten Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof erzielt der Wohnungseigentümer nun einen Teilerfolg.

Entscheidung

Der für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes verhilft der Revision des betroffenen Wohnungseigentümers teilweise zu einem Erfolg. Hinsichtlich des in dem Rechtsstreit verfolgten Hauptanliegens, eine Beschlussersetzung vorzunehmen stellt der Bundesgerichtshof klar, dass eine Beschlussersetzung nicht in Betracht kommt, da die Wohnungseigentümer sich mit dem Instandsetzungsbedarf befasst haben und damit eine weitere Beschlussfassung nicht notwendig ist. Die Beschlussersetzungsklage ist indes nur zulässig, wenn in einer Wohnungseigentümerversammlung eine notwendige Beschlussfassung ausbleibt. Diese Voraussetzung liegt hier im Hinblick auf die Entschließung in dem Jahr 2017 nicht vor.

Der betroffene Wohnungseigentümer konnte mithin in 2018 auch nicht eine erneute Beschlussfassung beanspruchen, da die fehlerhafte Beschlussumsetzung keinen erneuten Instandsetzungsbeschluss erfordert, vielmehr haben die Wohnungseigentümer einen Anspruch darauf, dass die gefassten Beschlüsse ordnungsgemäß umgesetzt werden. Insoweit hat ein Hilfsantrag des Wohnungseigentümers in dem Revisionsverfahren Erfolg, da ein Anspruch besteht, dass der Beschluss ordnungsgemäß vollzogen wird.

Zu diesem Aspekt stellt der V. Zivilsenat des BGH heraus, dass für die Beschlussumsetzung in 2017/2018 der Wohnungseigentumsverwalter verpflichtet war und bei einer fehlerhaften Beschlussumsetzung war eine etwaige Klage auf Beschlussumsetzung gegen die Verwaltung zu richten. Mit der am 01.12.2020 in Kraft getretenen Reform des Wohnungseigentumsrechts gilt dies hingegen nicht mehr. Seit dem 01.12.2020 trifft die Pflicht zur Umsetzung von Beschlüssen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Diese erfüllt die ihr zugewiesenen Aufgaben wie jede juristische Person durch ihre Organe und das interne Organ für die Ausführung von Beschlüssen ist der Verwalter, der die Entscheidungen der Wohnungseigentümer umzusetzen hat und dabei durch den Verwaltungsbeirat unterstützt wird. Vollzieht der Verwalter einen gefassten Beschluss nicht oder fehlerhaft, muss ein Wohnungseigentümer deshalb die Gemeinschaft in Anspruch nehmen, der Gemeinschaft wird hierbei analog zu § 31 BGB ein pflichtwidriges Verhalten des Verwalters zugerechnet. Der betroffene Wohnungseigentümer kann mithin mit dem Inkrafttreten des reformierten Wohnungseigentumsrechts von der Gemeinschaft eine ordnungsgemäße Beschlussumsetzung verlangen. Da die in 2017 vorgenommene Beschlussfassung Ungenauigkeiten enthielt, hat der BGH mit der Revisionsentscheidung auf einen entsprechenden Hilfsantrag des Wohnungseigentümers eine Klarstellung der Beschlussfassung vorgenommen und der Wohnungseigentümer kann hieraus nunmehr eine ordnungsgemäße Beschlussumsetzung von der Gemeinschaft verlangen.

Fazit

Der BGH stellt klar, dass auch hinsichtlich der Beschlussumsetzung in dem reformierten Wohnungseigentumsrecht ausschließlich die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet ist. Gelingt dem Verwalter eine ordnungsgemäße Beschlussumsetzung nicht, ist nicht der Verwalter zu verklagen, vielmehr muss sich die Klage gegen die Gemeinschaft richten, die bei einem pflichtwidrigen Verhalten des Verwalters für einen etwaigen Verzögerungsschaden und für durch das pflichtwidrige Verhalten ausgelöste Prozesskosten bei diesem Regress nehmen kann. Das neue Wohnungseigentumsrecht löst bei einer fehlerhaften Beschlussumsetzung mithin ein mehrstufiges Vorgehen aus, da zunächst in einer ersten Stufe eine ordnungsgemäße Beschlussfassung im Verhältnis des Wohnungseigentümers zu der Gemeinschaft durchzusetzen ist und in einer zweiten Stufe die Gemeinschaft gegenüber dem Verwalter Regress nehmen kann. Eine direkte Inanspruchnahme des Verwalters durch einen einzelnen Wohnungseigentümer ist hingegen nicht mehr möglich.

Seite drucken
WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner