Wohnungseigentumsrecht

Beschluss über die Erlaubnis zur Tierhaltung

LG Karlsruhe, Urteil vom 05.12.2023; 11 S 126/22

Auf einer Eigentümerversammlung im Jahr 2004 wurde zur Hausordnung beschlossen: „Tierhaltung ist nicht gestattet“. In der Eigentümerversammlung 2021 wird beschlossen: „Die Haltung von Haustieren ist nicht generell verboten, allerdings ist jeder Eigentümer in demjenigen Fall, dass er Haustiere hält, verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass sie außerhalb des jeweiligen Sondereigentums nicht frei herumlaufen und fremde Bäume und Flächen nicht betreten“. Der Wohnungseigentümer K ficht den Beschluss an. Er sei hoch allergisch gegen Allergene von Felltieren, was für ihn aufgrund einer bestehenden Vorerkrankung lebensbedrohlich sei. Er habe seine Eigentumswohnung nur im Vertrauen auf den Fortbestand des ursprünglich geregelten absoluten Tierhalteverbotes erworben.

Die Klage wird abgewiesen. Eine Änderung der Hausordnung kann mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Den Eigentümern steht bei der Aufstellung und Ausgestaltung der Hausordnung ein Ermessen zu. Dem K steht kein Anspruch auf Aufrechterhaltung des ursprünglichen Beschlusses zu. Der Beschluss kehrt zum gesetzlichen Leitbild zurück, wonach Tierhaltung grundsätzlich gestattet ist. Der Wohnungseigentümer kann sich auch nicht gegen sog. „Besuchertiere“ wehren. „Rücksichtnahmepflichten mögen in gewissem Umfang durch die Eigentümergemeinschaft auch im Rahmen der Aufstellung der Hausordnung und der dortigen Ermessenabwicklung Berücksichtigung finden. Andererseits ist zu beachten, dass Adressat der Hausordnung alle Wohnungseigentümer und Dritte sind, so dass alle schützenswerten Interessen zu berücksichtigen sind und die Hausordnung dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen zu entsprechen hat. Angesichts dieses generalisierenden Ansatzes der Hausordnung kommt die Berücksichtigung jeder individuellen Besonderheit im Rahmen dieser allgemeinen Beschlussfassung nicht in Betracht“.Selbst bei der Betrachtung einzelner emissionsbedingter Unterlassungsansprüche kann nicht jede besondere individuelle Empfindlichkeit oder Unempfindlichkeit in Betracht gezogen werden. Die Möglichkeiten der Eigentumsnutzung würden sonst merklich beschränkt, wenn sich jeder Sondereigentümer an allen persönlichen Verhältnissen der Miteigentümer orientieren müsste. Andererseits ist es nicht ohne weiteres so wie im allgemeinen Nachbarrecht, das Risiko und Mehrbelastung, die sich aus einer im Vergleich zum Durchschnittsnachbarn gesteigerten individuellen Emissionsempfindlichkeit ergeben, grundsätzlich allein von dem Betroffenen zu tragen sind, selbst wenn aufgrund Überempfindlichkeit ein Gesundheitsschaden droht. Bei zu starker Berücksichtigung individueller Besonderheiten wäre die Beschlussfassung über die Hausordnung erheblich erschwert, sowohl was den Abwägungsprozess als auch die Tatsachenermittlung angeht. Möglicherweise müsste sonst die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer genaueste Ermittlungen darüber anstellen, wie erheblich die Allergie ist bzw. ob sie sogar lebensbedrohlich sein kann“.

Dem hier unterliegenden Wohnungseigentümer steht es frei, aus der Betroffenheit seiner eigenen Rechte gegen die betreffenden Wohnungseigentümer „mit Hund“ auf Unterlassung der Tierhaltung im konkreten Fall vorzugehen, wenn eine einzelne Tierhaltung für ihn zu einer entsprechenden Beeinträchtigung (Gesundheit und Vertrauensschutz) führt.

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