Wohnungseigentumsrecht

Bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums

Die Wohnungseigentümer können eine bauliche Veränderung grundsätzlich auch dann beschließen, wenn die Beschlussfassung die Zuweisung einer ausschließlichen Nutzungsbefugnis am dafür vorgesehenen gemeinschaftlichen Eigentum zur Folge hat (Rechtsprechungsänderung!)

BGH, Urteil vom 09.02.2024; V ZR 244/22

Ein Wohnungseigentümer begehrt mit einer Beschlussersetzungsklage einen Grundlagenbeschluss über die Errichtung eines Personenaufzuges/Liftes an einem Hinterhaus durch das Gericht ersetzen zu lassen. Diese Errichtung würde dazu führen, dass ein Teil der äußeren Fassade und damit ein Teil des gemeinschaftlichen Eigentums von den anderen Wohnungseigentümern nicht mehr genutzt werden könnte. Die Erfolgsaussichten dieser Klage waren bei diesem Sachverhalt deswegen sehr fraglich, weil der BGH noch bis zum 30.11.2020 angenommen hatte, dass eine Beschlusskompetenz fehle, wenn die zu beschließende bauliche Veränderung, z.B. ein Personenaufzug, nur einzelnen bau- und zahlungswilligen Eigentümern zur Verfügung stehen würde.

Der BGH bejaht die Frage jetzt. An der bisherigen Rechtsprechung könne durch die Neufassung der Regelungen über bauliche Veränderungen in den §§ 20, 21 WEG durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) nicht mehr festgehalten werden. Danach könnten die Wohnungseigentümer eine bauliche Veränderung grundsätzlich auch dann beschließen, wenn die Beschlussfassung die Zuweisung einer ausschließlichen Nutzungsbefugnis an dem dafür vorgesehenen gemeinschaftlichen Eigentum zur Folge hat. Die Zuweisung einer ausschließlichen Nutzungsbefugnis sei regelmäßig die Folge eines Beschlusses nach § 20 Abs. 1 WEG. Dies ergebe sich aus § 21 WEG und den in dieser Vorschrift enthaltenen Regelungen über die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen, sofern ein ausschließlicher Gebrauch des baulich veränderten gemeinschaftlichen Eigentums möglich sei. Die Schaffung außerhalb des Grundbuchs bestehender Nutzungsbefugnisse von einzelnen Wohnungseigentümern oder Gruppen von Wohnungseigentümern beruhe auf der bewussten Entscheidung des Gesetzgebers, die bis dahin geltende Rechtslage zu ändern.

Die Entscheidung entspricht dem Gesetzeswortlaut von § 21 Abs. 1 S. 2 WEG, wonach einem Eigentümer die Nutzungen einer baulichen Veränderung gebühren, wenn diese ihm gestattet oder auf sein Verlangen durch die Wohnungseigentümergemeinschaft durchgeführt wurden und er dafür die Kosten getragen hat (sogenanntes faktisches Sondernutzungsrecht). Haben Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 3 S. 1 WEG die Kosten zu tragen, gilt nach § 21 Abs. 3 S. 2 WEG nichts anderes. Offen lassen konnte der BGH in seiner Entscheidung wie der Fall zu entscheiden wäre, wenn mit der baulichen Veränderung entgegen einer bereits vereinbarten Gebrauchsregelung eine bestimmte Nutzung zwischen den Wohnungseigentümern ermöglicht bzw. ausgeschlossen werden sollte. Eine solche Gebrauchsregelung lag in diesem Sachverhalt aber nicht vor.

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