Wohnraummietrecht

Zur Haftung des Vermieters für Tod eines Mieters wegen Legionelleninfektion

Stirbt der Mieter an einer Legionelleninfektion und sind die Erreger in seinem Körper nicht identisch mit den Erregern, die im Trinkwasser der Wohnung nachgewiesen worden sind, ist der notwendige Vollbeweis (Strengbeweis) für Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche der Verwandten nicht erbracht.

LG Krefeld, Urteil vom 05.05.2021; 2 S 18/19

Der Mieter war an einer Legionelleninfektion durch Erreger der Serogruppe 1 verstorben. Die Ehefrau macht gerichtlich Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche gegen den Vermieter geltend. Sie behauptet, ihr Mann habe sich durch kontaminiertes Wasser in der gemieteten Wohnung infiziert. Dort wurden gutachterlich zwar Legionellenerreger der Serogruppe 2 – 14 gefunden; der Erreger der Serogruppe 1 wurde allerdings nicht nachgewiesen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass der von der Ehefrau notwendig zu erbringende Vollbeweis bezüglich der Kausalität zwischen der Pflichtverletzung des Vermieters einerseits und dem eingetretenen Tod des Mieters andererseits nicht erbracht ist. Der Sachverständige hatte die Möglichkeit, dass der zum Tode führende Erreger sich in der Trinkwasseranlage befunden habe, als äußerst gering eingeschätzt. Das Gericht sah die Arbeitsstätte des verstorbenen Mieters als wahrscheinlichere Infektionsquelle.

Das Landgericht Krefeld weist die Berufung zurück. Für den Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität müsse gemäß § 286 ZPO der sogenannte Vollbeweis erbracht werden. Das Gericht darf sich danach nicht mit einer bloßen Wahrscheinlichkeit begnügen. Auch eine Häufung von Indizien, die den zwingenden Schluss einer krankheitsverursachenden Infektion des verstorbenen Mieters zulassen würde, wurde von dem Landgericht in dem vorliegenden Fall verneint. Als entscheidendes Argument wurde herangezogen, dass der zum Tode führende Legionellenerreger der Serogruppe 1 in der streitgegenständlichen Wohnung bzw. dem Objekt gerade nicht nachgewiesen wurde.

Im Zivilprozess gilt der allgemeine Grundsatz, dass derjenige, der einen Anspruch geltend macht, die dafür notwendigen Voraussetzungen darlegen und beweisen muss. Bloße Wahrscheinlichkeiten oder Mutmaßungen gelten nicht als Vollbeweis im Sinne des Gesetzes. Die Gerichte sind daher gehalten, streitigen Sachverhalt durch entsprechende Beweisaufnahmen (z.B. durch Sachverständigengutachten, Zeugen- oder Urkundenbeweis) aufzuklären und gestützt auf diese Beweismittel zu entscheiden, ob eine Behauptung für wahr oder für unwahr gehalten wird. In Anbetracht dieser sogenannten Beweislastverteilung scheitern viele Zivilprozesse allein daran, dass der notwendige Vollbeweis nicht erbracht werden kann. Vor Einreichung einer Klage ist daher genau zu überprüfen, welche Beweismittel zur Verfügung stehen.

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