Wohnraummietrecht

Duldungspflicht von Instandsetzungsarbeiten bei fehlender Ankündigung?

  1. Grundsätzlich kann eine Verletzung der Duldungspflichten des Mieters gemäß § 555a BGB zur Durchführung von Instandsetzungsarbeiten als schuldhafte Vertragsverletzung bewertet werden, die den Ausspruch einer Kündigung rechtfertigen kann (im Anschluss an BGH, Urteil vom 15.04.2015; VIII ZR 281/13).
  2. Dies setzt allerdings einen fälligen Anspruch auf Duldung der Erhaltungsmaßnahmen voraus. Dem Mieter muss dafür zuvor eine ordnungsgemäße und rechtzeitige Ankündigung der geplanten Maßnahme zugehen. Soweit der Vermieter gegen seine Ankündigungspflicht verstößt, ist der Mieter zur Duldung der Maßnahme nicht verpflichtet.

Amtsgericht Berlin-Mitte, Urteil vom 01.04.2022; 104 C 380/21

In der Wohnung des Mieters tritt ein Wasserschaden auf. Der Vermieter beauftragt eine Fachfirma zur Beseitigung der Schäden. Diese soll mit dem Mieter direkt in Kontakt treten, um Termine zur Durchführung der Arbeiten zu vereinbaren. Die Fachfirma teilt mit, dass der Mieter die vereinbarten Termine nicht wahrgenommen habe. Es wird von Vermieterseite eine Abmahnung ausgesprochen. Der Mieter meldet sich daraufhin beim Vermieter und teilt mit, dass er die Termine der Handwerker nicht wahrnehmen könne, er sich aber in der kommenden Woche zwecks Vereinbarung neuer Termine melden wolle. Der Vermieter kündigt sodann Arbeiten vom 31.05. bis 04.06.2021 jeweils in den Zeiten von 8:30 bis 17:00 Uhr an. Der Mieter übergibt der Hausverwaltung des Vermieters einen Wohnungsschlüssel. Der Vermieter kündigt mit Schreiben vom 09.06.2021 zum 30.09.2021 die Durchführung von Arbeiten für den 24.06.2021 an. Am 09.07.2021 spricht der Vermieter die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses aus. Er behauptet, von 12 angebotenen Terminen habe der Mieter drei abgelehnt und zu den anderen Terminen keinen Zutritt gewährt. Er klagt auf Räumung.

Das Amtsgericht stellt zunächst grundsätzlich unter Bezugnahme auf das Urteil des BGH vom 15.04.2015; VIII ZR 281/13, fest, dass die Weigerung des Mieters zur Duldung von Instandsetzungsarbeiten in der Mietwohnung auch eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen kann. Eine solche Vertragspflichtverletzung setze jedoch voraus, dass gegenüber dem Mieter ein Duldungsanspruch begründet worden ist. Im vorliegenden Sachverhalt sei diese Voraussetzung schon nicht gegeben. Eine ordnungsgemäße Ankündigung von Mängelbeseitigungsmaßnahmen sei nicht in der bloßen Übersendung des Angebots einer Fachfirma oder der bloßen Mitteilung von Terminen zu sehen. Angesichts des Umfangs der beabsichtigen Arbeiten hätte der Mieter vielmehr darüber informiert werden müssen, wie lange die Arbeiten in etwa dauern und wie insbesondere sein Eigentum gesichert und Ersatzwohnraum ggf. zur Verfügung gestellt werde.

Es stellt einen großen Irrtum in der Praxis dar, dass es der schnelleren Abwicklung von Mängelbeseitigungsmaßnahmen guttun würde, wenn die Terminvereinbarung in die Hände der beauftragten Handwerker gelegt wird! Das Gegenteil ist der Fall. Telefonische Terminabsprachen lassen sich i.d.R. im Streitfall schwer zurückverfolgen oder nachweisen, sodass es für ein Beweisangebot im Streitfall ausreicht. Zudem ersetzt ein Telefonanruf des Handwerkers sicherlich nicht die gesetzlichen Vorgaben für die Ankündigung von Instandsetzungsmaßnahmen. Der Mieter muss nach Art, Zeit und Umfang der Maßnahmen darüber in Kenntnis gesetzt werden, was auf ihn zukommt. In der Regel gilt zudem eine Ankündigungsfrist von mindestens zwei Wochen (je nach Umfang der Arbeiten) und natürlich auch das sog. Rücksichtnahmegebot, sodass auch auf zumutbare Belange des Mieters Rücksicht zu nehmen ist.

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