Wohnraummietrecht

Datenschutzrechtliche Aspekte bei der Bearbeitung einer Beschwerde über eine Messi-Wohnung durch die Hausverwaltung

BGH, Urteil vom 22.02.2022, VI ZR 14/21

Der Kläger ist Mieter einer Wohnung über die nachbarliche Beschwerden aufgrund von Geruchsbildung geführt werden. Es soll sich bei der Wohnung des Klägers um eine sogenannte Messi-Wohnung handeln. Der Mieter nimmt den beklagten Vermieter auf Auskunft in Anspruch, welche Mitbewohner sich über die Geruchsbelästigung und einen Ungezieferbefall beschwert haben. Die Auskunftsklage blieb in erster und zweiter Instanz ohne Erfolg. Der Kläger verfolgt seinen behaupteten Anspruch auf Erteilung der Auskünfte vor dem Bundesgerichtshof weiter.

Vor dem Bundesgerichtshof erlangt der Mieter einen Etappensieg. Der BGH hebt das Berufungsurteil auf und verweist den Rechtsstreit an das Landgericht zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zurück. Da die Hausverwaltung mit Hilfe elektronischer Datenverarbeitung erfolgt, bejaht der BGH grundsätzlich den geltend gemachten Auskunftsanspruch aus Art. 15 der Datenschutz-Grundverordnung. Der Mieter ist eine sogenannte „betroffene Person“, da seine personenbezogenen Daten in der Hausverwaltung gespeichert und verarbeitet werden. Das Auskunftsrecht umfasst grundsätzlich auch die Bereitstellung einer Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der elektronischen Datenverarbeitung sind, Art. 15 Abs. 3 S. 1 DSGVO. Zu dem Auskunftsrecht gehört ferner die Offenlegung über die Herkunft der Daten, die nicht unmittelbar selbst bei dem Kläger erhoben worden sind, Art. 15 Abs. 1g DSGVO. Der BGH gibt zu bedenken, dass der Kläger grundsätzlich ein gerechtfertigtes Interesse haben kann, sich gegen unbegründete Beschwerden zu wehren und Unterlassungsansprüche gegenüber die sich aus seiner Sicht unberechtigt beschwerenden Mitbewohner geltend zu machen. Zugleich – so der BGH – sei zu beachten, dass die Weitergabe der Daten des sich beschwerenden Mieters grundsätzlich nur zulässig ist, wenn dieser in die Weitergabe der Daten einwillige, Art. 6 der DSGVO. Diese Einwilligung sei hingegen entbehrlich, wenn die berechtigten Interessen des Klägers überwiegen und schutzwürdige Belange des sich beschwerenden Mieters nicht entgegenstehen, Art. 6 Abs. 1f DSGVO. In dem Rechtsstreit sieht der BGH die Darlegungs- und Beweislast für das etwaig überwiegende Schutzinteresse des Hinweisgebers bei dem Vermieter. Dieser muss mithin konkrete Tatsachen benennen, die das überwiegende Interesse des Hinweisgebers an einer Geheimhaltung begründen sollen. Gelingt ein entsprechender Beweis nicht, ist die Auskunft über die bei der Hausverwaltung gespeicherten Daten gegenüber dem klagenden Mieter zu erteilen. Zur näheren Aufklärung der wechselseitigen Interessen verweist der BGH den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurück.

Da die Mietverwaltung ohne Einbeziehung elektronischer Datenverarbeitung nicht mehr denkbar ist, müssen die Vorgaben der DSGVO gewahrt werden. Der Mieter hat grundsätzlich einen Anspruch auf Auskunft über die verarbeiteten und gespeicherten Daten. Dieser Auskunftsanspruch kann in einem Wohnraummietverhältnis, insbesondere bei längerer Mietdauer, einen erheblichen Umfang annehmen und insbesondere ein Betätigungsfeld für querulatorische Anliegen darstellen. Bei der Erteilung von Auskünften ist wiederum zu beachten, dass Datenschutzrechte Dritter nicht verletzt werden. Bei dem hier betroffenen Hinweisgeber auf unhaltbare Zustände wird eine Interessenabwägung erforderlich. Es ist in einer solchen Konstellation sachgerecht, bei dem Hinweisgeber abzufragen, ob eine Einwilligung zur Verarbeitung der mitgeteilten Daten erteilt wird. Soweit die Einwilligung ausbleibt, ist sodann abzuwägen, ob schutzwürdige Belange zu beachten sind, dies ist sodann jeweils eine Sache des Einzelfalls. Im Hinblick auf die umfassende Schadensersatzverpflichtung für materielle und immaterielle Schäden bei fehlerhafter Datenverarbeitung aus Artikel 82 DSGVO ist – unbeschadet der Lästigkeit – eine sorgfältige Beachtung der Datenschutzvorgaben geboten.

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