Anforderung an die Pflichtverletzung und die Erforderlichkeit einer Abmahnung bei einer ordentlichen Kündigung
Für eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung muss die Vertragspflichtverletzung des Mieters nicht erheblich sein; es genügt vielmehr, wenn sie „nicht unerheblich“ ist. Ferner ist eine Abmahnung keine zwingende Voraussetzung einer ordentlichen Kündigung.
LG Itzehoe, Urteil vom 15.03.2024; 9 S 28/23
Sachverhalt
Die Parteien waren durch ein Wohnraummietverhältnis verbunden. Die Mieter waren aus dem Mietvertrag verpflichtet, eine Mietkaution in Höhe von 2.000,00 € zu Beginn des Mietverhältnisses in drei Raten zu leisten. Die Mieter zahlten indes trotz dreimaliger schriftlicher Zahlungsaufforderung die vereinbarte Kaution jedoch nicht. Sodann kündigte der Vermieter das Mietverhältnis fristlos wegen Zahlungsverzugs, hilfsweise ordentlich. Zwei Monate nach Erhebung der Räumungsklage leisteten die Mieter nachträglich die geschuldete Mietkaution. Die beklagten Mieter machen im Räumungsprozess geltend, die Kaution sei aufgrund eines ihnen zustehenden Zurückbehaltungsrechtes nicht fällig gewesen. Die Kündigung des Mietverhältnisses sei daher unwirksam. Das Amtsgericht Pinneberg weist die Klage des Vermieters ab. Der Vermieter legt Berufung vor dem Landgericht Itzehoe ein.
Entscheidung
Mit Erfolg! Das Landgericht erkennt dem Vermieter den Räumungs- und Herausgabeanspruch zu! Das Mietverhältnis ist durch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung beendet worden. Eine ordentliche Kündigung setzt eine „nicht unerhebliche Pflichtverletzung“ gem. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB voraus. Die Pflichtverletzung muss mithin gerade nicht erheblich sein. Es genügt insofern – aufgrund des eindeutigen Wortlauts -, dass sie „nicht unerheblich“ ist. Zur Bewertung der Pflichtverletzung bedarf es einer Betrachtung des konkreten Einzelfalles. Vorliegend war die gesamte Kaution nicht gezahlt. Die Voraussetzungen für eine außerordentliche fristlose Kündigung nach § 569 Abs. 2a BGB lagen daher vor, so dass auch von einer Erheblichkeit im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB ausgegangen werden kann. Die Nichtzahlung der Kaution trotz Mahnung begründet mithin eine schuldhafte, nicht unerhebliche Verletzung vertraglicher Pflichten.
Eine Abmahnung war für die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung in Abgrenzung zur außerordentlichen Kündigung nicht erforderlich. Nach dem BGH ist eine Abmahnung keine zwingende Voraussetzung für eine ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Durch eine Abmahnung kann allenfalls im Einzelfall einer Pflichtverletzung des Mieters ein höheres Gewicht zukommen.
Fazit
Das Urteil verdeutlicht, dass es für die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung eines Mietverhältnisses einer „erheblichen Pflichtverletzung“ gerade nicht bedarf. Vermieterseits bedarf es jedoch einer Begründung im Einzelfall, dass eine Pflichtverletzung des Mieters nicht bloß unerheblich ist. Eine Regelwirkung geht jedenfalls von einer Pflichtverletzung dann aus, wenn – wie in diesem Fall – auch der Tatbestand einer außerordentlichen Kündigung erfüllt ist. Hinsichtlich des Abmahnungserfordernisses wendet das Landgericht Itzehoe konsequent langjährige höchstrichterliche Rechtsprechung an.