Wettbewerbsrecht

Werbung mit „Immobilienbewertung in zwei Minuten“ und „Immobilienwert Rechner 2020“ ist irreführend, wenn der Nutzer nach Eingabe seiner Daten kein unmittelbares und konkretes Ergebnis erhält, sondern vielmehr darauf hingewiesen wird, dass er für eine bessere Schätzung mit dem Werbenden Kontakt aufnehmen soll.

LG Berlin, Urteil vom 14.09.2021; 103 O 69/20

Sachverhalt

Die Beklagte betreibt eine Webseite für den Verkauf, Vertrieb und die Verwaltung von Immo­bilien. Dabei bietet sie auch eine kostenlose Wertermittlung von Objekten an. Bei Google warb sie mit der Anzeige „Immobilienbewertung in zwei Minuten“. Nach Weiterleitung auf die Web­seite der Beklagten konnte der Nutzer weitere Angaben machen und seine E-Mail-Adresse eingeben. Darauf erhielt er eine Nachricht, dass man für die Bewertung weitere Informationen benötige, die man telefonisch mit dem Nutzer besprechen wolle. Unstreitig erfolgte keine Bewertung in zwei Minuten.

Ebenfalls warb die Beklagten auf Facebook mit einem „Immobilienwert Rechner 2020“. Gab der Nutzer nach Weiterleitung auf die Seite der Beklagten dort seine Postleitzahl ein, wurden ihm drei verschiedene Preise für wenige Sekunden gezeigt. Ebenfalls erfolgte ein Hinweis, dass er für eine genaue Schätzung telefonisch mit der Beklagten in Kontakt treten solle.

Die Wettbewerbszentrale verklagte den Makler daraufhin auf Unterlassung, nachdem dieser keine Unterlassungserklärung abgegeben hatte

Entscheidung

Der Makler wird vom LG Berlin zur Unterlassung verurteilt. Stelle man auf den Empfänger­horizont eines durchschnittlichen Verbrauchers ab, so verstehe dieser die Aussage „Immo­bilienbewertung in zwei Minuten“ so, dass dem Nutzer in zwei Minuten ein aktueller Marktwert seiner Immobilie aufgezeigt werde, auch wenn es sich nur um eine oberflächliche Information handele. Dies schließe auch die Zeit mit ein, die der Nutzer für die Eingabe der betreffenden Daten benötige. Dabei sei zu beachten, dass sich die Werbung nicht nur an verkaufswillige Verbraucher richte, sondern auch an solche, die aus allgemeinem oder anderweitigem Inte­resse den Marktwert einer bestimmten Immobilie in Erfahrung bringen möchten. Die Werbe­aussage sei auch von wettbewerbsrechtlicher Relevanz, da sie geeignet sei, den Nutzer zu einer Entscheidung zu bewegen, die er ansonsten nicht getroffen hätte. Vorliegend sei die Schnelligkeit einer Dienstleistung ein für die Auswahl relevanter Faktor, da der Nutzer eher eine Bewertung in zwei Minuten durchführen lasse, als sich auf eine unbestimmte Zeitspanne einzulassen.

Auch die Aussage „Immobilienwert Rechner 2020“ sei irreführend. Der Durchschnittsver­braucher verstehe diese grundsätzlich so, dass er nach Eingabe seiner Daten unmittelbar ein Ergebnis erhalte. Im Internet seien Rechenprogramme verbreitet, mit denen der Verbraucher Werte oder Beiträge unterschiedlicher Art ermitteln lassen könne (wie beispielsweise Gebühren-, Kalorien- oder Gehaltsrechner). Das allgemeine Verkehrsverständnis des Begriffs „Rechner“ liege darin, dass, wie bei der Benutzung eines (Taschen-) Rechners das Ergebnis der Berechnung ohne weitere Verzögerung oder Zwischenschritte sofort erlangt werde. Dies sei durch die tatsächlichen Verhältnisse nicht gegeben gewesen, da der Nutzer drei ver­schiedene Ergebnisse erhalten habe, die nur für kurze Zeit sichtbar gewesen seien und auf eine weitere Kontaktaufnahme verwiesen wurde. Dies sei aus den gleichen Gründen wie bei der ersten Aussage irreführend gewesen.

Fazit

Auch eine Werbeaussage, die über die Schnelligkeit einer bestimmten Dienstleistung – wie hier der Immobilienbewertung – täuscht, ist irreführend für den Verbraucher und daher wett­bewerbswidrig

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