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Wann liegt ein Auskunftsvertrag vor?

Der stillschweigende Abschluss eines Auskunftsvertrags zwischen Geber und Empfänger der Auskunft und damit eine vertragliche Haftung des Auskunftsgebers für die Richtigkeit seiner Auskunft ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn die Auskunft für den Empfänger erkennbar von erheblicher Bedeutung ist und er sie zur Grundlage wesentlicher Entschlüsse machen will. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen der Auskunftsgeber für die Erteilung der Auskunft besonders sachkundig oder ein eigenes wirtschaftliches Interesse bei ihm im Spiel ist.

Hanseatisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 18.03.2020; 6 U 142/18

Sachverhalt

Der Eigentümer einer Immobilie hatte provisionspflichtig den Makler beauftragt, ihm Kauf­interessenten nachzuweisen bzw. einen Kaufvertrag zu vermitteln. Der Makler wies eine Bau­trägergesellschaft nach. Bei der Vorbereitung des Kaufvertrages fiel auf, dass die Käuferin nicht unter der von ihr angegebenen Anschrift zu ermitteln war. Der Makler verlangte im Auf­trag des Verkäufers deshalb weitere Angaben von der Bauträgergesellschaft, insbesondere wie der Kauf finanziert werden solle bzw. ob die die Finanzierung noch geklärt werden müsse. Unter dem Betreff „Verkaufsangebot xw … Hamburg …“ schrieb die Beklagte, die Anwältin ist und ein Steuerbüro führt, unter ihrem Briefkopf „Anwaltskanzlei & Steuerbüro“. Der Inhalt des Schreibens lautet wie folgt:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

wunschgemäß bestätige ich Ihnen, dass die Firma … im Rahmen der Projektierung vorgenannte Liegenschaft nach Vorlage entsprechender Absichtserklärungen, derzeit über ausreichend Mittel verfügen wird, um den Kaufpreis in Höhe von 410.000,00 € zuzüglich aller Kaufnebenkosten zahlen zu können.“.

Die Käuferin hatte dieses Schreiben von der Beklagten erhalten und an den Verkäufer weiter­geschickt. Dieser wies das Schreiben zurück und verlangte ein direkt an ihn gerichtetes Bestätigungsschreiben, das ihm vor Unterzeichnung des Kaufvertrages im Original vorliegen müsse. Der Verkäufer erhielt daraufhin unmittelbar vor Beurkundung des Kaufvertrages das an ihn persönlich gerichtete Schreiben, das inhaltlich dem ersten Schreiben entsprach. Der Verkäufer schloss daraufhin den Kaufvertrag ab. Die Käuferin zahlte den Kaufpreis nicht. Der Verkäufer beauftragte einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen und trat zurück. Er macht gegenüber der Beklagten die Anwaltskosten geltend und verlangt von dem Provisionsanspruch des Maklers freigehalten zu werden. Das Landgericht Hamburg gibt der Klage überwiegend statt. Das OLG weist die Berufung der Beklagten durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurück.

Entscheidung

Der Senat führt aus, dass zwar die Sachkunde des Auskunftsgebers und die Bedeutung der Auskunft für den Empfänger allein nicht ausreichen müsse, um einen Auskunftsvertrag zu bejahen, sondern das dies lediglich Indizien darstellen, die in die Würdigung des konkreten Falles einzubeziehen sind. Für den stillschweigenden Abschluss eines Auskunftsvertrages ist nach Auffassung des Gerichts entscheidend darauf abzustellen, ob die Gesamtumstände unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung und des Verkehrsbedürfnisses den Rückschluss zulassen, dass beide Teile nach dem objektiven Inhalt ihrer Erklärungen die Auskunft zum Gegenstand vertraglicher Rechte und Pflichten gemacht haben. Dass vorliegend die Auskunft für den Kläger von besonderer Bedeutung war, folgt allein schon aus der wirtschaftlichen Bedeutung des Kaufvertrages mit einem Kaufpreis von 410.000,00 €. Die Beklagte hatte als Rechtsanwältin und Inhaberin eines Steuerbüros auch den Eindruck erweckt, dass sie aufgrund eines Mandatsverhältnisses mit der Käuferin Kontakt zur Käuferin und Zugang zu den entsprechenden Informationen habe. Die besonderen Umstände des Falls ergeben sich vorliegend weiter daraus, dass die Auskunft ausdrücklich an den Kläger adressiert war. Die Beklagte war auch nicht auf Seiten des Klägers in die Vertragsverhandlungen eingeschaltet. Sie war nicht Vertragsgehilfin. Ihre Tätigkeit beschränkte sich auf die Auskunftserteilung, so dass diese eine besondere und eigenständige Bedeutung erhielt. Die Formulierung in ihrem Schreiben sei so auszulegen, dass die Beklagte bestätigte, dass die Käuferin den Kaufpreis bezahlen könne. Die Verwendung des Begriffs „derzeit“ bedeute nur, das sich die Bestätigung auf die aktuell vorliegenden Unterlagen beziehe. Da die Beklagte selbst nicht behauptete, dass es Zusagen (wenn auch nur in Form von Absichtserklärungen) gab, die dem Käufer zum Zeitpunkt der Fälligkeit die Zahlung ermöglicht hätten, hat sie den Auskunftsvertrag auch verletzt.

Fazit

Ein Schuldverhältnis gemäß § 311 Abs. 3 BGB entsteht insbesondere dann, wenn ein Dritter, der nicht selbst Vertragspartei werden soll, in besonderem Maß Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlung oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst. Die Abgrenzung, ob der Erklärung des Auskunftsgebenden ein Wille zu einer rechtlichen Bindung zu entnehmen ist, oder er nur aufgrund einer außervertraglichen Gefälligkeit handelt, ist anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung der Angelegenheit zu berücksichtigen.

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