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Wann liegt die Verbrauchereigenschaft vor?

BGH, Urteil vom 28.05.2020; III ZR 58/19

In der Entscheidung des BGH vom 28.05.2020, III ZR 58/19, war Gegenstand der rechtlichen Prüfung, ob und in welchem Umfang ein Notar gehalten ist, zu überprüfen, ob der Käufer eines Grundstücks Verbraucher ist. Im Rahmen des Kaufvertrages erwarb der Käufer ein Mehrfamilienhaus mit vier teilweise vermieteten Eigentumswohnungen zum Kaufpreis von insgesamt 140.000,00 €. Der Käufer hatte den Kaufvertragsentwurf vor dem Beurkundungs­termin nicht erhalten. Es ging deshalb um die Frage, ob der Käufer als Verbraucher nach § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 Beurkundungsgesetz zu belehren war. Der Notar war von einer teilgewerb­lichen Tätigkeit des Käufers ausgegangen, weil dieser erwogen hatte, einzelne Wohnungen nach Renovierung zu verkaufen. Der BGH hat die Verbrauchereigenschaft des Käufers bejaht und führt hierzu unter anderem Folgendes aus:

„Unter einer gewerblichen Tätigkeit versteht man ein planmäßiges, auf eine gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen am Markt unter Teilnahme am Wettbewerb. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht erforderlich. Dabei setzt ein solchermaßen planvolles Handeln einen gewissen organisatorischen Mindestaufwand voraus. Die hier in Rede stehende Verwaltung eigenen Vermögens stellt hingegen regelmäßig keine gewerbliche Tätigkeit dar, sondern ist dem privaten Bereich zuzu­ordnen. Dazu gehört auch der Erwerb oder die Verwaltung einer Immobilie. Die Höhe der verwaltenden Werte ist ebenso wenig maßgeblich wie der Umfang der Fremdfinan­zierung, die beim Immobilienerwerb regelmäßig zur ordnungsgemäßen Verwaltung gehören kann. Die Aufnahme von Fremdmitteln lässt daher für sich genommen nicht auf ein Gewerbe schließen.

Ausschlaggebende Kriterien für die Abgrenzung der privaten von der berufsmäßig betriebenen Vermögensverwaltung sind vielmehr der Umfang, die Komplexität und die Anzahl der damit verbundenen Vorgänge. Erfordern diese einen planmäßigen Geschäftsbetrieb – wie etwa die Unterhaltung eines Büros oder einer Organisation – so liegt eine gewerbliche Betätigung vor. Ob der mit der Vermögensverwaltung verbundene organisatorische und zeitliche Aufwand das Bild eines planmäßigen Geschäftsbetriebs vermittelt, ist eine Frage des Einzelfalls. Die Anzahl der erworbenen Immobilien ist für sich betrachtet nicht maßgeblich.

Auch der Weiterverkauf erworbenen Grundbesitzes fällt grundsätzlich in den Bereich privater Vermögensverwaltung; ein unternehmerischer Grundstückshandel kommt erst dann in Betracht, wenn ein bestimmtes Maß überschritten wird. Ob ein bei Erwerb einer oder mehrerer Immobilien bereits geplanter oder potenziell in Betracht gezogener Ver­kauf – im Gegensatz zur Vermietung – einen gewerbsmäßigen Grundstückshandel dar­stellen kann, beurteilt sich ebenfalls nach den Umständen des Einzelfalls und insoweit vor allem nach dem erforderlichen Aufwand und der Notwendigkeit einer geschäfts­mäßigen Organisation.“

Fazit

Die Abgrenzung eines Verbrauchergeschäfts zu einer (teil-)gewerblichen Tätigkeit bereitet immer wieder, insbesondere im Immobilienhandel und Maklergeschäft, Schwierigkeiten. Das vorliegende Urteil des BGH macht deutlich, dass die Maßstäbe, die dem Käufer oder im Maklerrecht dem Maklerkunden noch eine Marktverbrauchereigenschaft zubilligen, weit gezogen werden. Der Makler sollte deshalb auch bei geringen Zweifeln an der Verbraucher­eigenschaft vorsorglich von einem Verbrauchergeschäft ausgehen und dem Kunden Wider­rufsbelehrung und Musterwiderrufserklärung erteilen.

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