Newsletter Wohnungseigentumsrecht

Videoüberwachung von Gemeinschaftseigentum

AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 09.08.2019; 980b C 1/19 WEG

Sachverhalt

Die Wohnungseigentümer hatten in einer vorhergehenden Versammlung bereits beschlossen, Kellerflur und Garage durch jeweils mit Aufnahmefunktion ausgestattete Videokameras zu überwachen, um Straftaten gegen das Gemeinschaftseigentum und die Bewohner der Anlage abzuwehren und ggf. abzuklären. Die Geräte wurden in der Folge beschlussgemäß installiert. In einer nachfolgenden Versammlung wurde die Wartung und der Zugriff auf die Videoanlage zwei Einzeleigentümern übertragen. Sodann beschloss die Gemeinschaft, nunmehr auch das Treppenhaus im Eingangsbereich mit Blick auf Hauseingangstür und Whiteboard zu über­wachen, wobei letzteres dem Aufbau eines Abschreckungspotential dienen sollte, um Haus­bewohner davon abzuhalten Müll oder Sperrmüll einfach in dem Raum oder in den nicht dafür vorgesehenen Müllbehältern abzulegen. Gegen die Überwachung des Eingangsbereichs und des Müllraums erhob ein Wohnungseigentümer Anfechtungsklage.

Entscheidungsgründe

Der Einbau einer Videoanlage zur Überwachung von Teilen des Gemeinschaftseigentums sei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht generell unzulässig, sondern grundsätzlich zulässig, wenn die Überwachung durch die Gemeinschaft erfolge und die Voraussetzungen des § 6b BDSG a.F. ‑ jetzt § 4 BDSG ‑ eingehalten seien. Dafür sei erforderlich, dass das Über­wachungsinteresse der Gemeinschaft das Interesse des einzelnen Wohnungseigentümers und von Dritten, deren Verhalten mitüberwacht würden, überwiege und dass die Ausgestaltung der Überwachung inhaltlich und formell dem Schutzbedürfnis des Einzelnen ausreichend Rechnung trage.

Der Beschluss hinsichtlich der Überwachung des Eingangsbereichs sei bereits deshalb unwirk­sam, weil er keinen Überwachungszweck benenne. Auch die Überwachung des Müllraums sei rechtswidrig beschlossen worden, da eine Überwachung zur Schaffung eines „Abschreckungs­potenzials“, also zur Disziplinierung der Bewohner schlichtweg nicht verhältnismäßig sei, hier überwiege das Interesse des Schutzes der Privatsphäre.

Fazit

Möchte eine Wohnungseigentümergemeinschaft eine Videoüberwachung beschließen, ist es unausweichlich, in dem jeweiligen Beschlusstext den Zweck der Überwachung genau zu definieren. Die Überwachung sollte einem Zweck dienen, der das schutzwürdige Interesse des jeweils überwachten Eigentümers oder mitüberwachten Dritten, frei von Überwachung zu bleiben, überwiegt. In Betracht kommt insofern tatsächlich der Schutz vor Straftaten wie Sachbeschädigung, Einbruchsdiebstahl oder Körperverletzung. Der reine Disziplinierungseffekt hinsichtlich einer ordnungsgemäßen Müllentsorgung genügt hingegen nicht.

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