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Verwirkung der Courtage bei formnichtiger Ankaufsvereinbarung

  1. Eine Doppeltätigkeit ist im Immobiliengeschäft regelmäßig nur dann Verwirkungsgrund, wenn eine Vermittlungstätigkeit (keine bloße Nachweistätigkeit) auf beiden Seiten vorliegt und dies dem Kunden nicht vorher offengelegt oder von ihm ausdrücklich gestattet wird.
  2. Eine Reservierungsvereinbarung ist unwirksam, wenn auf den Kunden unzulässiger wirt­schaftlicher und scheinbar rechtlicher bzw. tatsächlich moralischer Druck in erheblichem Ausmaß ausgeübt wird.
  3. Bei formnichtigen Ankaufsvereinbarungen verwirkt ein Immobilienmakler seinen Lohn­anspruch dann, wenn er mit an Vorsatz grenzender Leichtfertigkeit seinen Auftraggeber veranlasst, eine „Ankaufsverpflichtung“ zu unterzeichnen, um bei dem Auftraggeber den Eindruck einer Verpflichtung zum Kauf und zur Zahlung von erfolgsunabhängigem Makler­lohn zu erwecken. Es genügt zur Verwirkung, dass beim Kunden der irrige Eindruck ent­steht, ihm stehe die Entschließungsfreiheit, die ihm der Gesetzgeber bis zum formge­rechten Abschluss des Kaufvertrags zubilligt, nicht mehr zu.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.10.2018; 7 U 194/17

Sachverhalt

Der Kläger verlangt von der beklagten Maklerfirma die Rückforderung der Käuferprovision. Der Kläger hatte die von der Beklagten vorgelegte „Reservierungsverein­barung/Ankaufsverpflichtung“ unterschrieben. Eine Widerrufserklärung erhielt der Kläger. Die Reservierungsvereinbarung/Ankaufsvereinbarung hatte folgenden Wortlaut:

„Herr … im nachfolgenden als Käufer bezeichnet, erklärt hiermit rechtsverbindlich handelnd, das von vorgenannter Immobilienfirma nachgewiesene und nachstehend bezeichnete Objekt, wie angeboten zu kaufen (…). Der Kaufpreis beträgt: 615.000 € (…). Die E-Immobilien- und VerwaltungsGmbH wird hiermit beauftragt, die Vorbe­reitung zur notariellen Vertragsunterzeichnung in die Wege zu leiten (…). Die Makler­provision in Höhe von 3,57 % incl. MwSt. wird vom Käufer bezahlt und ist bei notarieller Beurkundung fällig. (…) Sollte der notarielle Kaufvertrag, aus Gründen, die der Käufer zu vertreten hat (z.B. Baufinanzierung), nicht zustande kommen (…),erklärt der Käufer sich ausdrücklich bereit, die entstandenen Kosten zu übernehmen (…). An die E-Immobilien- und Verwaltungs GmbH ist vom Käufer eine Reservierungsgebühr i.H.v. 2.000 € zu entrichten, die bei erfolgreich abgeschlossenen notariellem Kauf­vertrag auf die Maklerprovision angerechnet wird. Bei Nichtzustandekommen des Kaufvertrages bestehen seitens des Käufers keine Rückforderungsansprüche der Reservierungsgebühr. Diese Reservierung wird erst nach Eingang der Reservierungs­gebühr wirksam. (…) Die Vertragsparteien halten sich bis zum Ablauf des 31.08.2016 an diese Vereinbarung. (Sollte es zu einem späteren Zeitpunkt zum Abschluss eines Kaufvertrages kommen, berührt dies nicht die o.g. Provisionsvereinbarung).“

Der Kläger zahlte nach Kaufvertragsabschluss an die Beklagte 21.955,50 €.

Entscheidung

Das OLG Düsseldorf verurteilt die Beklagte zur Rückzahlung der Provision. Die Beklagte hat nach Auffassung des OLG Düsseldorf die Provision in analoger Anwendung von § 654 BGB verwirkt. Durch die Verwendung der von der Beklagten vorformulierten Reservierungs-/Ankaufsverpflichtung werde auf den Kunden ein unzulässiger wirtschaftlicher und scheinbar rechtlicher bzw. tatsächlich moralischer Druck in erheblichem Ausmaß ausgeübt. Die Ankaufs­verpflichtung sei deshalb gemäß § 311b BGB formnichtig.

Durch die Formulierung „rechtsverbindlich handelnd“ erwecke sie den falschen rechtlichen Eindruck, dass sich der Käufer schon durch seine Unterschrift rechtlich bindet. Der Kauf­interessent müsse trotz beigefügter Widerrufsbelehrung und zeitlicher Befristung annehmen, dass er sich mit seiner Unterschrift bereits zu nicht unerheblichen Zahlungen bzw. Schadens­ersatz verpflichtet bzw. verpflichten kann. Die Reservierungsvereinbarung enthalte eine erfolgsunabhängige Zahlung von 2.000,00 €, das sind rund 9 % des üblichen Maklerhonorars. Die Reservierungsvereinbarung sei jedoch nicht isoliert formuliert, sondern sei vielmehr ver­bunden mit der „Ankaufsverpflichtung“. Damit entstehe beim Kunden der irrige Eindruck, ihm stehe die Entscheidungsfreiheit, die ihm der Gesetzgeber bis zum formgerechten Abschluss des Kaufvertrages zubilligt, nicht mehr zu. Entscheidend für die Anwendung von § 654 BGB ist, dass unzulässiger Druck auf die Entscheidungsfreiheit des Kunden ausgeübt wird. Vorliegend wurde die Beklagte bereits beauftragt, die Vorbereitungen zu der notariellen Vertragsunterzeichnung in die Wege zu leiten.

Von einem Makler sei zu erwarten, dass er sich über die elementaren Anforderungen an seine Tätigkeit informiere: Ihm müsse deshalb die Form und Wirksamkeit der Ankaufsverpflichtung und die Fehlerhaftigkeit der Reservierungsvereinbarung bzw. der Verpflichtung zur Kosten­übernahme bekannt sein.

Fazit

Vorliegend geht es nicht nur um die Rückzahlung der Reservierungsgebühr, sondern auch um die Rückzahlung der Provision. Grundsätzlich können zwar formunwirksame Vereinbarungen mit Beurkundung des Kaufvertrages wirksam werden, vgl. § 311b Abs. 1 S. 2 BGB (die sog. Heilung), jedoch ist der Vorwurf des treuwidrigen Verhaltens eine häufig vom Makler unter­schätzte Gefahr für die Provision. Es kann deshalb nur angeraten werden, Formularverträge zu überprüfen und der herrschenden Rechtsprechung anzupassen.

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