Newsletter Wohnungseigentumsrecht

Verbot der Namensnennung in einer Einladung zur Wohnungseigentümerver­sammlung?

OLG München, Urteil vom 27.10.2021; 20 U 7051/20

Sachverhalt

Der Kläger nimmt den WEG-Verwalter sowie den Datenschutzbeauftragten einer WEG-Ver­waltung auf Schadensersatz in Anspruch, nachdem der Name des Klägers zu einem Tages­ordnungspunkt in einer Einladung zu einer Eigentümerversammlung benannt wurde. Der Tagesordnungspunkt betraf einen Legionellenbefall in der Einheit des Klägers. Der Kläger meint, in seinen Datenschutzrechten verletzt zu sein und beansprucht Schadensersatz. Das in erster Instanz mit der Angelegenheit befasste Landgericht hat die Klage abgewiesen und zugrunde gelegt, dass dem Kläger zwar grundsätzlich ein Schutz seiner persönlichen Daten zu gewähren ist und eine Namensnennung in einer mit Hilfe elektronischer Datenverarbeitung erstellten Ein­ladung eines berechtigten Interesses bedarf. Dieses berechtigte Interesse bejahte das Land­gericht, da die Wohnungseigentümer über den Legionellenbefall in der Wohnung des Klägers zu informieren waren. Hierzu war sowohl die Nennung der Wohnung als auch die Nennung des betroffenen Eigentümers gerechtfertigt. Hiergegen wendet sich der Kläger mit einer Berufung zum OLG München.

Entscheidung

Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht bestätigt indes, dass die mit Hilfe einer elektronischen Datenverarbeitung erstellte Einladung zu einer Eigentümerversammlung den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung unterliegt. Bei einer ungerechtfertigten Datenver­arbeitung und -bekanntgabe kann der betroffene Wohnungseigentümer grundsätzlich für materielle, aber auch immaterielle Schäden einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Wohnungseigentumsverwalter als datenschutzrechtlich Verantwortlichen geltend machen, Art. 82 Abs. 1 Datenschutz-Grundverordnung. Das OLG München bestätigt jedoch, dass die Datenverarbeitung mit einem berechtigten Interesse erfolgt sei. Der Legionellenbefall in der Wohnung des Klägers betrifft das gemeinschaftliche Interesse sämtlicher Wohnungseigen­tümer, eine Verkeimung der Trinkwasseranlage zu beseitigen. Die Nennung der Namen der von dem Legionellenbefall betroffenen Eigentümer dient damit der Wahrnehmung berechtigter Interessen im Sinne des § 6 Abs. 1c und f DSGVO. Eine Beschränkung der Bekanntgabe der Daten auf die Wohnungsnummer hielt das Oberlandesgericht München nicht für ausreichend, da die Miteigentümer bei einer nur abstrakten Bezeichnung der betroffenen Wohnung keinen Kontakt mit dem Kläger hätten aufnehmen können. Ein Anspruch auf Anonymität innerhalb der Gemeinschaft bestehe nicht.

Das OLG München bestätigt ferner, dass die Inanspruchnahme des Datenschutzbeauftragten verfehlt ist. Dieser erfüllt gegenüber dem Kläger keine unmittelbaren Verpflichtungen, zudem ist der Datenschutzbeauftragte gegenüber dem WEG-Verwalter nicht weisungsbefugt, sodass eine unmittelbare Einflussnahme auf die Art und Weise der Datenverarbeitung nicht besteht. Auch insoweit bestätigt das OLG die klagabweisende Entscheidung des Landgerichts.

Fazit

Aufgrund der Speicherung der Daten der Wohnungseigentümer in elektronischen Dateien und der Verwendung von EDV-Systemen in der Wohnungseigentumsverwaltung sind die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung fortlaufend zu beachten. Der hier vorliegende Sachverhalt zeigt auf, wie schnell datenschutzrechtliche Probleme in alltäglichem Verwaltungshandeln betroffen sein können. Der in der Datenschutz-Grundverordnung vorgesehene Schadensersatz­anspruch für materielle und immaterielle Schäden ist ohne Erheblichkeitsschwelle gestaltet, sodass jede Verletzung des Datenschutzes grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch nach sich ziehen kann, auch bei Bagatellverstößen. Die Einzelheiten zur Ausgestaltung des Schadensersatzanspruches insbesondere für immaterielle Schäden sind in der Rechtsprechung noch völlig offen. Bei dem Europäischen Gerichtshof ist ein Verfahren zur Konkretisierung der anzuwendenden Grundsätze seit dem 01.12.2021 anhängig. Es bleibt abzuwarten, welche Maß­stäbe der Europäische Gerichtshof den nationalen Gerichten aufzeigt. Zur Vermeidung daten­schutzrechtlicher Beanstandungen ist es geboten, in der WEG-Verwaltung die Verwendung per­sönlicher Daten, insbesondere die Namensnennung und die Weitergabe von E-Mail-Adressen auf das Minimum zu reduzieren.

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