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Unrichtige Eintragung der Wohnfläche ist ein wesentlicher Mangel

  1. Eine Verpflichtung des Erwerbers zur Abnahme besteht nur dann, wenn die Leistung des Bauträgers (hier: im Hinblick auf das Gemeinschaftseigentum) voll­ständig und frei von wesentlichen Mängeln ist, das Werk also abnahmereif ist.
  2. Die unrichtige Eintragung der Wohnfläche einer an den Erwerber verkauften Eigentumswohnung in der Abgeschlossenheitsbescheinigung, der Teilungs­erklärung und im Wohnungsgrundbuch stellt einen wesentlichen Rechtsmangel dar.

OLG Hamm, Urteil vom 30.07.2019; 24 U 6/18

Sachverhalt

Die Käuferin erwarb vom Bauträger eine noch zu errichtende Eigentumswohnung im Staffel­geschoss eines Bauvorhabens. Die der Abgeschlossenheitsbescheinigung zu Grunde liegenden Pläne wiesen hinsichtlich der Wohnung einen Balkon mit einer Grundfläche von 40,38 m² aus. Der Balkon ist mit 50 % in die Wohnfläche eingerechnet. Bei der Realisierung des Bauvor­habens wurde der Balkon abweichend von den der Teilungserklärung zu Grunde liegenden Plänen ausgeführt und verkleinert. Die Beklagte erhielt einen Restkaufpreis zurück. Der klagende Bauträger erklärte den Rücktritt und verklagte die Käuferin, in die Löschung der für sie eingetragenen Auflassungsvormerkung einzuwilligen Zug um Zug gegen Zahlung des bereits geleisteten Kaufpreises und die Wohnung herauszugeben. Die Beklagte macht die feh­lende Fälligkeit des Kaufpreises geltend, da das Bauvorhaben nicht nach der Baubeschreibung fertiggestellt worden sei. Eine Abnahmereife sei nicht gegeben, da die vertraglichen Eigen­tumsanteile wegen des Abweichens der tatsächlich vorhandenen Fläche des Balkons von der vertraglich geschuldeten Fläche nicht den Eigentumsverhältnissen entsprachen.

Entscheidung

Das OLG weist die Berufung des Klägers gegen das klagabweisende Urteil des Landgerichts zurück. Das Gemeinschaftseigentum sei durch die Beklagte weder ausdrücklich noch konklu­dent abgenommen worden. Die Beklagte hätte vielmehr ausdrücklich erklärt, dass sie das Gemeinschaftseigentum „derzeit“ nicht abnehmen könne.

Aufgrund der unrichtigen Eintragung der Wohnfläche der verkauften Wohnung in die Abge­schlossenheitsbescheinigung, die Teilungserklärung und das Wohnungsgrundbuch liege ein Rechtsmangel vor. Sondereigentum entstehe nur in den Grenzen, die sich aus dem zur Ein­tragung in das Grundbuch gelangenden Aufteilungsplan ergeben. Weil der Kläger eine kleinere Gesamtwohnfläche herstellte, als er sie vertraglich schuldete, liegt auch ein Sachmangel vor. Bezüglich des Sachmangels hatten die Parteien aber eine Einigung erzielt im Hinblick auf eine Minderung des Kaufpreises. Unberührt davon blieb der Rechtsmangel.

Der Rechtsmangel war wesentlich, da damit verbunden war ein unrichtiger Verteilungs­schlüssel im Verhältnis zu den übrigen Wohnungseigentümern. Dies führte zu einer höheren Belastung der Beklagten an den Lasten und Kosten des Gemeinschaftseigentums. Da der Kläger noch Eigentümer der Eigentumswohnung war, hätte er gegenüber den anderen Wohnungseigentümern einen ihm zustehenden Anspruch auf Anpassung des Aufteilungsplans an die tatsächliche Bauausführung notfalls klagweise geltend machen müssen. Mangels Ab­nahme des Gemeinschaftseigentums war der Restkaufpreis des Klägers nach dem Kaufvertrag nicht fällig, so dass dem Kläger ein Rücktrittsgrund nicht zustand.

Fazit

Eine von den Bau– und Verkaufsplänen abweichende verkleinerte Bauausführung begründet nicht nur einen Sachmangel, der vorliegend auf Grund der Einigung der Parteien über einen Kaufpreisnachlass seine Erledigung gefunden hatte. Vielmehr berührt die tatsächlich erstellte kleinere Wohnfläche auch die sachenrechtliche Bestimmtheit hinsichtlich der Lage und Größe des Sondereigentums, dass dann nicht den Angaben in der Teilungserklärung, dem Auf­teilungsplan und dem Wohnungsgrundbuch entsprach. Dies begründet den Rechtsmangel. Der Rechtsmangel war nur insoweit „heilbar“ als der Kläger durch die ihm als „Noch-Eigentümer“ gegenüber den weiteren Wohnungseigentümern zustehende Forderung, den Aufteilungsplan an die tatsächliche Bauausführung anzupassen nicht geltend gemacht bzw. nicht klagweise durchgesetzt hat.

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