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Schriftform: Hinzusetzen eines Firmen-Stempels reicht nicht immer

Ausschluss von Konkurrenzschutz in Verbindung mit Betriebspflicht mit Sortimentenbindung ist unzulässig!

  1. Das Hinzusetzen eines (Firmen-) Stempels zu der Unterschrift eines von mehreren gesamtvertretungsberechtigten Geschäftsführern weist denjenigen, der die Unterschrift geleistet hat, dann nicht als alleinunterschriftsberechtigt für die Gesellschaft aus, wenn die Urkunde aufgrund ihres sonstigen Erscheinungsbildes nicht den Eindruck der Voll­ständigkeit erweckt (Abgrenzung zu Senatsurteil vom 23.01.2013; XII ZR 35/11).
  2. Ein vertragsimmanenter Vertragsschutz kann grundsätzlich auch für Mieter in einem Ein­kaufszentrum bestehen.
  3. Der formularmäßige Ausschluss des Konkurrenzschutzes in einem Einkaufszentrum bei gleichzeitiger Festlegung einer Betriebspflicht mit Sortimentenbindung benachteiligt den Mieter unangemessen und ist unwirksam.

BGH, Urteil vom 26.02.2020; XII ZR 51/19

Sachverhalt

Die Parteien waren durch einen für zehn Jahre befristeten Gewerberaummietvertrag über ein Fastfood-Restaurant in einem Einkaufszentrum miteinander verbunden. Der Vertrag sah eine formularmäßige Betriebspflicht mit Sortimentenbindung und den Ausschluss eines Konkur­renzschutzes vor. Im Jahr 2015 schlossen die Parteien einen weiteren Nachtrag, mit dem ein neuer Mitmieter aufgenommen werden sollte. Die Mieterin und Beklagte zu 1. – eine GmbH – sollte nach dem Rubrum dieses Nachtrags durch zwei gesamtvertretungsberechtigte GmbH-Geschäftsführer vertreten werden. In der Unterschriftenzeile unterzeichnete davon nur ein Geschäftsführer unter Beifügung des Firmenstempels. Das zweite vorgesehene Unterschriften­feld blieb leer. Im Jahr 2016 kündigten die Mieter den Mietvertrag unter Berufung auf einen Schriftformverstoß gem. § 550 BGB. Ferner wurde eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund ausgesprochen, weil sie eine Betriebspflicht ohne Konkurrenzschutz zu erfüllen hätten. Die Klägerin begehrt mit der Klage die Feststellung, dass der Mietvertrag fortbesteht. Das Landgericht gab der Klage statt.

Entscheidungsgründe

Die Revision hatte Erfolg. Der BGH bejaht einen Schriftformverstoß. Der Nachtrag enthalte mit der Aufnahme einer neuen Mitmieterin eine wesentliche Vertragsbestimmung. Die gesetz­liche Schriftform sei nach der bisherigen Rechtsprechung zwar gewahrt, wenn nur eines der zur gemeinschaftlichen Vertretung berufenen Organmitglieder der Gesellschaft den Vertrag unterzeichnet und die Unterschrift den Hinweis enthält, dass das unterzeichnende Organ­mitglied auch diejenigen Organmitglieder vertreten will, die nicht unterzeichnet haben. Dies gelte aber nur so lange, wie nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde die Unterschrift des Unterzeichners in seiner Eigenschaft als Mitglied des mehrgliedrigen Organs abgegeben ist. Zweifel an der Vollständigkeit der Unterschriftsleistung, die sich aus der Urkunde selbst ergeben, liegen nach der Entscheidung vor, weil das Rubrum eine Vertretungsregelung der Kapitalgesellschaft enthält und die Unterschrift ohne Vertretungszusatz erfolgt. Anders läge der Fall, wenn nach dem Erscheinungsbild der Urkunde der Unterzeichner für sich allein die Berechtigung zum Abschluss des Vertrags in Anspruch nimmt und dies durch einen die alleinige Vertretung der Gesellschaft anzeigenden Zusatz kenntlich macht. Solch ein Zusatz könne auch in der Verwendung eines autorisierten Firmen- oder Betriebsstempels liegen. Anders läge es aber in dem hier zu entscheidenden Sachverhalt. Mit dem Stempelzusatz wird die Urkunde nach ihrem äußeren Anschein nicht abgeschlossen, weil das vorgesehene zweite Unterschriftsfeld mit dem Namen des zweiten Geschäftsführers gerade nicht unterzeichnet worden ist. Es fände sich auch kein Hinweis etwa in Form eines Vertretungszusatzes für den zweiten Geschäftsführer in Form einer ausdrücklichen Bezugnahme auf die bereits geleistete Unterschrift oder in Form einer Streichung des vorgesehenen Unterschriftenfeldes, dass der Vertragsschluss mit der einen Unterschrift bereits vollständig vollzogen sei. Ein möglicher Erwerber des Grundstücks könne nicht erkennen, ob alle erforderlichen Unterschriften geleistet worden sind oder nicht.

Darüber hinaus bejaht der BGH auch die bisher in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage der Wirksamkeit einer formularmäßigen Vereinbarung einer Betriebspflicht mit Sortimentsbindung unter Ausschluss des Konkurrenzschutzes dahingehend, dass eine Unwirk­samkeit wegen unangemessener Benachteiligung vorliegen würde. Mit dem Ausschluss des Konkurrenzschutzes werde in die Hauptleistungspflicht des Vermieters eingegriffen. Dieser habe die ungestörte Gebrauchsüberlassung der Mietsache zu gewährleisten. Wird dem Mieter zusätzlich eine Betriebspflicht mit Sortimentsbindung auferlegt, fehle es ihm an Möglichkeiten, sich durch Veränderung des eigenen Angebots an die entstandene Konkurrenzsituation anzu­passen oder zumindest durch Verkürzung seiner Betriebszeiten seine Kosten zu reduzieren. Als Rechtsfolge ergäbe sich allerdings unmittelbar nur die Unwirksamkeit der betreffenden Klausel. Dies begründet für sich genommen keinen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung. Der BGH zieht allerdings eine Kündigung wegen Verletzung eines vertragsimmanenten Konkurrenzschutzes in Betracht und verweist diese Frage für weitere Tatsachenfeststellungen zurück an das Landgericht, um noch Feststellungen zu der konkreten Konkurrenzsituation und der Frage der Unzumutbarkeit der Fortsetzung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungs­frist treffen zu können.

Fazit

Mit der Entscheidung werden Rechte von Gewerberaummietern im Hinblick auf bestehende Konkurrenzsituationen – gerade auch in Einkaufszentren – gestärkt. Die lange umstrittene Frage über die Wirksamkeit der Klauselkombination zwischen Konkurrenzschutzausschluss und Betriebspflicht wird zugunsten der Mieter geklärt. Bei der Prüfung von Schriftformver­stößen gilt erneut, eine genaue Überprüfung für den jeweiligen Einzelfall vorzunehmen. Das Vorhandensein eines Stempels ist ‑ wie diese Entscheidung zeigt ‑ keinesfalls ein Allheilmittel. Vor unüberlegten, ungeprüften Kündigungen unter Berufung auf Schriftformverstöße kann daher nur gewarnt werden.

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