Newsletter Wohnungseigentumsrecht

Rückbau-Anspruch bei einer baulichen Veränderung

Ein Beschlussergebnis kann nicht unter der Bedingung festgestellt werden, dass kein Wohnungseigentümer innerhalb einer bestimmten Frist widerspricht; geschieht dies dennoch, ist ein Beschluss nicht zustande gekommen.

BGH, Urteil vom 06.07.2018, V ZR 221/17

Sachverhalt

In einem 1909 errichteten Wohngebäude wird 1992 das Dachgeschoss zu einer Wohnung ausgebaut. 1996 wird das Grundstück in Wohnungseigentum aufgeteilt. Die beklagten Eigen­tümer der Dachgeschosswohnung wünschten einen Ausbau der Gauben und stellten einen entsprechenden Antrag. Der Verwalter übersandte den Wohnungseigentümern eine Beschlussvorlage unter Fristsetzung von zwei Wochen und stellte den Antrag zur Abstimmung, ob die Beklagten dem gewünschten Ausbau der im Einzelnen beschriebenen Gauben durchführen dürften.

Vor Fristablauf stimmte ein Wohnungseigentümer mit Nein. Kurz nach Fristablauf zog er seine Nein-Stimme zurück und stimmte mit Ja. Der Verwalter teilte dem Wohnungseigentümer mit, dass der Beschluss eigentlich abgelehnt sei, die Verwaltung werde aber den Beschlussantrag trotzdem als angenommen werten, wenn nicht binnen Wochenfrist kein Eigentümer widerspreche. Die Beklagten bauten die Gaube. Die Kläger verlangen von der Beklagten, die von ihnen neu errichtete Gaube zurückzubauen.

Entscheidung

Der BGH bestätigt die Entscheidung des Landgerichts Hamburg, wonach den Klägern kein Anspruch auf Entfernung und Rückbau der Gaube zustehe. Zwar handele es sich um eine bau­liche Veränderung, so dass alle Wohnungseigentümer zustimmen müssten, denen durch den Ausbau ein Nachteil erwachse. Die Errichtung einer 2,30 m hohen Gaube auf einer Breite von 6,50 m stelle eine erhebliche optische Veränderung des Gebäudes dar, die die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderliche mache. Ein zustimmender Beschluss sei vorliegend aber nicht erfolgt, da ein Wohnungseigentümer innerhalb der vom Verwalter gesetzten Frist mit Nein gestimmt hatte. Auch im schriftlichen Verfahren kommt ein Beschluss erst mit der Feststellung und einer an alle Wohnungseigentümer gerichteten Mitteilung des Beschluss­ergebnisses zustande. Wegen der Rechtssicherheit sei eine verbindliche Feststellung eines Beschlusses erforderlich. Ein Beschlussergebnis könne nicht unter einer Bedingung festgestellt werden.

Ein Rückbauanspruch sei vorliegend aber nicht gegeben, weil die Zustimmung aller Wohnungseigentümer zum Ausbau der Gaube vorlag. Unter dem Gesichtspunkt wider­sprüchlichen Verhaltens verstößt es gegen Treu und Glauben, dass die Rückgängigmachung einer Baumaßnahme verlangt wird, der die Kläger und die anderen Wohnungseigentümer zugestimmt hatten. Wenn für einen Wohnungseigentümer ein Vertrauenstatbestand geschaffen ist, sei widersprüchliches Verhalten als rechtsmissbräuchlich zu werten.

Fazit

Der BGH entscheidet auch in diesem Urteil nicht über die Frage, ob den Anforderungen des § 22 Abs. 1 WEG bereits auf Grund der Zustimmung aller Wohnungseigentümer Genüge getan ist oder ob der Vorschrift erst Genüge getan wird, wenn ein förmlicher Beschluss vorliegt. Erweist sich nämlich das Verhalten des auf Rückbau klagenden Eigentümers, nachdem alle Wohnungseigentümer dem Ausbau zugestimmt hatten, als rechtsmissbräuchlich, so soll der Rückbauanspruch entfallen.      

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