Newsletter Wohnungseigentumsrecht

Nutzung eines in der Teilungserklärung bezeichneten Teileigentums zur tageweisen Unterbringung von wohnungslosen Personen

  1. Die tageweise Unterbringung von wohnungslosen Personen in einer Gemeinschaftsunter­kunft zur Vermeidung von Obdachlosigkeit ist in der Regel nicht als eine zu Wohnzwecken dienende Nutzung, sondern als heimähnliche Unterbringung anzusehen, die grundsätzlich in Teileigentumseinheiten erfolgen kann.
  2. Hält sich eine Nutzung von Wohn- und Teileigentum im Rahmen der Zweckbestimmung, kann sich ihre Unzulässigkeit nicht aus dem Charakter der Anlage und den diesen prägenden örtlichen Verhältnissen ergeben.

BGH, Urteil vom 08.03.2019; V ZR 330/17

Sachverhalt

Ein Teileigentümer vermietet seine zwei Teileigentumseinheiten, die in der Teilungserklärung als „Laden“ bezeichnet sind, an eine gewerbliche Mieterin, die in den Räumen eine Einrichtung zur Vermeidung von Obdachlosigkeit betreibt. Die Obdachlosen werden tageweise unter­gebracht. Die Räume sind nicht abschließbar. Küche, Toilette und Bad werden gemeinschaft­lich genutzt. Die Wohnungseigentümer beschließen in der Versammlung den Teileigentümer auf Unterlassung der Nutzung der Einheit zu Wohnzwecken bzw. der Überlassung zu Wohn­zwecken an Dritte in Anspruch zu nehmen.

Entscheidung

Die Klage der Wohnungseigentümergemeinschaft wird abgewiesen. Die Nutzung von Teil­eigentum als Einrichtung zur tageweisen Unterbringung von Obdachlosen durch die gewerb­liche Mieterin des Beklagten ist nicht dem Wohnen zuzurechnen. Eine Nutzung als Heim oder heimähnliche Einrichtung dient nicht zu Wohnzwecken. Es fehlt an einer Eigengestaltung der Haushaltführung und des häuslichen Wirkungskreises. Die Unterbringung der Obdachlosen ist vielmehr heimtypisch organisiert. Die Bezeichnung der Einheiten als „Laden“ in der Teilungs­erklärung steht der Nutzung als Gemeinschaftsunterkunft nicht entgegen. Aus der Teilungs­erklärung geht nicht mit der erforderlichen Klarheit hervor, dass die Einheiten ausschließlich als Laden genutzt werden dürfen, da die Einheiten lediglich im Zusammenhang mit der Auf­teilung und der räumlichen Lage ohne weitere Erläuterung als „Läden“ bezeichnet werden. In ähnlicher Weise werden in der Teilungserklärung auch Wohnung und Dachraum benannt. Da es sich um ein bereits bestehendes Gebäude handelt, kann davon ausgegangen werden, dass mit der Bezeichnung „Laden“ damit auf die zur Zeit der Aufteilung ausgeübte Nutzung Bezug genommen wird. Die Nutzung zur tageweisen Unterbringung von Obdachlosen bewegt sich damit im Rahmen der Zweckbestimmung.

Hält sich die Nutzung aber im Rahmen der Zweckbestimmung, kann ein Unterlassungs­anspruch nicht daraus gerechtfertigt werden, dass die Nutzung den Charakter der Anlage und den diesen prägenden örtlichen Verhältnissen nicht entspricht. Diese Umstände sind wenig greifbar und können sich verändern. Den Wohnungseigentümern steht damit kein Anspruch auf Unterlassung der Überlassung der Räume zur Nutzung zur tageweisen Unterbringung zu. Den Wohnungseigentümern steht nur der Anspruch auf Unterlassung der konkreten Beeinträchtigungen zu.

Fazit

Steine statt Brot für die klagenden Wohnungseigentümer. Störendes Verhalten, wie Rauchen im Innenhof, klingeln bei anderen Bewohnern, Blockieren des Hauseingangs, Verschmutzung der Anlage kann von den Wohnungseigentümern abgemahnt bzw. im Wege der Unter­lassungsklage geltend gemacht werden. Ein Anspruch auf Unterlassung der Nutzung durch die gewerbliche Mieterin besteht nicht. Ansprüche gegenüber dem Teileigentümer könnten nur im Wege der Unterlassungsklage und – als letztes Mittel – durch die Entziehungsklage durch­gesetzt werden.

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