Newsletter Wohnraummietrecht

Neues zur Hamburger Mietpreisbremse:

Urteil des Amtsgericht Hamburg-Altona vom 23.05.2017, Az. 316 C 380/16

In einem Urteil mit möglicherweise weitreichenden Folgen für den Hamburger Mietmarkt hat das Amtsgericht Hamburg-Altona die Klage eines Mieters auf Rückzahlung von angeblich unter Verstoß gegen die Mietpreisbremse durch die Vermieterin vereinnahmten anteiligen Mieten abgewiesen.

Sachverhalt

Einige Monate nach Mietvertragsabschluss rügte der Mieter gegenüber der Vermieterin die Höhe der mietvertraglich vereinbarten Miete und forderte für den Zeitraum nach Eingang seiner Rüge monatlich € 364,97 zurück. Der Mieter stellt sich auf den Standpunkt, die gemietete Wohnung sei allenfalls beim oberen Drittelwert des Mietenspiegelfeldes F3 einzuordnen.

Die Vermieterin argumentierte demgegenüber, die Mietpreisbremse sei verfassungswidrig; jedenfalls sei die Hamburgische Verordnung über die Einführung einer Mietpreisbegrenzung nach § 556d BGB vom 23. Juni 2015 nicht von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Weiter stellte die Vermieterin sich auf den Standpunkt, die Mietpreisbremse sei ungeeignet, dass Unterangebot an Wohnraum zu verringern und Wohnraum zu schaffen. Für einkommens-schwächere Bevölkerungsschichten ergebe sich keine Marktöffnung, da bei einem sinkenden Preis die Nachfrage weiter ansteigen werde. Die Regelung über die Mietpreisbremse könne eine Gentrifizierung nicht verhindern, da sie ausschließlich zukünftige Mieter schütze.

Auch verstoße die Mietpreisbremse gegen das Erforderlichkeitsprinzip, weil der Staat dem angespannten Wohnungsmarkt durch Neubau von Wohnungen deutlich effektiver begegnen könne als durch die Mietpreisbremse. Die Mietpreisbremse finde zudem keinen angemessenen Ausgleich zwischen verfassungsrechtlicher Eigentumsgarantie und Sozialpflichtigkeit des Eigentums. § 556d BGB wahre ferner nicht das Bestimmtheitsgebot. Die Mietpreisbremse schränke auch verfassungswidrig die von Art. 2 des Grundgesetzes gewährleistete Vertragsfreiheit ein. Sie verstoße ferner gegen den Gleichheitsgrundsatz, da Vermieter landesweit nicht gleich behandelt und insbesondere die Mietspiegel in verschiedenen Regionen anderweitig festgelegt werden. Insbesondere fehle es an einer Begründung der Hamburgischen Rechtsverordnung zur Mietpreisbremse.

In Teilen Hamburgs liege überdies überhaupt kein Wohnungsmangel vor. Eine Studie des Center for Real Estate Studies (CERES) belege, dass Hamburg über einen funktionierenden Mietwohnungsmarkt verfüge. Schließlich finde die Mietpreisbremse auf die hier gegen-ständliche Mietwohnung ohnehin keine Anwendung, da diese vor Vermietung umfassend modernisiert worden sei. Jedenfalls aber sei bei der Bemessung der ortsüblichen Vergleichsmiete der getätigte Modernisierungsaufwand erhöhend zu berücksichtigen.

Entscheidung des Gerichts

Das Amtsgericht Hamburg-Altona weist die Klage mit der Begründung ab, die Verordnung über die Einführung einer Mietpreisbegrenzung vom 23. Juni 2015 sei mangels Begründung nichtig. Aus § 556d Abs. 2 S. 5 BGB ergebe sich ausdrücklich, dass die Verordnung begründet werden müsse, was hier jedoch nicht geschehen sei. Unter einer Begründung verstehe man im Verwaltungsrecht die Mitteilung der wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Mitteilung des Senats an die Bürger-schaft vom 23.06.2015 (Bürgerschafts-Drucksache 21/860) erfülle diese Voraussetzung nicht.

Abgesehen von der Tatsache, dass der Mieter sie dem Gericht nach Schluss der mündlichen Verhandlung und damit verspätet vorgelegt habe, könne auch die Senatsdrucksache 2015/01119 keine ordnungsgemäße Begründung darstellen, da eine Begründung zu einer Rechtsverordnung öffentlich zugänglich sein müsse; dies sei hier jedoch nicht der Fall: Über das Transparenzportal der Stadt sei lediglich das Vorblatt der Drucksache abrufbar.

Konsequenzen für die Praxis

Für die Vermieterseite klingt dieses Urteil verheißungsvoll. Vor vorschnellen Jubelstürmen ist dennoch zu warnen: Das Urteil ist zum einen noch nicht rechtskräftig. Ob es im Instanzenzug Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. Zum anderen hat das Amtsgericht die Verordnung im Rahmen der Mietstreitigkeit überprüft, für nichtig befunden und deshalb nicht angewandt (sog. inzidente Normenkontrolle). Das Urteil hat jedoch keine allgemein kassierende oder die Nichtigkeit der Verordnung feststellende Wirkung. Jedes Zivilgericht kann und muss die Rechtmäßigkeit der Verordnung erneut überprüfen. Erst wenn sich hier eine ständige Rechtsprechung herausgebildet und verfestigt hat, wird man von einer Nichtigkeit der Mietpreisbremse in Hamburg ausgehen können. Einstweilen besteht lediglich eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass das Amtsgericht Hamburg-Altona bis zu einer etwaigen Aufhebung des hier besprochenen Urteils erneut so urteilen wird. Zuständig ist es aber nur für die in seinem Bezirk belegenen Mietwohnungen.

Schließlich besteht für die Freie und Hansestadt Hamburg auch immer noch die Möglichkeit, die Verordnung nachzubessern.

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