Mieterhöhung: Berechnung der Balkonfläche zur Ermittlung der Wohnungsgröße im Mieterhöhungsverfahren
AG Hamburg, Urteil vom 18.12.2019; 49 C 213/18
Sachverhalt
Der Vermieter beansprucht in einem seit 1999 laufenden Mietverhältnis die Anpassung der zu zahlenden Miete an die ortsübliche Vergleichsmiete. Zwischen den Mietvertragsparteien ist insbesondere die Wohnungsgröße streitig und zur zutreffenden Einordnung in den Mietenspiegel der Freien und Hansestadt Hamburg kommt es insbesondere auf die Größe des Balkons an, der zur Wohnung gehört. Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger ermittelt die Fläche des Balkons mit rund 2 m² und berücksichtigt diese Fläche zur Ermittlung der Gesamtwohnfläche mit einem Viertel unter Bezugnahme auf die Wohnflächenverordnung. Der Vermieter meint hingegen, dass die Balkonfläche mit der Hälfte entsprechend der Vorgabe der II. Berechnungsverordnung zu berücksichtigen sei, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages die maßgebliche Berechnungsvorschrift vorgab.
Entscheidung
Das Amtsgericht Hamburg folgt in der Berechnung der Wohnfläche der Berechnungsmethode des Sachverständigen und führt an, dass der Vermieter keine Anrechnung der Balkonfläche zur Hälfte anstatt nur zu einem Viertel geltend machen kann. Maßgeblich sei die Berechnung der Balkonfläche nach § 4 Nr. 4 der Wohnflächenverordnung und nicht nach § 44 Abs. 2 der II. BV.
Die Flächenberechnung unterscheide sich insoweit im Rahmen der ortsüblichen Vergleichsmiete signifikant von der Flächenberechnung im Rahmen des Gewährleistungsrechts zur Minderung der Miete nach § 536 BGB. Bei der Frage, ob ein Mangel der Wohnung bei Angabe einer Wohnfläche im Mietvertrag vorliegt, sei bei freifinanziertem Wohnraum anhand der für den preisgebundenen Wohnraum im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses geltenden Bestimmungen festzulegen. Dabei gab § 44 Abs. 2 der II. BV dem Vermieter die Wahl, die Balkone mit der Hälfte zu berücksichtigen. Insoweit wäre die Frage, ob es vorliegend einen Mangel der Wohnung in Form einer Wohnflächenabweichung gibt, in der Tat anhand der Berechnung der Wohnfläche zum Zeitpunkt der bei Mietvertragsabschluss geltenden Vorschriften zu bewerten, so dass der Balkon insoweit mit der Hälfte seine Fläche anzurechnen wäre.
Streitgegenständlich sei jedoch vorliegend die Abgabe einer Willenserklärung auf Zustimmung zur Mieterhöhung. Dabei bediene sich der Vermieter eines qualifizierten Mietenspiegels. Im Mieterhöhungsverfahren nach § 558 BGB komme es nur auf die tatsächliche Wohnungsgröße an. § 558 BGB solle es dem Vermieter ermöglichen, eine angemessene, am örtlichen Markt orientierte Miete zu erzielen. Für den Vergleich ist deshalb allein der objektive Wohnwert der zur Mieterhöhung anstehenden Wohnung maßgeblich, während etwaige Vereinbarungen der Mietvertragsparteien über die Wohnungsgröße im Mieterhöhungsverfahren keine Rolle spielen können, denn sonst würden nicht die tatsächlichen, sondern vertraglich fingierte Umstände berücksichtigt.
Wenn der Vermieter jedoch seinen Mietzins durch einen Vergleich mit einer ortsüblichen Vergleichsmiete des qualifizierten Mietenspiegels bestimmen könne, muss auch das Wohnwertmerkmal der Wohnungsgröße gem. § 558 Abs. 2 S. 1 BGB daher einheitlich nach der Wohnflächenverordnung bestimmt werden, denn die ortsübliche Vergleichsmiete bestimme sich durch eine repräsentative Erhebung der in § 558 Abs. 2 BGB abschließend aufgezählten Wohnwertmerkmalen, zu denen auch die Wohnungsgröße gehöre. Damit sich der Vermieter auf die ortsübliche Vergleichsmiete berufen könne, muss er die Wohnfläche, die er seinem Mieterhöhungsverlangen zugrunde legt, mithilfe der Wohnflächenverordnung bestimmen, da er ansonsten Flächen mit unterschiedlichen Bewertungskriterien vergleichen würde.
Fazit
Im Bereich der Wohnraummiete kann eine Wohnung unterschiedlich groß sein, je nachdem, unter welchem rechtlichen Aspekt die Wohnfläche betrachtet wird. Eine Wohnung hat zum einen eine objektiv bestimmbare bauliche Größe, die von der vertraglich vereinbarten erheblich abweichen kann. Bei der Bestimmung der vertraglich vereinbarten Wohnungsgröße ist auf das Regelwerk abzustellen, das zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags galt und – sofern keine Benennung eines Berechnungsmaßstabs erfolgte – ist auf die zu diesem Zeitpunkt ortsüblichen Berechnungsmethoden abzustellen. Für die Bestimmung der Wohnungsgröße im Mieterhöhungsverfahren sei indes – nach Auffassung des Amtsgerichts Hamburg ‑ auf das Regelwerk abzustellen, das zum Zeitpunkt des Erhebungsstichtags des Mietenspiegels Berücksichtigung fand. Diese Rechtsprechung ist bislang eine Einzelmeinung, die keine Stütze in der höchstrichterlichen Rechtsprechung findet.