Maklerrecht

Anforderungen an eine wirksame Widerrufsbelehrung

Zu den formellen Anforderungen (u.a. Verwendung eines einheitlichen „Rahmens“) an die Widerrufsbelehrung und an das Muster-Widerrufsformular (Anl. 1 und 2 zu Art. 246a § 1 Abs.  2 bzw. § 2 Abs.  2 EGBGB in der Fassung bis zum 27.05.2022)
Der Beginn der Widerrufsfrist hängt nicht von einer Erfüllung der Hinweispflicht gem. Art. 246a § 1 Abs.  3 Nr. 2 EGBGB a.F., § 356 Abs.  4 BGB a.F. ab.
Ein nachträgliches Provisionsversprechen des Maklerkunden ist jedenfalls dann als Eingehung eines Maklervertrages (und nicht als selbständiges Provisionsversprechen) zu verstehen, wenn die Übernahme der Courtageverpflichtung in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Nachweisleistung steht und zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem noch weitere, wenn auch für die Entstehung des Courtageanspruchs unerhebliche Leistungen des Maklers zu erwarten sind und wenn ferner noch ein (generelles) Interesse des Maklerkunden daran besteht, im Hinblick auf etwaige Aufklärungs- und Informationspflichten des Maklers in Bezug auf das Objekt einen Maklervertrag einzugehen.

OLG Hamm, Urteil vom 09.02.2023; 18 U 125/22

Durch ein Internetinserat der Sparkasse X (Makler) werden die Kläger auf ein zum Verkauf stehendes Einfamilienhaus aufmerksam. Die Kläger erhalten auf ihre Anfrage am 02.06.2020 eine PDF-Datei u.a. mit Belehrungen zum Widerruf, ein Muster-Widerrufsformular sowie eine Erklärung zum „Vorzeitigen Erlöschen des Widerrufsrechts“. Die Klägerin „klickt“ die Schaltflächen an und erhält den Link, der ihr das Exposé zugänglich macht.
Am 04.06.2020 besichtigen die Kläger das Objekt mit dem Makler und der Verkäuferin. Den Klägern sagt das Objekt zu. Nachdem die Verkäuferin sich zu einem Preisnachlass entschließt, sagt der Mitarbeiter des Maklers ebenfalls eine Provisionsreduzierung am 08.06.2020 mündlich zu. Er übermittelt den Klägern eine „Courtagevereinbarung“, in der die reduzierte Provisionsforderung aufgeführt ist. Der „Courtagevereinbarung“ ist eine Widerrufsbelehrung nicht beigefügt. Die Kläger unterzeichnen die Erklärung und senden sie zurück. Nach Erwerb zahlen sie die Provisionsrechnung über 22.809,00 €. Am 04.03.2021 erklären die Kläger den Widerruf und verlangen Rückzahlung der Provision. Das Landgericht Münster weist die Klage ab.

Das OLG Hamm weist die Berufung zurück und führt zum Klaganspruch der Klägerin zu 1) aus: Mit der Freischaltung des Exposés, spätestens mit der Vereinbarung des ersten Besichtigungstermins, ist mit der Klägerin der Maklervertrag zustande gekommen. Die Sparkasse, die als Makler tätig war, hatte im Internet-Inserat und im Anschreiben auf ihre Provisionsforderung hingewiesen. Das Widerrufsrecht der Klägerin war am 04.03.2021 erloschen, da die beklagte Sparkasse die Leistung vollständig erbracht hatte. Sie hatte das Exposé der Klägerin zugänglich gemacht, eine Besichtigung durchgeführt und den persönlichen Kontakt mit der Verkäuferin hergestellt. Die Klägerin hatte auch eine formell ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erhalten. Der Umstand, dass das „Widerrufsrecht“ und „Muster-Widerrufsformular“ innerhalb eines Rahmens (Kästchen) dargestellt sind, stellt nach Auffassung des Gerichts keine relevante Veränderung der Anlagen 1 und 2 zu Art. 246a und § 1 Abs. 2 EGBGB dar. Durch die Verwendung einer einheitlichen Umrahmung tritt keine Erschwerung der Ausübung der Verbraucherrechte ein.
Soweit von der Klägerin gerügt wurde, dass die Angabe der Telefonnummer im Muster-Widerrufsformular nicht angegeben war, führt das Gericht aus, dass bei einer rein formellen Betrachtung damit die Anforderungen für ein wirksames Muster-Widerrufsbelehrung nicht eingehalten seien. Eine Beeinträchtigung des Verbrauchers ließe sich aber nur annehmen, wenn mit der Angabe der Telefonnummer der Eindruck erweckt worden wäre, der Widerruf könne doch telefonisch erklärt werden. Ein derartiger Eindruck könne hier jedoch nicht entstehen, weil – entsprechend dem Muster-Widerrufsformular – eine Rücksendung des Formulars verlangt wird: „Wenn Sie den Vertrag widerrufen wollen, dann füllen Sie bitte dieses Formular aus und senden es zurück“.
Durch das Inaussichtstellen bzw. die Zusage einer Herabsetzung der Courtage von 5 % auf 4 % durch den Mitarbeiter der Sparkasse sei eine neuerliche Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden.
Auch dem Kläger zu 2) steht ein Anspruch auf Rückzahlung der Courtage nicht zu. Mit dem Kläger ist ein Maklervertrag zustande gekommen, in dem dieser die vor ausgefüllte „Courtagevereinbarung“ die u.a. ihn als „Auftraggeber“ auswies, am 12.06.2020 unterzeichnete und an die Beklagte zurückleitete. Dabei handelt es sich, so das Gericht, um ein sogenanntes nachträgliches Provisionsversprechen, das als (nachträglicher) Abschluss eines Maklervertrages zu verstehen ist. Die Eingehung der Courtageverpflichtung durch den Kläger erfolgte dabei in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Nachweisleistung des Maklers und zu einem Zeitpunkt, als noch weitere, wenn auch für die Entstehung des Courtageanspruch unerhebliche Leistungen der Beklagten als Maklerin zu erwarten waren und als noch ein Interesse des Klägers daran bestand, seinerseits im Hinblick auf etwaige Aufklärungs- und Informationspflichten der Beklagten in Bezug auf das Objekt einen Maklervertrag einzugehen. Dieser Maklervertrag mit dem Kläger war nicht widerruflich. Es handelte sich nicht um einen außerhalb von Geschäftsräumen gemäß § 312b Abs. 1 Nr. 3 BGB geschlossenen Vertrag, da das mündliche Gespräch, in dem die Beklagte die Herabsetzung der Provision zusagte, am 08.06.2020 stattfand, die Unterzeichnung des Maklervertrages am 12.06.2020. Der Kläger hat damit seine Vertragserklärung nicht unmittelbar auf eine Ansprache der Beklagten abgegeben, sondern erst 4 Tage später und im Übrigen erkennbar nicht in Ausnutzung eines Überraschungsmoments.
Es handele sich auch nicht um einen Fernabsatzvertrag im Sinne von § 312c BGB. Zu einem Vertragsschluss „unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln“ kommt es nicht, wenn der Verbraucher während der Vertragsanbahnung persönlichen Kontakt zu einem Mitarbeiter des Unternehmers oder einem vom Unternehmer bevollmächtigten Vertreter hat. Vorliegend fand eine „Anbahnung“ des Maklervertrages bereits am 08.06.2020 im persönlichen Kontakt statt, indem dem Kläger eine Reduzierung der Courtage zugesagt und mitgeteilt worden war, dass ihm ein schriftliches Dokument übersandt werde. Diese Äußerungen konnten seitens des Klägers nur dahin verstanden werden, dass im Rahmen der Provisionsherabsetzung nunmehr auch seinerseits eine Courtageverpflichtung – in Höhe von 4% zuzüglich Umsatzsteuer – begründet werden sollte.

Die Entscheidung macht deutlich, dass sowohl Widerrufsbelehrung wie auch Muster-Widerrufsformular ohne inhaltliche oder optische Abänderungen der vom Gesetzgeber vorgegebenen Muster-Widerrufsbelehrung und Muster-Widerrufsformular Verwendung finden sollten.

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