Newsletter Wohnungseigentumsrecht

Keine Haftung des vermietenden Eigentümers bei Schaden des Bauteils bei fahrlässig oder vorsätzlicher Handlung des Mieters

Der vermietende Eigentümer haftet nicht als Zustandsstörer, wenn der Schaden zwar von einem in seinem Eigentum stehenden Bauteil bzw. Gerät ausgeht, aber allein auf eine fahr­lässige oder vorsätzliche Handlung des Mieters zurückzuführen ist; nur wenn feststeht, dass die Beschaffenheit des Bauteils bzw. Geräts nicht ordnungsgemäß war und für den Schadens­eintritt zumindest mitursächlich gewesen sein kann, kann der Schaden in wertender Betrach­tung (auch) dem Eigentümer zuzurechnen sein.

BGH, Urteil vom 18.12.2020; V ZR 193/19

Sachverhalt

Ein Gebäudeversicherer verlangt nach einem Wasserschaden vom Eigentümer einer Teileigen­tumseinheit aus übergegangenem Recht 73.000,00 Euro. Das Gebäude besteht aus zwei Teileigentumseinheiten. In einer Einheit befindet sich ein Gastronomiebetrieb, die andere Ein­heit ist zum Betrieb einer Zahnarztpraxis vermietet. Im Dezember 2009 brach in der Zahn­arztpraxis bei Außentemperaturen von -20 °C eine von den früheren Eigentümern verlegte Kaltwasserleitung. Dies führte zu einem Wasserschaden in der Gastronomie-Einheit. Der Gebäudeversicherer regulierte den Schaden im dortigen Sondereigentum und verlangt nun vom Eigentümer der Praxis-Einheit Erstattung. Dem Eigentümer der Gastronomie-Einheit habe ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch zugestanden, der auf ihn als Versicherer übergegangen sei. Der Eigentümer der Praxis-Einheit meint, nicht er hafte für den Schaden, sondern nur der Mieter, weil der Schaden allein auf fehlende Beheizung zurückzuführen sei. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Der Eigentümer der Praxis-Einheit sei bezüglich der schadhaften Wasserleitung in wertender Betrachtung als Störer anzusehen. Er habe den Nutzen aus der Vermietung als Zahnarztpraxis gezogen und die Gefahr als Vermieter auch beherrschen können.

Entscheidung

Der BGH hebt die Entscheidung des Landgerichts auf und verweist den Rechtsstreit dorthin zurück, damit dieses prüfen kann, wie genau es zu dem Schaden gekommen war. Hiervon hängt ab, ob gegen den Eigentümer der Praxis-Einheit ein verschuldensunabhängiger nach­barrechtlicher Ausgleichsanspruch in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 S. 2 BGB besteht.

Ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch ist gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Grund­stück ausgehen, die der Eigentümer oder Besitzer des betroffenen Grundstücks nicht dulden muss, aber nicht unterbinden kann. Hierunter fallen auch Einwirkungen durch Wasser. Zudem muss der Betroffene Nachteile erleiden, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hin­zunehmenden Beeinträchtigung übersteigen. Ein solcher Anspruch kommt auch in Betracht, wenn – wie hier – ein Sonder- oder Teileigentum durch rechtswidrige Einwirkungen beein­trächtigt wird, die vom Sonder- oder Teileigentum eines anderen Wohnungseigentümers aus­gehen. Hingegen scheidet ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch aus, wenn die Nutzung des Sondereigentums durch einen Mangel des Gemeinschaftseigentums beeinträchtigt wird, was hier jedoch nicht der Fall ist. Die defekte Wasserleitung war dem Sondereigentum zuzu­ordnen, weil sie ausschließlich die Nutzung als Zahnarztpraxis ermöglichte und weder für den Bestand oder die Sicherheit des Gebäudes erforderlich war, noch dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer diente.

Eine Haftung des Eigentümers der Praxis-Einheit setzt voraus, dass dieser als Störer anzu­sehen ist. Die Störereigenschaft folgt nicht allein aus dem Eigentum oder Besitz an der Ein­heit, von der die Einwirkung ausgeht. Vielmehr muss die Beeinträchtigung des Nachbargrund­stücks oder der anderen Einheit wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers oder Besitzers zurückgehen. Dies muss in wertender Betrachtung im Einzelfall festgestellt werden. Wesentliche Zurechnungskriterien sind dabei u.a. die Veranlassung, die Gefahrenbeherr­schung oder die Vorteilsziehung. Es kommt daher entscheidend darauf an, was den Defekt an der Wasserleitung verursacht hat. Sollte der Schaden allein auf fehlendes Beheizen der Räum­lichkeiten durch den Mieter zurückzuführen sein, wäre der Eigentümer der Einheit weder als mittelbarer Handlungsstörer noch als Zustandsstörer verantwortlich. Steht hingegen fest, dass das Bauteil, von dem der Schaden ausgegangen ist, nicht ordnungsgemäß beschaffen (z.B. nicht hinreichend isoliert) war und für den Schadenseintritt zumindest mitursächlich gewesen sein kann, kann der Schaden auch dem Eigentümer zuzurechnen sein. Wenn die Verur­sachungsbeiträge von Eigentümer und Mieter nicht voneinander abgrenzbar sind, sind beide für den Schaden verantwortlich.

Fazit

Das Landgericht muss nun klären, ob die Leitung unzureichend isoliert war und dies den Schaden (mit-)verursacht haben könnte oder der Schaden ausschließlich auf mangelnde Beheizung durch den Mieter zurückzuführen ist. Hiernach richtet sich die Haftung des Eigen­tümers.

Seite drucken
WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner