Newsletter Wohnraummietrecht

Keine Anwendung der Kündigungssperre gem. § 577a Abs. 1a BGB, wenn Veräußerer und Erwerber der Immobilie derselben Familie angehören

Die Kündigungssperre gemäß § 577a Abs. 1a BGB (Kündigungsbeschränkung bei Wohnungsumwandlung) findet keine Anwendung, wenn Veräußerer und Erwerber der Immobilie derselben Familie angehören. Darunter fallen auch getrenntlebende oder geschiedene Ehepartner.

BGH, Urteil vom 02.09.2020; VIII ZR 35/19

Sachverhalt

Der Mieter hatte von dem Vater der aktuellen Vermieter im Jahr 2001 ein Einfamilienhaus angemietet. Im Jahr 2014 übertrug der Vater das Eigentum an dem Grundstück auf seinen Sohn und seine Schwiegertochter, die zu diesem Zeitpunkt bereits getrennt lebten. Im Jahr 2016 wurde die Ehe geschieden. Im Jahr 2017 kündigten die geschiedenen Eheleute als Ver­mieter das Mietverhältnis wegen Eigenbedarf. Der bestehende Eigenbedarf war unstreitig. Die Parteien stritten allerdings darüber, ob in dem vorliegenden Fall die Kündigungsbeschränkung des § 577a Abs. 1a BGB Anwendung finden würde. Die Räumungsklage hatte in den Vorinstanzen Erfolg.

Entscheidungsgründe

Auch die zugelassene Revision blieb erfolglos. Der BGH verneint die Anwendung einer Kündigungssperrfrist. Die Kündigungsbeschränkung gilt grundsätzlich auch dann, wenn der vermietete Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter an eine Personengesellschaft oder an mehrere Erwerber veräußert worden ist (§ 577a Abs. 1a Nr. 1 BGB). Diese Voraus­setzungen würden zwar grundsätzlich vorliegen. Die Regelung findet allerdings keine Anwen­dung, wenn Veräußerer und Erwerber derselben Familie angehören. Nach Ansicht des Senates sei es dafür unerheblich, ob die Eheleute getrennt oder geschieden seien. Auch der geschie­dene Ehegatte gehöre zur Familie im Sinne dieser Vorschrift. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers, soll zur Auslegung der Vorschrift auf die zu § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden, also den privilegierten Personenkreis für die Eigen­bedarfskündigung. Der BGH stellt für die Bestimmung des maßgeblichen Personenkreises auf die Wertungen der Regelung über ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen ab. Darunter fallen Ehegatten auch dann, wenn sie getrennt leben, ein Scheidungsantrag bereits eingereicht oder die Scheidung vollzogen ist. Auch dem geschiedenen Ehegatten steht daher weiterhin ein Zeugnisverweigerungsrecht zu.

Fazit

Eigentumsübertragungen innerhalb der weiträumig definierten Familie begründen also keinen weitreichenden Kündigungsschutz für den Mieter. In Hamburg beträgt die Sperrfrist nicht nur 3, sondern 10 Jahre.

Der BGH hat im Übrigen schon mit Urteil vom 31.03.2018, VIII ZR 104/17 entschieden, dass für die Kündigungsbeschränkung nach § 577a Abs. 1a S. 1 BGB nicht Voraussetzung ist, dass an dem vermieteten Wohnraum Wohnungseigentum begründet wird oder der Erwerber die Absicht hat, eine solche Wohnungsumwandlung vorzunehmen.

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