Kein Sachmangel der Wohnung
Wärmebrücken in den Außenwänden einer Mietwohnung und eine damit bestehende „Mangelgefahr“ sind, sofern die Vertragsparteien Vereinbarungen zur Beschaffenheit der Mietsache nicht getroffen haben, nicht als Sachmangel der Wohnung anzusehen, wenn dieser Zustand mit den zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes geltenden Bauvorschriften und technischen Normen im Einklang steht.
BGH, Urteil vom 05.12.2018; VIII ZR 17/18
Sachverhalt
Die Mieter einer 1968 errichteten preisgebundenen Wohnung begehren u.a. die Feststellung, dass sie wegen geometrischer Wärmebrücken und der damit verbundenen Schimmelbildungsgefahr zur Minderung der Miete in Höhe von 15 % monatlich und einem Zurückbehaltungsrecht berechtigt sind. Zu einer konkreten Schimmelpilzbildung an den Wänden ist es nicht gekommen. Besondere Vereinbarungen zur Wärmedämmung wurden zwischen den Parteien nicht getroffen. Das Landgericht gibt der Klage statt.
Entscheidung
Die Revision des Vermieters hat Erfolg. Der BGH hebt das Urteil auf. Die bloße Gefahr einer Schimmelpilzbildung stelle keinen Sachmangel im Sinne des Gesetzes dar. Die vertragsgemäßen Wohnungsbeschaffenheit richte sich als besonderer Vereinbarungen nach den geltenden Regeln der Baukunst zum Zeitpunkt der Gebäudeerrichtung (so die ständige Rechtsprechung des BGH). Maßgebliche DIN-Vorschriften, die eine Pflicht zur Wärmedämmung vorsahen, gab es in den Jahren 1947 bis 1978 nicht. Geometrische Wärmebrücken – besonders an den Außenwänden – seien daher als üblich anzusehen. Die Rechtsprechung des BGH zum Mindeststandard einer Wohnung – bezogen auf die Anschlussmöglichkeiten verschiedener Elektrogeräte zu heutigem Standard – fände keine Anwendung. Bei der Bewertung des Nutzungsverhaltens des Mieters gäbe es auch keine allgemeingültigen Maßstäbe. Dies könne nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles bestimmt werden. Das Berufungsgericht habe daher rechtsfehlerhaft angenommen, ein Mieter müsse das Schlafzimmer auf 16°C, die übrigen Räume auf nicht mehr als 20 °C beheizen, mit der Möblierung gegenüber kalten Außenwänden keinen Abstand einhalten und die Wohnung zweimal täglich 5-10 Minuten lüften. Die Mieter hatten sich darauf berufen, dass das von dem Gutachter festgestellte notwendige Lüftungsverhalten zur Vermeidung von Schimmelbefall für die Mieter nicht zumutbar sei. Der BGH verweist darauf, dass nach Vorgängen, die mit einer besonders starken Feuchtigkeitsentwicklung einher gingen, wie etwa Kochen, Duschen und Waschen, es durchaus üblich sei, den davon betroffenen Raum sogleich zu lüften, um einen ausreichenden Luftaustausch herzustellen. Es sei dem Mieter auch nicht unter allen Umständen unzumutbar, bei der Möblierung von Außenwänden der Wohnung irgendeine Einschränkung hinzunehmen.
Fazit
Der BGH lehnt Gewährleistungsansprüche der Mieter bereits bei der Definition der Soll-Beschaffenheit der Mietsache ab. Ein Minderungsanspruch besteht bei bloßen „Gefahrenlagen“ sicherlich auch schon dann nicht, wenn es keine erhebliche Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauches des Mietsache gibt. Dies regelt bereits das Gesetz in § 536 Abs. 1 BGB.
Eine ähnliche Problematik (bloße Gefahrenlage) zeigt sich auch bei fehlender Einhaltung von Brandschutzbestimmungen. Hier können Rechte für den Mieter erst entstehen, wenn konkrete behördliche Anordnungen, insbesondere Nutzungsuntersagungen der Mietsache im Raum sind, so dass eine Nutzung zum vertragsgemäßen Gebrauch nicht mehr möglich ist. Für den Eigentümer gilt es aber in jedem Fall zu beachten, dass die Nichteinhaltung von Brandschutzvorschriften immer mit einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht verbunden ist.