Newsletter Wohnraummietrecht

Kein Erfordernis der Zweckentfremdungsgenehmigung bei einer Kündigung zur räumlichen Erweiterung eines Betriebes

Landgericht Hamburg, Urteil vom 12.02.2021; 307 S 16/20

Sachverhalt

Der Vermieter betreibt in einem in seinem Eigentum stehenden Gebäude eine Kindertages­stätte, die neben einer Wohnung belegen ist. Er beabsichtigt, die Kindertagesstätte um die Räume der Wohnung zu erweitern. Für die beabsichtigte Erweiterung der Kindertagesstätte liegt ein positiver Bauvorbescheid vor, eine Zweckentfremdungsgenehmigung hatte der Ver­mieter bei Ausspruch der Kündigung noch nicht eingeholt. Der Mieter hält die Kündigung für unzulässig, da die nach dem Hamburgischen Wohnraumschutzgesetz erforderliche Genehmi­gung der Zweckentfremdung der bisherigen Wohnung bei Ausspruch der Kündigung vorliegen müsse.

Entscheidung

Die Einwendung des Mieters bleibt ohne Erfolg. Das Amtsgericht Hamburg-Bergedorf war zwar dieser Einwendung unter Hinweis auf einen Rechtsentscheid des Hanseatischen Oberlandes­gerichtes Hamburg vom 25.03.1981 noch gefolgt; das Landgericht Hamburg teilt indes diese Rechtsauffassung ausdrücklich nicht. Der Umbau der Wohnung zu einem Teil der Kindertages­stätte stelle zwar eine sogenannte Zweckentfremdung dar; das Landgericht Hamburg führt jedoch aus, dass eine für die Erweiterung des Betriebes der Kindertagesstätte erforderliche Zweckentfremdungsgenehmigung zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung noch nicht vor­liegen müsse. Mit der Kündigungserklärung muss vielmehr lediglich das „berechtigte Interesse“ an der Beendigung des Mietverhältnisses dargelegt werden. Erforderlich ist inso­weit, dass die Erweiterungsmaßnahme ernsthaft angegangen wird und unter Berücksichtigung der öffentlich-rechtlichen Vorgaben umsetzbar ist.

Es sei hingegen nicht erforderlich, dass der Vermieter alle für die geplante Baumaßnahme erforderlichen Genehmigungen bereits tatsächlich eingeholt habe. Auch ohne die bereits vor­liegenden erforderlichen Genehmigungen könne der Mieter und auch das Gericht prüfen, ob die vermieterseits angestrebte Umbaumaßnahme grundsätzlich genehmigungsfähig ist. Für die aus dem Wohnraumschutzgesetz erforderliche Zweckentfremdungsgenehmigung gilt inso­weit keine Ausnahme. Der Mieter war daher zur Herausgabe der Wohnung zu verpflichten.

Fazit

Es ist in der Rechtsprechung und juristischen Kommentarliteratur lebhaft umstritten, ob eine Zweckentfremdungsgenehmigung bereits bei Ausspruch einer Kündigung vorliegen und zum Gegenstand der Kündigungserklärung gemacht werden muss. Die erstinstanzliche amtsge­richtliche Rechtsprechung hat insbesondere bei den sogenannten Verwertungskündigungen bisher einheitlich die Auffassung vertreten, dass die Zweckentfremdungsgenehmigung bereits bei der Kündigung vorliegen muss; auch mehrere Landgerichte sind dieser Auffassung gefolgt, insbesondere die Landgerichte in München und Berlin. Dieser Auffassung folgt das Landgericht Hamburg jedenfalls für die Kündigung wegen eines Betriebsbedarfes hingegen nicht. Die Entscheidungsgründe erscheinen auch in gleicher Weise für die sogenannten Verwertungs­kündigungen bei Abriss-/Neubauvorhaben anwendbar. Insoweit bleibt indes abzuwarten, ob die hier erörterte Rechtsprechung sich auch auf die Verwertungskündigungen erstrecken wird. Zur Vermeidung rechtlicher und wirtschaftlicher Risiken sollte bis zur abschließenden Klärung dieser Rechtsfrage bei einer Verwertungskündigung die Zweckentfremdungsgenehmigung bei Ausspruch der Kündigung des betroffenen Wohnraummietverhältnisses vorliegen und in die Kündigung einbezogen werden.

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