Allgemeines Immobilienrecht

Schadensersatzanspruch bei Abbruch von Grundstückskaufverhandlungen?

  1. Wenn ein Grundstücksverkäufer die Genehmigung der durch einen vollmachtlosen Vertreter für ihn abgegebenen Willenserklärung verweigert, besteht ein auf Ersatz des Vertrauensschadens gerichteter Schadensersatzanspruch des Käufers wegen des grundlosen Abbruchs von Vertragsverhandlungen nur, wenn die Verweigerung der Genehmigung auf einer besonders schwerwiegenden, in der Regel vorsätzlichen Treuepflicht beruht.
  2. Treten bei Abschluss des Kaufvertrages für beide Seiten vollmachtlose Vertreter auf und verstirbt der Verkäufer, der unter rechtlicher Betreuung seiner Ehefrau stand, bevor eine Genehmigung des Betreuungsgerichts erfolgt war und verweigern die Erben des Verkäufers die Genehmigung, so ist allein auf das Verhalten der Erben und die diesem zugrunde liegenden Umstände abzustellen.

OLG Hamm, Urteil vom 29.11.2023; 22 U 60/23

Die Kläger waren sich mit dem Eigentümer eines Grundstücks über den Verkauf einig. Notarielle Kaufvertragsentwürfe wurden an die Parteien versandt. Bevor es zum notariellen Vertragsschluss kam, wurde der Verkäufer aufgrund eines Verkehrsunfalls unter rechtliche Betreuung gestellt. Seine Ehefrau wurde zur Betreuerin bestellt. Der Kaufvertrag wurde notariell beurkundet. Die Ehefrau trat als vollmachtlose Vertreterin auf. Der Erblasser verstarb, ohne dass eine Genehmigung durch das Betreuungsgericht erfolgt war. Bezüglich des Vermögens des Erblassers wurde ein Nachlass-Insolvenzverfahren eröffnet. Erben des Verstorbenen waren seine Ehefrau und zwei weitere Personen. Die weiteren zwei Erben verweigerten eine Genehmigung des Kaufvertrages. Die Kläger verlangen 5.551,00 € Aufwendungsersatz in Form von Miet-, Notar- und Finanzierungskosten von den Beklagten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Der 22. Senat des OLG Hamm weist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO die Kläger darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat. Das Gericht führt aus, dass nach dem unstreitigen Vortrag ein Rücksichtnahmepflichten begründendes Schuldverhältnis gemäß § 241 Abs. 2 BGB vorlag, da die Verhandlungen zwischen den Parteien im Sinne des § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB geführt worden waren. Bei einem Grundstückskaufvertrag sind aber an die Verletzung vorvertraglicher Schutzpflichten besonders strenge Anforderungen zu stellen. In diesem Fall löst die Verweigerung der Mitwirkung an der Beurkundung durch einen Verhandlungspartner nicht schon dann Schadensersatzansprüche aus, wenn es an einem triftigen Grund dafür fehlt, sondern nur, wenn eine besonders schwerwiegende, in der Regel vorsätzliche Treuepflichtverletzung vorliegt. Nicht entscheidend ist, dass der Kaufinteressent im Vertrauen auf das Zustandekommen des Kaufvertrages bereits Aufwendungen getätigt hat. Eine besonders schwere Treupflichtverletzung der Erben zu 2) und 3) lag nach Auffassung des OLG nicht vor. So stelle es bereits einen triftigen Grund für die verweigerte Genehmigung dar, dass der Beklagte zu 3) ein eigenes, tatsächlich bestehendes Interesse an der Nutzung des Grundstücks darlegte. Auch der weitere, von den beklagten Erben angeführte und von den Klägern nicht widerlegte Grund für die Verweigerung der Genehmigung, wonach festgestellt war, dass der vereinbarte Kaufpreis unangemessen zu niedrig gewesen sei, stellt nach Auffassung des Gerichts einen triftigen Grund für die verweigerte Genehmigung dar.

Besonders schwere Treuepflichtverletzungen bei einem beabsichtigten Grundstücksverkauf sind von der Rechtsprechung nur in besonders gelagerten Einzelfällen bejaht worden. Eine solche Verletzung kann gegeben sein, wenn ein Verhandlungspartner zwar zunächst verkaufsbereit war, im Laufe der Verhandlungen aber innerlich von dieser Bereitschaft abgerückt ist, ohne dies zu offenbaren. Keine schwerwiegende Verletzung soll andererseits gegeben sein, wenn der Grundstücksverkäufer bei wahrheitswidriger Erklärung seiner Abschlussbereitschaft dem Kaufinteressenten nicht offenbart, dass er sich vorbehält, den Kaufpreis zu erhöhen, BGH vom 13.10.2017; V ZR 11/17.

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