Allgemeines Immobilienrecht

Kein Abschlusszwang bei Grundstückskaufverträgen

Bei Verhandlungen über den Abschluss eines Grundstückkaufvertrages löst die Verweigerung der Mitwirkung an der Beurkundung durch einen Verhandlungspartner nicht schon dann Schadensersatzansprüche aus, wenn es an einem triftigen Grund dafür fehlt, sondern nur, wenn eine besonders schwerwiegende, in der Regel vorsätzliche Treuepflichtverletzung vorliegt, wie sie zum Beispiel beim Vorspiegeln einer tatsächlich nicht vorhandenen Abschlussbereitschaft gegeben ist.

LG Wuppertal, Urteil vom 03.03.2023; 6 O 101/22

Sachverhalt

Die Klägerin, die einen Metallhandel betreibt, führte mit der Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Stadt Gespräche über den Ankauf eines Gewerbegrundstücks. Die Gespräche zogen sich mit Unterbrechung über längere Zeit hin, und zwar von Anfang 2019 bis 2021. Ein Kaufvertrag wurde nicht geschlossen. Die Klägerin behauptet, die beklagte Wirtschaftsförderungsgesellschaft habe das Vertrauen geschaffen, dass der Abschluss des Kaufvertrages nur noch von Details abhänge. So habe die Beklagte schon 2019 schriftlich mitgeteilt, dass die Klägerin nach der Aufsichtsratssitzung ein unverbindliches Kaufangebot erhalten werde, aus dem Grundstücksgröße, Kaufpreis und Rahmenbedingungen hervorgehen würden. Weiter hieß es in dem Schreiben:

„Wir sichern Ihnen zu, dass wir ab sofort bis zur beiderseitigen Bestätigung, dass der Verkauf an Sie abgeschlossen werden kann, keinerlei Gespräch mit Dritten über einen Verkauf der unteren Flächenteile führen werden.“

Ein Kaufvertrag wurde zwischen den Parteien nicht geschlossen. Die Klägerin verlangt Schadensersatz für die Kosten eines von ihr beauftragten Ingenieurbüros, ebenso wie für die Kosten eines Architektenbüros und des Steuerberaters.

Die beklagte Wirtschaftsförderungsgesellschaft verneint, dass sie ein Vertrauenstatbestand geschaffen habe. Sie habe zudem mitgeteilt, dass ein Verkauf auch nach umfangreichen Verhandlungen immer noch durch die städtischen Gremien der Genehmigung bedürfe.

Entscheidung

Das Landgericht Wuppertal weist die Klage ab und führt in den Urteilsgründen aus, dass grundsätzlich die Parteien bis zum endgültigen Vertragsschluss in ihren Entscheidungen frei seien, auch wenn ein Vertragspartner in Erwartung des Abschlusses des Vertrages bereits Aufwendungen gemacht habe. Eine Ersatzpflicht bestehe nur dann, wenn eine Partei ohne triftigen Grund die Kaufvertragsverhandlungen abbreche, nachdem sie zuvor in zurechenbarer Weise Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrages erweckt habe. Im Rahmen der Privatautonomie könne zwar jede Partei bis zum Vertragsschluss von dem in Aussicht genommenen Vertrag Abstand nehmen. Bei Grundstückskaufverträgen seien aber an die Verletzung vorvertraglicher Schutzpflichten strenge Anforderungen zu stellen. Bei einem solchen Vertrag reiche es für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nicht aus, wenn es an einem triftigen Grund für die Weigerung, den Kaufvertrag abzuschließen, fehle. Vielmehr müsse bei Grundstückkaufverträgen eine besonders schwerwiegende, in der Regel vorsätzliche Treuepflichtverletzung vorliegen, wie sie beispielsweise beim Vorspiegeln einer tatsächlich nicht vorhandenen Abschlussbereitschaft gegeben sein könne.

Fazit

Das Urteil ist die Fortschreibung langjähriger Rechtsprechung. Weder kann der Grundstückskaufinteressent den Grundstücksverkäufer verpflichten, den Kaufvertrag abzuschließen, noch kann er Schadensersatz geltend machen. Eine gewisse Sicherheit können sowohl Grundstücksverkäufer wie Grundstückskäufer nur insoweit schaffen, als ein notarieller Kauf-Vorvertrag mit entsprechenden Regelungen abgeschlossen wird.

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