Allgemeines Immobilienrecht

Ausschluss der Vorsatzanfechtung bei Zahlung von Nutzungsentschädigungen

Die Zahlung von Nutzungsentschädigung bei Fälligkeit nach wirksamer Kündigung eines Mietverhältnisses kann eine bargeschäftsähnliche Leistung sein und somit trotz erkannter Zahlungsunfähigkeit des Schuldners die insolvenzrechtliche Vorsatzanfechtung ausschließen.

BGH, Urteil vom 17.10.2024; IX ZR 244/22

Die Parteien waren durch ein gewerbliches Mietverhältnis verbunden. Der Mieter nutzte die Immobilie zum Betrieb seines Restaurants. Der Vermieter erklärte die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses im Februar, die Wirksamkeit der Kündigung war zwischen den Parteien jedoch streitig. Der Mieter nutzte die Räume weiter und zahlte monatlich bei oder kurz nach Fälligkeit weiterhin den vereinbarten Mietzins. Im November stellte der Mieter Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahren. Nach Eröffnung des Verfahrens focht der nunmehr bestellte Insolvenzverwalter die Zahlungen des Mieters an und begehrte die zwischen Februar und November geleisteten Mieten bzw. Nutzungsentschädigungen zurück. Das Landgericht sowie das Oberlandesgericht gaben der Klage des Verwalters statt. Der beklagte Vermieter verfolgte seinen Abweisungsantrag sodann in der Revision vor dem Bundesgerichtshof weiter.

Mit Erfolg! Der Bundesgerichtshof erklärt, es fehle vorliegend am Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, so dass die streitgegenständlichen Zahlungen nicht der Vorsatzanfechtung des Verwalters nach § 133 Abs. 1 InSO eröffnet sind. Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz ist eine innere Tatsache des Schuldners und insoweit dem Beweis nur eingeschränkt zugänglich. Es müssen eindeutige objektive Anhaltspunkte gegeben sein, um den Benachteiligungsvorsatz mit hinreichender Wahrscheinlichkeit annehmen zu können. Eindeutige Beweisanzeichen sieht der BGH vorliegend nicht als gegeben an. Die Annahme einer bargeschäftsähnlichen Lage stehe der Annahme eines Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Schuldners trotz bekannte Zahlungsunfähigkeit entgegen.
Die Zahlung von Mietzins in einem Mietverhältnis stellt eine vertragliche Verpflichtung Zug-um-Zug gegen die Einräumung des Mietgebrauchs dar. Die Erbringung der eigenen vertraglichen Verpflichtung darf von dem mietenden Schuldner als unabdingbar angesehen werden, dies folgt aus dem sofortigen Leistungsaustausch, vergleichbar mit einem Bargeschäft. Die Zahlung von Nutzungsentschädigung bei fortgeführtem Mietgebrauch und streitiger Wirksamkeit der Beendigung des Mietverhältnisses sei mit der Zahlung von Mieten vergleichbar, sofern der Schuldner durch die Zahlung eine für die Fortführung seines Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbringt, die den Gläubigern im Allgemeinen nutzt. In beiden Fällen handele es sich laut Bundesgerichtshof um eine sogenannte bargeschäftsähnliche Lage.
Die gesetzliche Verpflichtung zur Zahlung von Nutzungsentschädigung aus § 546a Abs. 1 BGB sei vertragsähnlich. Bei fortgeführtem Mietgebrauch trete der Entschädigungsanspruch konkludent an die Stelle der Miete. Aus der konkludenten Parteivereinbarung bei Zahlung und dem vertragsähnlichen Charakter der Nutzungsentschädigung gilt die ursprüngliche bargeschäftsähnliche Lage fort.
Aufgrund der bargeschäftsähnlichen Lage wird ein Benachteiligungsvorsatz des Schuldners nicht vermutet, es obliegt vielmehr dem Insolvenzverwalter den Vollbeweis des Vorsatzes zu erbringen. Dem konnte der Kläger nicht genügen, so dass die Vorsatzanfechtung ausgeschlossen war.

Der Bundesgerichtshof bekräftigt mit dieser Entscheidung, dass die bloße Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit zur Begründung der insolvenzrechtlichen Vorsatzanfechtung nicht ausreicht, sofern eine bargeschäftsähnliche Lage hinsichtlich der rückgeforderten Zahlungen vorliegt. Neu ist hingegen, dass eine bargeschäftsähnliche Lage auch bei der Leistung von Nutzungsentschädigungen angenommen wird. Eine bargeschäftsähnliche Lage wird aber wohl nicht anzunehmen sein, wenn die Zahlungen mehr als 30 Tage nach Fälligkeit erfolgen. Sodann könne nicht mehr angenommen werden, dass der Schuldner die Zahlung als unentbehrliche Gegenleistung ansehe. Es fehle vielmehr an dem erforderlichen Charakter einer vertraglichen Zug-um-Zug Verpflichtung.

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