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Grundstücksverkäufer muss über Bleirohre aufklären

Ein mit Bleirohren ausgestattetes Haus weist einen Sachmangel gemäß § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB auf. Ein solcher unterliegt der Aufklärungspflicht auch dann, wenn noch kein akuter Sanierungsbedarf vorliegt, indes die ernsthafte Gefahr besteht, dass Blei im Rahmen der üblichen Nutzung austritt.

Bei dieser Beurteilung sind die Grundsätze heranzuziehen, die der Bundesgerichtshof zum Verkauf von Grundstücken mit Altlastenverdacht entwickelt hat. Unerheblich ist, wenn zum Zeitpunkt der Errichtung des Hauses die Verwendung von Bleirohren noch bedenkenfrei war.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.10.2019; 24 U 251/18

Sachverhalt

Der Käufer eines Mehrfamilienhauses verlangt vom Verkäufer Zahlung für die laut Kostenvoranschlag entstehenden Kosten für den Austausch der Bleirohre. Im notariellen Kaufvertrag war im Rahmen der Gewährleistung folgendes vereinbart:

„Der Käufer erklärt, den Grundbesitz genau besichtigt und sich über dessen Zustand informiert zu haben. (…)

Etwa insoweit bestehende Mängelrechte des Käufers verjähren drei Monate nach Besitzübergang. Im Übrigen werden alle Ansprüche und Rechte wegen Sachmängeln am Kaufobjekt ausgeschlossen, ausgenommen bei Vorsatz oder Arglist. (…)

Der Verkäufer sichert zu, dass der Gebäudeversicherung während der Zeit seines Besitzes keine Einzelschäden mit einer Schadenshöhe von über 4.000,00 € gemeldet wurden. (…)“

Nach Besitzübergang stellte der Kläger fest, dass die Trinkwasserleitung im Haus aus Bleirohren bestand. Die vom Kläger im Termin vorgelegten Prüfberichte bezüglich Wasserproben im Objekt wiesen über den nach der Trinkwasserverordnung zulässigen Grenzwerten liegende Bleiwerte aus. Der Verkäufer hatte dem Kläger im Vorfeld des Vertragsschlusses mitgeteilt, dass drei Leitungswasserschäden aufgetreten seien, jedoch nicht alle der Versicherung gemeldet wurden. Tatsächlich waren der Versicherung sechs Leitungswasserschäden gemeldet mit einer Schadenssumme auch im Einzelfall, die über 3.000,00 € lag. Die Leitungswasserschäden waren von der Versicherung reguliert. Der Verkäufer behauptet, keine Kenntnis von den Bleirohren gehabt zu haben. Das Landgericht hat der Klage dem Grunde nach stattgegeben.

Entscheidung

Das OLG Düsseldorf weist die Berufung des beklagten Verkäufers zurück und führt aus, dass ein mit Bleirohren versehenes Haus mit einem Sachmangel gemäß § 434 BGB behaftet sei. Ein solches Haus weise das Risiko eines bevorstehenden Austauschs der Rohre und damit einhergehender Wertminderung sowie der Gefahr einer öffentlich-rechtlichen Inanspruchnahme bei Überschreitung der Grenzwerte auf. Ein aufklärungspflichtiger Sachmangel liege nicht erst bei Bestehen eines akuten Sanierungsbedarfs vor, sondern bereits dann, wenn die ernsthafte Gefahr bestehe, dass Stoffe mit einem erheblich gesundheitsgefährdenden Potential im Rahmen der üblichen Nutzung des Kaufobjekts auftreten können.

Das Gericht bejaht auch die arglistige Täuschung, da der Beklagte sowohl die Anzahl der der Versicherung gemeldeten Fälle, wie aber auch die Schadenssumme falsch angegeben hatte. Da der Beklagte als Vermieter gemäß § 14 Trinkwasserverordnung verpflichtet war, Untersuchungen zur Trinkwasserqualität durchführen zu lassen, war davon auszugehen, dass dem Beklagten die Ergebnisse der Untersuchungen bekannt waren. Unterlagen bezüglich angeblich vom Beklagten durchgeführter Untersuchungen hatte dieser nicht vorgelegt.

Das OLG hat das Verfahren bezüglich der Höhe des Schadens an das Landgericht zurückverwiesen. Das Landgericht hat nun über das Recht des Käufers zu entscheiden, ob fiktive Mängelbeseitigungskosten im Rahmen des kleinen Schadensersatzanspruchs geltend gemacht werden können.

Fazit

Beim Verkauf einer Immobilie hat der Verkäufer eine Aufklärungspflicht; er haftet gegenüber dem Käufer, wenn er Mängel, die er kennt, nicht offenlegt. Aufzuklären ist über die Umstände, die ein redlicher Verkäufer offenbaren würde und bei denen ein redlicher Käufer erwarten darf, dass der Verkäufer diese ihm gegenüber offenbart. Dabei geht es im Wesentlichen um versteckte Mängel. Die offensichtlichen Mängel, die einer Besichtigung zugänglich und damit erkennbar sind, die der Käufer bei der im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen kann, fallen nicht ohne Weiteres unter die Aufklärungsverpflichtung.

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