Gewerberaummietrecht

Stillschweigende Verlängerung des Mietverhältnisses nach § 545 BGB

  1. Der Ausschluss von § 545 BGB ist sowohl individualvertraglich als auch formularmäßig möglich.
  2. Unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 545 BGB kann ein neues Mietverhältnis stillschweigend begründet werden, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalles ergibt, dass dies dem Willen und dem Interesse der Parteien entspricht. 
  3. Ein Anspruch auf Vertragsanpassung nach § 315 BGB kommt nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht in Betracht.

OLG Dresden, Urteil vom 10.08.2022; 5 U 743/22

Sachverhalt

Zwischen den Parteien bestand ein Gewerberaummietvertrag. Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzuges fristlos. Nach Zugang der Kündigung wurden die offenen Mieten bezahlt, die Räume jedoch nicht herausgegeben. Im Folgejahr blieb die sodann zu zahlende Nutzungsentschädigung für zwei Monate offen. Der Vermieter forderte erneut zur Räumung auf und erklärte hilfsweise erneut die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung. Der Mieter gab die Räume heraus. Da der Zahlungsverzug in den Zeitraum der Corona-Pandemie fiel, waren die Räume aufgrund einer ministeriellen Anordnung geschlossen. Der Mieter wandte ein, dass das Mietverhältnis konkludent fortgesetzt worden sei und die Mietzahlungen gemäß § 313 BGB aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage anzupassen und auf 50 % zu reduzieren seien. Der Vermieter klagt auf Zahlung der rückständigen Nutzungsentschädigungen.

Entscheidung

Der Mieter wird zur Zahlung verurteilt. Das OLG Dresden bestätigt die Beendigung des Mietverhältnisses aufgrund der ersten Kündigung und bejaht den ungekürzten Anspruch auf Nutzungsentschädigung. Eine stillschweigende Fortsetzung des Mietverhältnisses wird verneint. Diese in § 545 BGB geregelte Rechtswirkung könne auch formularvertraglich wirksam ausgeschlossen werden.

Das OLG führt jedoch aus, dass auch bei einem formularvertraglichen Ausschluss eine stillschweigende Begründung eines neuen Mietverhältnisses möglich sei, wenn dies dem Willen und Interesse der Parteien im Einzelfall entspreche. Dies setze allerdings voraus, dass das Mietverhältnis nach seiner eigentlichen Beendigung weiterhin über einen längeren Zeitraum von den Parteien „gelebt wird“. Alleine die Zahlung des Entgelts für die Weiternutzung genüge dafür nicht, da diese nach Ende des Mietverhältnisses als Nutzungsentschädigung ohnehin geschuldet sei. Ein Anpassungsanspruch nach § 313 BGB setze vielmehr das (Fort-)Bestehen des Mietvertrages voraus. Der Mieter hätte das Objekt in Erfüllung seiner Rückgabepflicht außerdem jederzeit zurückgeben können, so dass für eine Vertragsanpassung kein Raum sei.

Fazit

Nach dieser Entscheidung besteht auch bei einem Ausschluss von § 545 BGB im Mietvertrag ein Risiko, ein neues Mietverhältnis stillschweigend zu begründen. Um dies zu vermeiden gilt es darauf zu achten, dass das Verhalten und die weitere Korrespondenz mit dem nicht weichenden Mieter nicht den Eindruck erweckt, man wolle so weitermachen wie zuvor. Stattdessen sollte der Vermieter bei jeder Gelegenheit das Verbleiben des Mieters rügen und einer Fortsetzung des Mietverhältnisses widersprechen sowie klarstellen, dass eine Neubegründung eines Mietverhältnisses nicht akzeptiert wird.

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