Gewerberaummietrecht

Schriftformerfordernis bei Änderung der Zahlungsmodalitäten

  1. Eine formlose Vereinbarung über die Änderung der Fälligkeit von Nettokaltmiete und Betriebskostenvorauszahlung verstößt gegen das Schriftformerfordernis eines Mietvertrags im Sinne von § 550 BGB.
  2. Die ordentliche Kündigung eines Mietvertrags nach § 580a Abs. 2 BGB, der wegen eines Formmangels auf unbestimmte Zeit gilt, verstößt nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB).

OLG Hamburg, Beschluss vom 24.01.2023; 4 U 141/22

Die Klägerin ist Vermieterin, die Beklagte Mieterin der streitgegenständlichen Gewerberäume. Die Parteien schlossen zunächst schriftlich einen Mietvertrag auf bestimmte Zeit. Von diesem abweichend vereinbarten sie später formlos, dass die Nettokaltmiete und die Betriebskostenvorauszahlung erst zu einem späteren Zeitpunkt im Monat zu errichten sind. Sechs Jahre später kündigt die Vermieterin das Mietverhältnis wegen Schriftformmangels nach § 580a Abs. 2 BGB; sie verlangt Herausgabe der Gewerberäume nach § 546 Abs. 1 BGB.

Das Landesgericht sowie das Oberlandesgericht Hamburg geben der Vermieterin Recht. Das zunächst zeitlich befristete Mietverhältnis sei durch die ordentliche Kündigung wirksam beendet worden. Bei der Festsetzung der Fälligkeit von Miete und Betriebskostenvorauszahlung handele es sich um „wesentliche Vertragsbedingungen“, deren Änderungen unter das Schriftformerfordernis des § 550 BGB fallen. Da die Anpassung der Zahlungsmodalitäten formlos erfolgte, leide der Mietvertrag insgesamt an einem Formmangel und gelte entgegen der ursprünglichen Abrede gemäß § 550 BGB auf unbestimmte Zeit. Die Vermieterin verstoße auch nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), indem sie ihre Kündigung auf den bestehenden Formmangel stützt. Laut OLG handelt nur treuwidrig, wer sich auf die Formfehlerhaftigkeit einer Vereinbarung beruft, die für ihn „lediglich rechtlich vorteilhaft“ ist. Die Verschiebung der Fälligkeit von Nettokaltmiete und Betriebskostenvorauszahlung auf einen späteren Zeitpunkt im Monat sei für die Vermieterin jedoch nachteilig. Ebenfalls nicht einschlägig sei ein schuldhaftes Abhalten von der Einhaltung der Schriftform, welches gegenüber der anderen Vertragspartei eine schwere Treuepflichtverletzung darstelle. Auch bedrohe die Formnichtigkeit nicht die Existenz der Mieterin. Der Vermieterin könne überdies nicht der Einwand der Verwirkung entgegengehalten werden. Zwischen formwidriger Veränderung des Mietvertrags und Kündigung seien zwar sechs Jahre vergangen, für den Verwirkungstatbestand fehle es aber an dem erforderlichen Umstandsmoment; allein die beanstandungslose Hinnahme der Zahlung zu den neuen Modalitäten habe hinsichtlich des Formfehlers keine Aussagekraft.

Das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg bestätigt erneut die ständige Rechtsprechung des BGH. Alle wesentlichen Vertragsbedingungen müssen der Schriftform entsprechen, andernfalls gilt ein zeitlich befristeter Mietvertrag entgegen dem eigentlichen Willen der Parteien gemäß § 550 BGB als auf unbestimmte Zeit geschlossen und kann mit der gesetzlichen Frist gekündigt werden.

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