Gewerberaummietrecht

Schlüsselfalle: Rückgabe der Mietsache, wenn das Mietverhältnis noch nicht beendet ist

Erhält der Vermieter den Besitz an dem Mietobjekt durch den Einwurf der Schlüssel in seinen Briefkasten zurück und behält der Vermieter diesen Schlüssel dann, beginnt die kurze Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB mit Kenntnis des Vermieters von dem Schlüsseleinwurf auch dann zu laufen, wenn das Mietverhältnis noch nicht beendet und der Vermieter nicht rücknahmebereit ist.

OLG Hamm, Urteil vom 01.09.2023; 30 U 195/22 (LG Siegen; 1 O 369/21)

Die Parteien waren als Mieter und Vermieter durch ein Gewerberaummietverhältnis seit 2009 miteinander verbunden. Die Mieterin erklärte mit Schreiben vom 10.03.2020 die Kündigung des Mietverhältnisses „zum nächstmöglichen Zeitpunkt 17.06.2020“, woraufhin der Vermieter mit nachfolgendem Schreiben darauf verwies, dass das Mietverhältnis aufgrund der vereinbarten Kündigungsfrist erst zum 30.04.2021 ende. Daraufhin nutzte die Mieterin die Gewerbefläche noch bis zum 31.12.2020 weiter und warf am letzten Tag die Schlüssel in den Hausbriefkasten des Vermieters. Den Einwurf wies der Vermieter mit Schreiben vom 07.01.2021 zurück. Unter Androhung der Selbstvornahme forderte der Vermieter den Mieter am 09.06.2021 auf, genauer benannte Mängel und Schäden an der Mietsache bis spätestens zum 19.06.2021 zu beseitigen. Nach erfolglosem Fristablauf verlangte der Vermieter die Zahlung von Schadensersatz wegen der geltend gemachten Mängel und beantragt einen Mahnbescheid im August 2021. Die Mieterin beruft sich auf Verjährung.

Hinsichtlich der Mängelbeseitigung bejaht der Senat ein Leistungsverweigerungsrecht des Mieters nach § 214 BGB aufgrund der erhobenen Verjährungseinrede. Vorliegend, so das OLG, sei die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 S. 1 BGB anwendbar. Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt dann, wenn der Vermieter die Mietsache zurückerhält. Für den Zeitpunkt der Rückgabe sei es unerheblich, wann das Mietverhältnis tatsächlich ende. So setzte die Rückgabe grundsätzlich die unmittelbare Sachherrschaft des Vermieters und eine Besitzveränderung zu dessen Gunsten voraus. Entscheidendes Kriterium sei, dass der Vermieter die Mietsache ungestört untersuchen kann und der Mieter mit Kenntnis des Vermieters den Besitz vollständig und unzweifelhaft aufgibt. Unbeachtlich im vorliegenden Fall sei dabei, dass der Vermieter zur Rücknahme der Mietsache nicht bereit war. Der Senat verweist und beruft sich in seinem Urteil zwar auf die Rechtsprechung des BGH, wonach der Vermieter eine Mietsache nicht auf Zuruf zurücknehmen müsse und den Besitz am selbigen jedenfalls nicht durch Einwurf der Schlüssel im Briefkasten des Mietobjekts erlange. Jedoch liege der Fall hier anders, da der Mieter den Schlüssel in den Hausbriefkasten des Vermieters eingeworfen und der Vermieter die Schlüssel trotz Widerspruchs auch behalten habe. Somit sei die Verjährung spätestens am 08.01.2021 in Lauf gesetzt worden, weil der Vermieter den Schlüssel am 07.01.2021 in seinem Briefkasten vorgefunden und damit Kenntnis von der Besitzaufgabe des Mieters erlangt hatte. Die Verjährungsfrist endete folglich am 08.07.2021, so dass der am 26.08.2021 eingegangene Mahnbescheid des Vermieters verjährt war.

Die Entscheidung des OLG Hamm liegt ganz auf der Linie der Rechtsprechung des BGH. In dem Augenblick, in dem der Vermieter das Mietobjekt zurückerhält und er Kenntnis von der Rückgabe hat, beginnt die kurze Verjährungsfrist des § 548 BGB zu laufen. Der Vermieter sollte dem Mieter sodann mitteilen, dass er das Mietobjekt ohne Präjudiz zurücknimmt, der Mieter jedoch verpflichtet bleibt, bis zur Beendigung des Mietverhältnisses die Miete zu entrichten. Gleichzeitig ist dem Vermieter zu empfehlen, sich alsbald einen eigenen Eindruck über den Zustand des Mietobjektes zu verschaffen, um sodann das erforderliche Verfahren nach den §§ 280, 281 BGB innerhalb der kurzen Verjährungsfrist schnellstmöglich in Gang zu bringen.

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