Gewerberaummietrecht

Rücktritt wegen Störung der Geschäftsgrundlage

Die geschuldete Leistung des Vermieters wird nicht dadurch unmöglich, dass eine Hochzeitsfeier aufgrund der geltenden Covid-19-Verordnung nicht wie geplant durchgeführt werden kann. Eine staatlich verordnete Begrenzung der Teilnehmeranzahl führt nicht zu einem Mangel der gemieteten Räume im Sinne von § 536 Abs. 1 S. 1 BGB, jedoch zu einer Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB), woraus sich bei Unzumutbarkeit ein Recht auf Vertragsanpassung oder ausnahmsweise ein Rücktrittsrecht ergeben kann.

BGH, Urteil vom 11.01.2023; XII ZR 101/21

Sachverhalt

Die Klägerin begehrt von den Beklagten Zahlung für die Anmietung von Räumlichkeiten zur Durchführung einer im August 2020 geplanten Hochzeitsfeier mit bis zu 120 Gästen. Die Parteien schlossen Ende 2018 den Mietvertrag mit der Vereinbarung, dass bei einem Rücktritt ab 24 Wochen vor dem Veranstaltungstermin, die Mieter 100 % des vereinbarten Mietpreises zu tragen haben und eine Bearbeitungsgebühr fällig wird. Am 10.06.2020 trat die Niedersächsische Corona-Verordnung in Kraft, nach der die geplante Hochzeit nur mit nicht mehr als 50 Personen zulässig war. Daraufhin erklärten die Beklagten gegenüber der Klägerin, dass die Hochzeit abgesagt wird. Diese verlangt nun Zahlung in Höhe der Miete plus Bearbeitungsgebühr. Erst- und zweitinstanzlich wurde die Klage abgewiesen, woraufhin die Klägerin Revision einlegte.

Entscheidung

Mit Erfolg! Der Bundesgerichtshof hebt die angefochtene Entscheidung auf und verweist den Rechtsstreit an das Oberlandesgericht zurück. Zuallererst wird festgestellt, dass die Klägerin ihren Zahlungsanspruch im Falle eines Rücktritts der Mieter nicht auf § 5 Nr. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) stützen könne. Diese Vertragsklausel sei gemäß §§ 308 Nr. 7, 309 Nr. 5 BGB unwirksam, weil den Beklagten nicht der Nachweis gestattet wird, dass sie der Klägerin keine oder eine nur wesentlich geringere Vergütung als die festgelegte Pauschale schulden.

Ein Rücktrittsrecht der Mieter wegen Unmöglichkeit der Leistung auf Vermieterseite aus §§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB bestehe jedoch nicht. Der Klägerin sei auch nach in Kraft treten der Niedersächsischen Corona-Verordnung inklusive Begrenzung der Teilnehmerzahl in der Lage gewesen, den Beklagten den Gebrauch der Mietsache zu gewähren.

Die Beklagten hätten zudem kein Recht auf außerordentliche Kündigung des Mietvertrags gemäß § 543 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB wegen eines Mangels der Mietsache. Eine hoheitliche Teilnehmerzahlbegrenzung sei kein Mangel der Mietsache im Sinne von § 536 Abs. 1 S. 1 BGB, weil die pandemischen Kontaktbeschränkungen nicht auf die konkrete Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache beruhen. Zudem fehle es an einer schuldhaften Vertragsverletzung des Vermieters.

Auch ein Rücktrittsrecht der Mieter wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1, Abs. 3 BGB bestünde entgegen der Auffassung des OLG´s nicht. Der BGH sieht in der Covid-19-Pandemie und den damit einhergehenden staatlichen Beschränkungen, eine nachträglich schwerwiegende Veränderung der äußeren Umstände, die zur Grundlage des Mietvertrags geworden sind, der, hätten die Parteien von der Veränderung gewusst, so nicht geschlossen worden wäre. Allerdings führe eine solche Störung der Geschäftsgrundlage nur ausnahmsweise zur völligen Beseitigung des Vertragsverhältnisses. In der Regel bestehe lediglich ein Recht auf Vertragsanpassung gemäß § 313 Abs. 1 BGB, wenn ein Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar erscheint. Nur dann, wenn eine Vertragsanpassung nicht möglich oder einer Partei ein Festhalten an dem Vertrag mit angepasstem Inhalt gleichfalls nicht zumutbar sei, könne vom Vertrag zurückgetreten werden. Die nicht näher begründete Behauptung der Beklagten, eine Verschiebung der Hochzeitsfeier auf einen späteren Termin komme für sie nicht in Betracht, reiche für die Feststellung der Unzumutbarkeit nicht aus. Das OLG habe daher nunmehr die Aufgabe, zu prüfen, inwieweit die von der Klägerin angebotene Verschiebung der Hochzeitsfeier bereits eine interessensgerechte und zumutbare Vertragsanpassung darstelle.

Fazit

An einen Rücktritt wegen Störung der Geschäftsgrundlage sind hohe Anforderungen zu stellen. Der BGH bekräftigt in seinem Urteil erneut den Grundsatz der Vertragstreue und zeigt auf, dass das wirtschaftliche Risiko eines Covid-19 bedingten Ausfalls einer Veranstaltung nicht einseitig auf den Vermieter abgeladen werden kann.

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