Gewerberaummietrecht

Pflichtverletzung als Kündigungsgrund

Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung des Mietvertrages gemäß § 543 BGB kann seine Grundlage in jedweder Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag haben.

OLG Dresden, Urteil vom 25.01.2023; 5 U 1239/22

Sachverhalt

Die Parteien schlossen im Februar 2017 einen Mietvertrag über ein Ladengeschäft und weitere Räumlichkeiten zum Betrieb eines Fleischereifachgeschäftes. Die vereinbarte Mietzeit betrug fünf Jahre, beginnend mit dem 01.04.2017 mit der Option auf eine Verlängerung der Mietzeit. Im Laufe des Mietverhältnisses gewann der Mieter den Eindruck, dass der Stromverbrauch der Klimaanlage eines im Hinterhaus des Gebäudes belegenen Tattoo-Studios über den Stromanschluss des Mieters lief und ihm dieser Verbrauch durch das dort tätige Stromversorgungsunternehmen ebenfalls berechnet wurde. Der Mieter bat den Vermieter mit den Nachrichten vom 01.08. und 14.11.2019 um einen Termin zur gemeinsamen Klärung der Angelegenheit. Der Vermieter reagierte auf diese Klärungsgesuche indes nicht.

Der Mieter bat den Vermieter daraufhin mit E-Mail vom 28.03.2020 um die Beendigung der Nutzung seines Stromzählers durch das Tattoo-Studio innerhalb einer Frist von 14 Tagen und um die Benennung von drei möglichen Terminen für eine gemeinsame Begutachtung vor Ort. Der Vermieter reagierte mit Anwaltsschreiben vom 07.04.2020 auf die E-Mail des Mieters, in welchem er erklärte, dass der Verbrauch des Mitmieters im Hinterhaus keineswegs über den Stromzähler des Mieters laufe. Um eine endgültige Klärung zu ermöglichen, biete er jedoch an, die Elektroinstallation durch einen Fachmann während einer gemeinsamen Begehung prüfen zu lassen. Ein entsprechender Termin solle nach Lockerung der infektionsrechtlichen Beschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie vereinbart werden, wofür sich der Vermieter noch einmal gesondert mit Terminvorschlägen melden würde.

Der Mieter kündigte daraufhin mit Schreiben vom 14.04.2020 das Mietverhältnis außerordentlich mit Wirkung zum 30.04.2020, hilfsweise zum nächstzulässigen Termin. Er fühle sich durch das Verhalten des Vermieters im Zusammenhang mit der Nutzung des mieterseitigen Stromzählers durch das Tattoo-Studio vom Vermieter arglistig getäuscht. Ferner beauftragte der Mieter eine Firma mit der Erstellung eines Gutachtens. Der Gutachter kam am 04.05.2020 zu dem Ergebnis, dass die Stromversorgung für die Klimaanlage des Tattoo-Studios tatsächlich über den Stromzähler des Mieters lief. Der Mieter stellte nach Ablauf des Monats April 2020 die Mietzahlung ein. Der Vermieter erhob Zahlungsklage, verbunden mit der Forderung festzustellen, dass das Mietverhältnis durch die Kündigungserklärung des Mieters nicht beendet sei. Das angerufene Landgericht erklärte, dass das Mietverhältnis durch die außerordentliche Kündigung des beklagten Mieters mit Wirkung zum 30.04.2020 beendet worden sei. Der Kläger legte nachfolgend Berufung ein.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Das OLG Dresden bestätigt das erstinstanzliche Urteil und führt aus, dass das Mietverhältnis durch die Kündigung des Beklagten zum 30.04.2020 beendet wurde, insbesondere weil zugunsten des Beklagten ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 BGB vorlag. Ein wichtiger Grund liegt gemäß § 543 Abs. 1 S. 2 BGB vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Seine Grundlage könne der wichtige Grund dabei in jedweder Pflichtverletzung haben. Der Vermieter habe sich vorliegend vorwerfen zu lassen, dass er trotz der Hinweise des Mieters dem Zustand nicht abhalf, dass die Stromversorgung der Klimaanlage des Tattoo-Studios über den Stromabnahmezähler des Beklagten lief. Durch das vorgelegte Gutachten sei der Senat von diesem vertragswidrigen Zustand überzeugt. Im Rahmen der Gesamtabwägung sei ferner zu berücksichtigen, dass der Vermieter auf das Abhilfebegehren über Monate nicht reagiert habe und schließlich das Bestehen der Fehlschaltung leugne. Ein Ergründen, ob die Anlage fehlerhaft geschaltet ist, durfte der beklagte Mieter daher nicht mehr erwarten. Aus diesem Grund sei es für den Mieter unzumutbar geworden, an dem bestehenden Mietvertrag festzuhalten.

Fazit

Das OLG Dresden verdeutlicht in diesem Urteil, dass ein wichtiger Grund grundsätzlich in jedweder Pflichtverletzung gegeben sein kann. Auch nur ein bloßes Zuwarten des Vermieters über mehrere Monate hinweg, kann – wie in diesem Fall – eine Pflichtverletzung begründen.

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