Gewerberaummietrecht

Kostenstruktur bei cornabedingten Schließanordnung

Der von einer coronabedingten Schließungsanordnung betroffene Gewerbemieter hat eine konkrete Kostenstruktur darzulegen, aus der sich ergibt, dass die erhaltenen Hilfezahlungen einschließlich der noch erwirtschafteten Umsätze nicht zur Deckung der gesamten Fixkosten ausgereicht hätten.

Landgericht Hamburg, Urteil vom 19.07.2022; 311 U 152/21; (noch nicht rechtskräftig)

Sachverhalt

Die Kläger betreiben ein Hotel in Hamburg und begehren von der beklagten Vermieterin die Rückzahlung von Gewerbemiete für coronabedingt staatlich angeordnete Schließungszeiten im Zeitraum von März 2020 bis Februar 2021. Sie machen eine Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) geltend und behaupten einen Umsatzrückgang im Verhältnis zum Zeitraum vor März 2020, also vor Ausbruch der Covid-19-Pandemie. Die Beklagte bestreitet einen Vertragsanpassungsanspruch gemäß § 313 BGB.

Entscheidung

Das Gericht weist die Klage auf Rückzahlung überzahlter Miete ab. Zwar komme gemäß § 313 Abs. 1 BGB eine Vertragsanpassung mit Blick auf die Covid-19-Pandemie grundsätzlich in Betracht, weil die Parteien den Mietvertrag mit einem anderen Inhalt abgeschlossen hätten, wenn sie bei Vertragsschluss die Möglichkeit einer Pandemie und die damit verbundene Gefahr einer hoheitlich angeordneten Betriebsschließung vorausgesehen und bedacht hätten, allerdings berechtige allein der Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht zu einer Vertragsanpassung, da es überdies der Feststellung, dass dem betroffenen Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden könne, bedürfe (BGH, Urteil vom 12.01.2022, XII ZR 8/21). Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Mieter grundsätzlich das Risiko trage, mit dem Mietobjekt Gewinn erzielen zu können. Ob dem Mieter also ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar sei, bedürfe einer umfassenden Abwägung unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles, wobei sich eine pauschale Betrachtungsweise verbiete. Dieser Nachweis sei den Klägern nicht gelungen. Nicht zu berücksichtigen sei, dass die staatlichen Maßnahmen eine mittelbare Wirkung entfaltet hätten, etwa durch die Absage von Messen oder Reisewarnungen. Lediglich die konkreten Schließungsanordnungen gegen den Betrieb des klägerischen Hotels seien zu berücksichtigen. Auch die staatlichen Hilfen, welche die Kläger erhalten hätten, seien anzurechnen, namentlich Unterstützungsleistungen zur Deckung der Fixkosten. Es wäre daher eine konkrete Darlegung der klägerischen Kostenstruktur erforderlich gewesen, aus der sich ergeben müsste, dass die erhaltenen Hilfezahlungen einschließlich der noch erwirtschafteten Umsätze nicht zur Deckung der gesamten Fixkosten ausgereicht hätten. Daher sei der Nachweis einer Unzumutbarkeit des Festhaltens am Mietvertrag nicht erbracht worden.

Fazit

Nach der klarstellenden Rechtsprechung des BGH sind die Instanzgerichte intensiv dazu übergegangen, von den Mietern die Darlegung sämtlicher Umsätze vor und während der Lockdown-Zeiten sowie konkrete Darlegungen zu ersparten Aufwendungen und erhaltenen Beihilfen zu fordern – so auch hier das Landgericht Hamburg. Allein die Tatsache, von einer Schließungsanordnung betroffen gewesen zu sein, reicht für das Vorliegen der Voraussetzungen der Störung der Geschäftsgrundlage und damit einer Vertragsanpassung nicht aus.

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