Außerordentliche Kündigungsgründe können frei vereinbart werden
- Es ist zulässig, dass für Mietverträge aller Art in § 543 BGB geregelte außerordentliche Kündigungsrecht aus wichtigem Grund im Mietvertrag zu präzisieren. Materiell kann das außerordentliche Kündigungsrecht durch eine Spezifikation der wichtigen, zur Kündigung berechtigenden Gründe präzisiert werden. Die Parteien können frei vereinbaren, welche Umstände zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigen. Auf die Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung kommt es dann nicht mehr an.
- § 314 Abs. 3 BGB findet auf die fristlose Kündigung eines Gewerbemietverhältnisses nach §§ 543, 569 BGB keine Anwendung. Die fristlose Kündigung ist für das Mietrecht abschließend – vom Gesetzgeber bewusst – in §§ 543, 569 BGB ohne Verweis auf § 314 Abs. 3 BGB geregelt worden, so dass eine Anwendung des § 314 Abs. 3 BGB ausgeschlossen ist.
OLG Brandenburg, Urteil vom 09.01.2024; 3 U 207/22
Sachverhalt
Die Parteien eines Mietverhältnisses streiten um einen Räumungs- und Herausgabeanspruch betreffend eine Steganlage an einem See. Der Mietvertrag, der auf 15 Jahre befristet ist, enthält unter § 11 Nr. 4 a) folgende Regelung:
„Eine außerordentliche Kündigung ist möglich für die Gemeinde, wenn der Betreiber seinen Investitionsverpflichtungen nicht nachkommt und der Steg am 31.12.2016 nicht gegenüber der Ausgangssituation eine um 45 m verlängerte Anlegefläche aufweist“.
Aufgrund Untätigkeit des Mieters kündigt die Gemeinde das Mietverhältnis fristlos. Der Mieter wendet Verwirkung ein, da die Kündigung erst drei Jahre nach der vertraglich festgesetzten Fertigstellungsfrist erklärt worden sei sowie die Treuwidrigkeit der Kündigung, da der Mieter erhebliche Investitionen getätigt habe.
Entscheidung
Der Vermieter kann die Räumung des Steges verlangen, da das Mietverhältnis über den Steg wirksam gekündigt worden ist. Nach Auffassung des OLG Brandenburg besteht gem. § 11 Nr. 4 a) des zwischen den Parteien bestehenden Vertrags ein wirksam vereinbarter Kündigungsgrund. Es sei zulässig, dass für Mietverträge aller Art in § 543 BGB geregelte außerordentliche Kündigungsrecht aus wichtigem Grund im Mietvertrag zu präzisieren. Materiell könne das außerordentliche Kündigungsrecht durch eine Spezifikation der wichtigen, zur Kündigung berechtigenden Gründe präzisiert werden. Die Parteien könnten frei vereinbaren, welche Umstände zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigen. Auf die Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung komme es dann nicht mehr an. Das Recht zur Kündigung sei auch nicht verwirkt. Derartiges ergebe sich nicht aus § 314 Abs. 3 BGB. Diese Regelung sei bei Gewerberaummietverträgen nicht anwendbar.
Fazit
Das Gericht verneint generell die Anwendbarkeit des § 314 Abs. 3 BGB für gewerbliche Mietverträge. Für Wohnraum hatte der BGH die Anwendbarkeit ebenfalls zuletzt abgelehnt (BGH, Urteil vom 13.07.2016; VIII ZR 296/15).