Gewerberaummietrecht Newsletter

Gemischte Wohn-/Gewerbemietverhältnisse

Bei der Vermietung einer Wohnung und einer Gewerbeeinheit unter Verwendung von zwei Vertragsurkunden liegt ein einheitliches Mietverhältnis vor, wenn die Parteien beide Verein­barungen inhaltlich aufeinander abgestimmt haben. Eine isolierte Kündigung der Gewerbe­einheit ist sodann nicht möglich.

Brandenburgisches OLG, Urteil vom 18.02.2020; 3 U 65/19

Sachverhalt

Der Vermieter bot in 2012 die Vermietung eines zweigeschossigen Gebäudes an, in dem eine Wohnung und eine Gewerbeeinheit vorhanden ist. Der Mieter hatte Interesse an beiden Ein­heiten und die Parteien vereinbarten zum einen die Anmietung der Wohnung mit einem Formularvertrag für Wohnungen und die Anmietung der Gewerbeeinheit mit einem Formular-Gewerberaummietvertrag, in den der Zusatz aufgenommen wurde, dass der Mietvertrag an den Wohnungsmietvertrag gebunden sei. In beiden Mietverhältnissen ist eine Laufzeit des Vertrages auf unbestimmte Zeit vorgesehen. Nach der Veräußerung des Grundstückes kündigt der Käufer das Gewerberaummietverhältnis und meint, dass aufgrund der Ausfertigung von 2 getrennten Urkunden eine getrennte Kündbarkeit der beiden Vertragsverhältnisse zuglässig sei. Die Vertragsklausel zur Bindung des Gewerberaummietvertrages an den Wohnraummiet­vertrag beinhalte keine Kündigungsbeschränkung.

Entscheidung

Die auf Herausgabe der Gewerbeeinheit gerichtete Klage bleibt ohne Erfolg. Das Branden­burgische OLG führt an, dass zunächst die Vertragsparteien im Rahmen der Vertragsfreiheit wählen können, ob die Vermietung von mehreren Einheiten in einem einzigen Vertrag gere­gelt werden soll oder ob mehrere Mietverträge abgeschlossen werden. Bei der Verwendung von getrennten Vertragsurkunden besteht zunächst eine Vermutung, dass eine rechtliche Selbständigkeit der Vertragsverhältnisse gewollt ist. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden, wenn Umstände vorliegen, die eine Zusammengehörigkeit der Mietgegenstände belegen. Insoweit sei der bei Abschluss des jeweiligen Mietvertrages gegebene Parteiwille zu ermitteln, §§ 133, 157 BGB. Ein solcher Parteiwille, ein einheitliches Vertragsverhältnis auch mit zwei Urkunden zu begründen sei insbesondere anzunehmen, wenn die mietvertraglichen Vereinbarungen inhaltlich aufeinander abgestimmt werden oder wenn die Parteien den einen Vertrag von dem anderen abhängig machen. Mit dem Zusatz in dem Vertragsformular der Gewerbeeinheit, dass eine Bindung an den Bestand des Wohnungsmietverhältnisses bestehen soll sei deutlich geworden, dass beide Vertragsverhältnisse einheitlich bestehen sollen. Der von dem Vermieter angestrebten Auslegung, dass bei Aufgabe der Wohnung auch die Gewerbeeinheit zurückzugeben sei, umgekehrt jedoch das Gewerberaummietverhältnis isoliert beendet werden könne, folgt das OLG nicht. Aufgrund der Einheitlichkeit des Mietver­hältnisses stellt sich die Kündigung der Gewerbeeinheit als unzulässige Teilkündigung dar, sodass die Herausgabeklage abzuweisen war.

Fazit

Aufgrund der nur bei Vorliegen der gesetzlichen Kündigungsgründe möglichen Beendigung eines Wohnraummietverhältnisses ist bei der gleichzeitigen Vermietung einer Gewerbeeinheit und einer Wohnung für den Gewerbetreibenden eine Klarstellung erforderlich, ob die Vertragsverhältnisse tatsächlich miteinander stehen und fallen sollen. Sofern die Entscheidung dahingehend getroffen wird, dass ein einheitliches Mietverhältnis bestehen soll, ist ferner klar­zustellen, ob die Wohnnutzung oder die Gewerberaumnutzung den Schwerpunkt des sodann gemischten Vertragsverhältnisses darstellen soll. Wenn und soweit die Gewerbenutzung den Schwerpunkt in dem gemischten Vertragsverhältnis darstellt greifen die Kündigungsbe­schränkungen der Wohnraummiete nicht ein. Insoweit kann die hier vorliegende Auslegung des Brandenburgischen OLG für den Mieter nur einen Etappensieg darstellen, da bei der Annahme des Schwerpunktes des gemischten Mietverhältnisses in der Gewerbenutzung insgesamt eine Beendigung des Vertragsverhältnisses dem Käufer des Grundstückes ermög­licht wird.

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