Newsletter Wohnungseigentumsrecht

Entziehung des Besitzes an dem Sondereigentum gegenüber dem früheren Wohnungseigentümer, dem das Wohnungseigentum vom Erwerber zur Nutzung überlassen wird.

Der Ersteher einer Eigentumswohnung verletzt die Pflicht nach § 14 Nr. 1 WEG, wenn er die
Nutzung durch den früheren Wohnungseigentümer, dem das Wohnungseigentum nach
§ 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG entzogen worden ist, nicht beendet, sondern ihm den Besitz an dem
Sondereigentum weiter überlässt; die anderen Wohnungseigentümer können verlangen, dass
er dem früheren Wohnungseigentümer den Besitz entzieht.

BGH, Urteil vom 18.11.2016 – V ZR 221/15

Sachverhalt

Der Beklagte ist Miteigentümer in einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese Wohnung
stand zuwächst im Eigentum der Eheleute L. Diese wurden wegen Beleidigungen,
Bedrohungen und einer Körperverletzung zum Nachteil eines Wohnungseigentümers zur
Veräußerung ihres Wohnungseigentums nach § 18 WEG verurteilt. Indem von der
Wohnungseigentümergemeinschaft eingeleiteten Zwangsversteigerungsverfahren hat der
Beklagte den Zuschlag erhalten. Die Eheleute L wohnen weiterhin in der Wohnung. Die
klagende Wohnungseigentümergemeinschaft beantragt, den Beklagten zu verurteilen, dafür
Sorge zu tragen, dass die Eheleute L die Wohnung und den sonstigen Bereich des Gebäudes
und des Grundstückes der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht mehr betreten und in
sonstiger Weise nutzen. Weiter wird beantragt, den Beklagten zu verurteilen, ein etwaig
bestehendes Nutzungsverhältnis mit den Eheleuten L unverzüglich zu beenden und diesen
dem Besitz an der Wohnung zu entziehen.

Entscheidung

Der BGH bestätigt die Entscheidung des Berufungsgerichts, wonach der Beklagte verpflichtet
ist, das Nutzungsverhältnis mit den Eheleuten L zu beenden. Der BGH führt aus, dass es
einen Verstoß gegen die in § 14 Nr. 1 WEG geregelten Pflichten darstellt, wenn der Beklagte
die Nutzung durch die Eheleute L nicht beendet, sondern ihnen den Besitz an dem
Sondereigentum weiter überlässt. Das Entziehungsurteil verpflichtet den verurteilten
Wohnungseigentümer nur zu der Veräußerung des Wohnungseigentums. Es gibt der
Wohnungseigentümergemeinschaft keinen Anspruch auf Räumung oder Herausgabe der
Wohnung. Dieser Anspruch steht vielmehr dem Erwerber zu. Die Folge ist, dass der Ersteher
einer Eigentumswohnung die Pflicht nach § 14 Nr. 1 WEG verletzt, wenn er die Nutzung durch
den früheren Wohnungseigentümer, dem das Wohnungseigentum gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 1
WEG entzogen ist, nicht beendet. Damit werden die Wirkungen des Entziehungsurteils unterlaufen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es zeitlich nach dem Entziehungsurteil zu weiteren Störungen des Hausfriedens gekommen ist.

Der Beklagte ist auch verpflichtet, Störungen, die durch die Eheleute L ausgehen, zu
beseitigen. Ein Unterlassungsanspruch gegen den Wohnungseigentümer scheitert nicht an
dessen mietvertraglichen Bindungen. Der vermietende Wohnungseigentümer muss vielmehr
alles in seiner Macht stehende unternehmen, damit sein Mieter einem berechtigten
Unterlassungsanspruch der anderen Wohnungseigentümer Folge leistet.

Fazit

Die Entziehung des Wohnungseigentums stellt sich als schweren Eingriff in das Eigentum dar
und kann nach § 18 WEG nur verlangt werden, wenn ein Wohnungseigentümer trotz
Abmahnung gröblich gegen die ihm nach § 14 Abs. 1 WEG vorgegebenen Verpflichtungen
verstößt bzw. wenn der Wohnungseigentümer sich mit der Erfüllung seiner Verpflichtung zur
Lasten- und Kostentragung im erheblichen Umfang in Verzug befindet. Wird aufgrund der
Entziehungsklage der Eigentümer verpflichtet, sein Wohnungseigentum zu verkaufen, so kann
der Erwerber, soweit die Entziehung des Wohnungseigentums wegen rückständiger Zahlungen
des früheren Wohnungseigentümers erfolgte, den früheren Wohnungseigentümer in der
Wohnung im Rahmen eines Miet- oder Nutzungsverhältnisses in der Regel belassen. Die
Verpflichtung zur Lasten- und Kostentragung geht mit dem Zuschlag auf den Erwerber über,
die Wohnungseigentümergemeinschaft hat einen neuen Kostenschuldner. Anders ist es, wie
die vorgehende Entscheidung zeigt, wenn der Wohnungseigentümer wegen
gemeinschaftsschädigendem Verhaltens verpflichtet wird, sein Wohnungseigentum zu
veräußern. In diesem Fall ist sein Verbleib für die Gemeinschaft unzumutbar.

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